Der Gewinner brillierte am Piano. Die S!sters gingen in der Publikumsgunst baden und Madonna sang schief.

Tel Aviv (dok) - Wieder einmal lagen die Buchmacher mit ihrer Prophezeiung goldrichtig. Duncan Laurence gewann mit seiner sehr emotional vorgetragenen Pianoballade "Arcade" für die Niederlande den diesjährigen Eurovision Song Contest. Seinen Sieg kommentierte er mit "Das ist dafür, ganz groß zu träumen. Dies ist für die Musik an allererster Stelle - immer!".

Das Rennen um den Sieg fiel in diesem Jahr allerdings denkbar knapp aus. Mit 492 Punkten verwies Laurence die ebenfalls hoch gehandelten Konkurrenten aus Italien (465) und Russland (369) auf die Folgeplätze.

Der Beitrag des Italieners Mahmood handelt von einer kaputten Vater-Sohn-Beziehung und darüber, dass man mit Geld zerstörte zwischenmenschliche Verhältnisse nicht retten kann. Sein Song "Soldi" wurde auf den zweiten Platz gewählt.

Der für Russland angetretene Sergey Lazarev trug seinen Beitrag "Scream" vor einem Spiegelkabinett vor und flog, mehrfach davon reflektiert, durch die Galaxis.

Für Deutschland endete die Veranstaltung mit einer herben, aber erwartbaren Enttäuschung. Die S!sters erhielten für ihren Beitrag "Sister" nur magere 32 Stimmen und landeten damit auf dem drittletzten Platz. Besonders bitter dabei: die gesammelten Punkte kamen einzig und alleine von der Jury. Nach Michael Schultes gutem Abschneiden mit dem vierten Platz im letzten Jahr setzt sich die negative Erfolgsbilanz aus den Jahren 2013, 2015 und 2016 fort.

Eklat beim zweigeteilten Voting

Erneut fand die Stimmverteilung und deren Bekanntgabe in zwei großen Blöcken statt. Zuerst wurden die Votings der Jury bekanntgegeben. Hier lag Schweden (239) vor Nord-Mazedonien (237) und den Niederlanden (231). Die Punkte des Publikums-Votings würfelten dieses Ergebnis noch einmal gehörig durcheinander.

Den größten Zuwachs verzeichneten die Norweger. Sie gewannen 292 Punkte hinzu und landeten damit am Ende mit insgesamt 338 auf dem fünften Platz. Tamara Todevska, die sich für Nord-Mazedonien lange Zeit ein Kopf-an-Kopf Rennen um Platz eins mit der Schweiz lieferte, erhielt nur 58 Punkte vom Publikum und landete am Ende auf dem achten Platz.

Für einen Eklat im unmittelbaren Vorfeld des Finales sorgte die Jury von Weißrussland, die öffentlich über ihr Abstimmverhalten während des ersten Halbfinales Stellung bezogen hatte. Die European Broadcasting Union (EBU) gab daraufhin unmittelbar vor dem Start des Finales bekannt, dass das Ergebnis der Weißrussischen Jury wegen dieses eindeutigen Regelverstoßes nicht gewertet wird. Stattdessen wurde eine statistisch gemittelte Punktzahl vergeben.

Pop-Ikone Madonna enttäuscht als Stargast

Madonna trat als Pausenfüllerin auf. Eine öffentlichkeitswirksamere Marketingstrategie für ihr neues Album hätte sie nicht wählen können, immerhin verfolgten knapp 200 Millionen Menschen das Spektakel.

Sie sang ihren Hit "Like A Prayer" und präsentierte mit Rapper Quavo den Song "Future". Das eigentliche Highlight war dabei allerdings ihr Bühnenaufbau, der dem Eingang einer düsteren Kathedrale nachempfunden war. Leider bewies die als "The Queen Herself" angekündigte Madonna dabei eindrucksvoll, dass große Showeffekte eben doch nicht alles sind. Ein kleiner Trost für die S!sters: Madonna sang noch um einiges schlechter! Mit ihrer Gesangsleistung enttäuschte die Pop-Ikone auf voller Linie, traf sie doch kaum einen Ton!

Tops und Flops

Für Frankreich ging der massiv angefeindete, homosexuelle Youtube-Star Bilal Hassani mit seinem Beitrag "Roi" (zu Dt. König) an den Start. Mit diesem symbolisch zu verstehenden Song ruft er zu mehr Toleranz in der Gesellschaft auf - jeder soll ein König sein und sich auch so fühlen. Ein provokanter Auftritt, der aber musikalisch nicht stark genug war und nur mit Platz 14 bedacht wurde.

Die für Australien angetretene Kate Miller-Heidke nahm den Titel ihres Songs "Zero Gravity" allzu wörtlich und schwebte als weißgekleidete Prinzessin über die Erdkugel. Begleitet wurde sie von zwei in schwarz gekleideten Tänzerinnen. Alle drei benutzten für ihren Auftritt fünf Meter lange Stangen. Kommentator Peter Urban fasste die witzig anzuschauende Performance mit den Worten "Das fünfte Element vom fünften Kontinent" zusammen. Australien landete auf dem neunten Platz.

Den Preis für die besten Kostüme dürften sich wohl die Isländer von Hatari mit ihren Bondage-Outfits gesichert haben. Ihr Auftritt war auch der einzige, der als politische Aussage verstanden werden wollte. Der Titel ihres Liedes "Hatrið Mun Sigra" bedeutet soviel wie 'Der Hass wird siegen, wenn wir nicht Liebe entgegenstellen'. Entsprechend steht im Mittelpunkt der sehr speziellen Performance eine Weltkugel, die von einem darauf stehenden Bandmitglied immerdar mit einem riesigen Hammer bearbeitet wird. Dafür gab es den zehnten Platz.

Der Spanier Miki turnte bei der Performance zu seinem Beitrag "La Venda" mit seinen Tänzern wenig originell durch ein Haus in IKEA-Regaloptik. Äh ja, kann man machen. Das Publikum sah es ähnlich verhalten und belohnte den Auftritt mit dem fünftletzten Platz

Ähnlich unoriginell war der Auftritt der Slowenen Zala Kralj und Gašper Šantl, die sich auf der Bühne anschmachteten und dabei wirkten, als würden sie ihren Beitrag nur für sich spielen.

Alle Platzierungen im ESC Finale 2019

  1. Niederlande: Duncan Laurence - "Arcade"
  2. Italien: Mahmood - "Soldi"
  3. Russland: Sergey Lazarev - "Scream"
  4. Schweiz: Luca Hänni - "She Got Me"
  5. Norwegen: KEiiNO - "Spirit In The Sky"
  6. Schweden: John Lundvik - "Too Late For Love"
  7. Aserbaidschan: Chingiz - "Truth"
  8. Nordmazedonien: Tamara Todevska - "Proud"
  9. Australien: Kate Miller-Heidke - "Zero Gravity"
  10. Island: Hatari - "Hatrið mun sigra"
  11. Tschechische Republik: Lake Malawi - "Friend Of A Friend"
  12. Dänemark: Leonora - "Love Is Forever"
  13. Slowenien: Zala Kralj & Gašper Šantl - "Sebi"
  14. Frankreich: Bilal Hassani - "Roi"
  15. Zypern: Tamta - "Replay"
  16. Malta: Michela - "Chameleon"
  17. Serbien: Nevena Božović - "Kruna"
  18. Albanien: Jonida Maliqi - "Ktheju tokës"
  19. Estland: Victor Crone - "Storm"
  20. San Marino: Serhat - "Say Na Na Na"
  21. Griechenland: Katerine Duska - "Better Love"
  22. Spanien: Miki - "La venda"
  23. Israel: Kobi Marimi - "Home"
  24. Deutschland: S!sters - "Sister"
  25. Weißrussland: Zena - "Like It"
  26. Großbritannien (UK): Michael Rice - "Bigger Than Us"

Tschüß, Ahoi und bis nächstes Jahr!

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