In einem Interview gibt er zu, an Rüstungsgeschäften zu verdienen. Er rudert zurück und ist als Nachfolger für Pietro Lombardi im Gespräch.
Kulmbach / Dubai (dani) - Immer, wenn du denkst, gelenkiger könne er seine Wendehalsigkeit nun wirklich nicht mehr demonstrieren, belehrt Bushido dich eines Besseren. Trotzdem scheint es immer noch gar nicht so wenige Menschen zu geben, die mit Verwunderung oder gar Empörung darauf reagieren, wie rasant der Rap-Star sein Mäntelchen in den jeweils wehenden Wind gehängt bekommt. Faszinierend.
Den jüngsten Aufreger lieferte Herr Ferchichi mit einem Interview beim Kulmbacher Börsenmagazin Der Aktionär. Keine Ahnung zwar, welche Experteneinsichten sie sich dort von einem Rapper erhofften, offenbar reichte es jedoch für ein ausführliches Gespräch. Eine Stunde lang erzählte Bushido im Rahmen des Formats "Future Markets" Interviewerin Johanna Krämer über seinen Weg "Vom Bordstein zur Börse".
Mir kommt das alles zwar reichlich blauäugig dahingefloskelt vor, ich versteh' allerdings auch weder etwas von Finanzfragen, noch interessiere ich mich auch nur ansatzweise dafür. Wie sachkundig Bushidos Einlassungen zu E-Autos, Wasserstofftechnologie, Kryptowährungen, Immobilien und irgendwelchen Luxusmarken tatsächlich ausfielen, mögen also bitte Leute beurteilen, die sich in derlei Belangen auskennen.
Profit um jeden Preis
Irgendwas wird er dabei schon richtig machen: Immerhin scheint er, behauptet der Rapper zumindest, ja Geld mit seinen Investments zu verdienen, und das recht hemmungslos: "Ich hab' natürlich auch die geopolitischen Probleme auf dieser Welt dazu genutzt, um auch wirklich Profit zu machen." Joah, wie das Vollblutkapitalisten halt so tun. Die wenigsten stinkreichen Leute sind ja stinkreich geworden, weil sie irgendwelche Skrupel hätten. Oder Prinzipien.
"Sehr, sehr früh hab' ich in Rheinmetall investiert", gesteht entsprechend auch Bushido freimütig ein, an Rüstungsgeschäften mitzuverdienen. "Da bin ich sehr hoch investiert. Es gibt einige Drohnenhersteller wie AeroVironment und sowas alles, die natürlich leider sehr gut laufen, monmentan, aufgrund der wirklich tragischen politischen Situation auf dieser Welt, aber ich bin dann halt leider so, ich sag' so, ich mein': Ja, was soll ich jetzt machen?" Ja, vielleicht NICHT rumlaufen und Pazifismus und Bedauern heucheln, während man sich an Waffen und Kriegsgerät eine goldene Nase verdient? Nur so ein Gedanke.
Wen wunderts?
Egal, Bigotterie und moralische Verkommenheit gehören jetzt nicht zu den Sachverhalten, mit denen mich Bushido noch großartig verblüffen könnte. Mit Erstaunen habe ich aber den Aufschrei zur Kenntnis genommen, den das offene Eingeständnis seiner ethischen Flexibilität nach sich zog. Zum Beispiel distanzierte sich nun auch Animus öffentlich von seinem Kollegen.
Wo nehmen die alle nur diese Verwunderung her? Bushido sagt das eine, tut das andere, so lange es ihm in die Karten spielt: Ist das nicht der rote Faden, der seine Karriere durchzieht? Dann regen sich irgendwelche Leute auf, und wenn das viele genug sind, rudert Bushido eben schwungvoll zurück. So auch diesmal:
"Ich möchte mich entschuldigen", salbadert er nun. Er habe ein Thema angesprochen, das "moralisch nicht vertretbar" sei. "Ich habe in eine Rüstungsaktie investiert, und das sollte man nicht tun. Moralisch ist das nicht in Ordnung gewesen." Nachdem ihm jetzt der Shitstorm ins Gesicht weht, fiel ihm offenbar auf, was ihm, wie das obige Gespräch ja zeigte, als er das Investment tätigte, durchaus bewusst, aber herzlich egal war.
Die Vom-Saulus-zum-Paulus-Scharade
Nun dafür die Vom-Saulus-zum-Paulus-Scharade: Bushido versprach, seine Rüstingsaktien gleich bei Börseneröffnung heute abzustoßen und den Erlös an UNICEF zu spenden, das Geld solle Kindern in Kriegsgebieten zugute kommen. Joah. Das können die bestimmt gut gebrauchen. Glauben wir da aber jetzt an eine moralische Wandlung bei Bushido? An einen Lernprozess, am Ende? Oder tut der einfach nur, was er schon immer getan hat: ohne Rücksicht auf irgendwen oder irgendwas immer gerade das, mit dem sich in diesem Moment das meiste für ihn selbst herausholen lässt? Wir werden es nie erfahren, haben da aber so einen Verdacht.
Bushido bald bei DSDS?
Es handelt sich ja wahrlich nicht um seine erste 180-Grad-Wende. Wir erinnern uns jedenfalls mühelos an die eine oder andere weitere. Mit der Polizei kooperieren, obwohl er genau das in seinen Songs schmähte, zum Beispiel. Oder RTL einen "Hurensohnsender" nennen, aber nur so lange, bis sie dir einen Deal anbieten. Peinliche Homestorys und Bettgeschichten mit Gattin Anna-Maria scheinen da nur die Spitze des Eisbergs gewesen zu sein. Aktuell bringt sich Bushido jedenfalls penetrant als Kandidat fürs "Sommerhaus der Stars" in Stellung.
Zudem munkelt man, er solle Pietro Lombardi in der Jury bei "Deutschland sucht den Superstar" ersetzen, den man nach Gerüchten um häusliche Gewalt beim RTL offenbar nicht länger für tragbar hält. Na, wenn sie da mal nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben ... Egal, wir werden es erleben. Das nächste RTL-Format mit Ferchichi-Beteiligung kommt bestimmt.
6 Kommentare mit 4 Antworten
Wenn du diesen Hurensohnsender RTL ficken willst aber dieser dich vollumfänglich zu seiner Bitch macht.
Haha, von deutschlands bekanntestem Rapper zu D-Prominenz auf Pietro Lombardi Niveau. Geht's noch mieser?
Bushido ist zu geil wie er in dem "Interview" auch direkt diese Aktien anspricht um sich als Investment Mastermind darzustellen zeigt seinen Größenwahn und sein Ego besser als es jedes investigative Interview könnte. Das er dabei nicht eine Sekunde daran denkt wie die Deutschrap Fanbase in Sachen Geopolitik so tickt ist aber schon fahrlässig, vielleicht war es auch bewusst provoziert aber bei diesem Thema dürfte auch er sich nachhaltig geschadet haben. Vielleicht ist es ihm aber auch einfach wirklich egal weil die Tour trotzdem ausverkauft ist und Uwe und Magdalena auf RTL eh nur wissen dass das dieser provokante Gangsterrapper ist bei dem sowas dazu gehört. Ist schon geil wenn du im Mainstream stehst und dir trotzdem noch die Taschen vollmachen kannst egal wo du moralisch stehst warum funktioniert canceln nie wenn es wirklich drauf ankommt.
Ich hab nur irgendein Video mit Konzertmitschnitten von hier in Erinnerung, aber die Deutschrapfanbase, die noch Kohle für Bushido ausgibt, sieht ein wenig so aus, als ob sie sich nicht besonders intensiv mit Geopolitik beschäftigt. Die zweite Option sollte hier wohl eher zutreffen.
Offensichtlich bin ich mehr Mann als Bushido. Ich bin Rheinmetall Aktionär und schäme mich nicht dafür.
Du bist ja auch ein Medienexperte. Prototyp Leftbrain Aktivist. Klasse
„gelenkiger könne er seine Wendehalsigkeit nun wirklich nicht mehr demonstrieren“ Eine tolle Formulierung, ich freue mich schon drauf die im Alltag mal fallen zu lassen. Jetzt kommt mein Senf: Nur weil Al Pacino Scarface spielt bin ich ihm nicht böse, wenn er im echten Leben nicht meterhohe Koksberge snifft und mit seinem „Little Friend“ Gangster abknallt. Er ist ein Künstler und Scarface eine Kunstfigur. Und das gilt auch für Bushido. Wenn er in seinen Texten tausend Cops, TV-Sender und (in seinem Frühwerk) auch Kinder fickt, bin ich ihm nicht böse, wenn er das nicht in echt macht, ganz im Gegenteil. Seine Musik dient der Unterhaltung und man kann an dem Menschen Anis Mohamed Youssef Ferchichi sehr viel kritisieren aber nicht, dass er nicht einlöst, was seine Künstlerfigur Bushido verspricht. Ein anderer Punkt der viel zu weit führen würde aber trotzdem angeschnitten werden muss, ist das wir alle (mit Wir meine ich alle Mutglieder der „erste Welt-Gesellschaft“) Nutznießer der Kriege und Ungerechtigkeiten auf dieser Erde sind, das gilt nicht nur für Rheinmetall Aktionäre.
Der Vergleich hinkt aber gewaltig. Al Pacino hat sich, soweit ich weiß, außerhalb seiner Filme nie als Mafiapate profiliert.
Bushido hat die Realness seiner Kunstfigur in Interviews immer so gedreht, wie es gerade passt (Vgl. Sonny Black Ära mit dem RTL Bushido von heute)
Außerdem hat ja nicht die Kunstfigur Bushido in Rüstung investiert und damit geprahlt, sondern Anis Ferchichi und genau der hat sich dann kurze Zeit später wieder halbherzig rausgewieselt.
Zu deinem letzten Punkt:
Ja, unser Wohlstand steht auf Leichenbergen, aber es ist schon ein Unterschied, ob du passiv davon profitierst oder aktiv in Rüstung investierst und dich in nem Interview dafür als Finanzgenie abfeierst.
Ich hab drüber nachgedacht, also über das Hinken des Vergleichs und ich bin nicht einverstanden. Schauspieler verlassen ihre Figur bei den Promo-Terminen und der Premiere. Musiker bleiben häufig in ihrer Kunstfigur für Interviews und öffentliche Auftritte. Popsängerinnen sind hochgestylt und/oder verrückt kostümiert (Lady Gaga), wie sie es nicht zuhause sind. Slipknot tragen ihre Masken und Bushido ist zumindest zu Sonny Black Promo-Phase, auf die du dich beziehst, mehr als Entertainer und Künstler zum Interview gekommen, als als WOW-Spielender Privatmann. Aktuell ist es natürlich schwammig geworden, aber wir schauen auch einem fast 50-jährigen, psychisch kranken, Berufsjugendlichen, bei seinen letzen Jahren zu.
Ich bin der Lautfeind
Ich bin wieder on Air, guck her, ich bin wieder on air
Ich bin der Lautfeind
Nummer eins, okay