Spiegel, Weltraumoptik und Feuer zu Latin Pop und Eurodance: Die ESC-Finalisten stehen fest. Auch DSDS-Sieger Luca Hänni hat es geschafft.

Tel Aviv (mofe) - Vom Unterhaltungsfaktor her kam der gestrige ESC-Abend nicht an das erste Halbfinale heran, zumal diesmal einige der Starter erhebliche stimmliche Probleme offenbarten. Zehn würdige Kandidaten für das Finale zu benennen gleicht daher einer fast unlösbaren Aufgabe. Die im Vorhinein als Mitfavoriten benannten Teilnehmer gaben sich zwar keine Blöße, aus der zweiten Reihe konnten sich allerdings kaum Kandidaten aufdrängen.

Zu den Trends des Abends: Die Farbkombination rot und schwarz (gerne gepaart mit Feuer und/oder Weltraumoptik) sind 2019 ganz vorne, Spiegel ebenso und die gefühlte Mehrheit der Teilnehmer trat komplett in weiß auf. Wer aber konnte sich durchsetzen in der Schlacht der Zahnarzthelfer?

Wer kam weiter?

Ein Favoritensturz blieb aus - die vier im Vorhinein als Favoriten gehandelten Herren aus den Niederlanden, Russland, Schweden und Aserbaidschan setzten sich souverän durch. Als König der Zahnarzthelfer tat sich der Russe Sergey Lazarev hervor, der nach einem dritten Platz 2016 noch mal angreift und seiner Inszenierung nun mit künstlichem Regen Nachdruck verlieh.

Der niederländische Topfavorit Duncan Laurence setzte dagegen auf Reduktion bei seiner Klavier-Ballade "Arcade". Ob sich der fast vollständige Verzicht auf Showelemente auch am Samstag auszeichnen wird?

Mit seinem souligen Song "Too Late For Love" inklusive Gospelchor setzte sich der Schwede John Lundvik ebenso durch wie Chingiz für Aserbaidschan, der zwar kein strahlend weißes Outfit präsentierte, dank einiger gruseliger Apparaturen kam dennoch Zahnarzt-Feeling auf.

Auch stimmlich gaben sich die vier Favoriten keine Blöße. Und das war an diesem Abend wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Beim Schweizer Luca Hänni, hierzulande bekannt als Gewinner der neunten DSDS-Staffel musste man zwischenzeitlich richtiggehend Angst haben, dass die ohnehin schwache Stimme ganz den Geist aufgeben würde. Tanzperformance und Hitpotenzial genügten trotzdem fürs Finale. Aber ganz ehrlich: Stumpfer Latin-Pop gewinnt auch nicht unbedingt, wenn er von Weißbroten vorgetragen wird.

Ähnlich wie die Schweiz ist auch (Nord-) Mazedonien sonst ein sicherer Kandidat für ein Ausscheiden im Halbfinale. Deren Vertreterin Tamara Todevska (im Bild) sang allerdings mit ihrer dramatischen Empowerment-Hymne "Power" alle Konkurrenten an die Wand und steht völlig zurecht im Finale. Showelement: Spiegel. Ähnlich dramatisch ging es bei der in der Landessprache vorgetragenen Ballade der Albanerin Jonida Maliqi zu. Mit der Farbkombination schwarz-rot lag die Sängerin zudem voll im Trend.

Eher dem schwachen Teilnehmerfeld geschuldet ist der Finaleinzug der Kandidatinnen aus Malta und Dänemark. An der Schnittstelle von Kinderlied und Lily Allen dürfte die Dänin ihren Finaleinzug einzig der Bühnenshow verdanken, wie auch die 18-jährige Michaela, die (ganz in weiß) auf bunte Farben und Comic-Ästhetik setzte. Die jeweiligen Songs rechtfertigen das Finale eigentlich nicht, zumal beide Sängerinnen des öfteren die Töne nicht trafen.

Wie im ersten Halbfinale gilt: wer mit absolutem Trash punktet, gewinnt mein Herz. Was dort noch San Marino mit dem türkischen Sänger Serhat war, konnte diesmal keiner besser als das norwegische Trio KEiiNO. Feinster Eurodance, ohne Kompromisse nach vorne, das Ganze allerdings konterkariert mit einem Mittelteil in der Minderheitensprache Samisch sowie interessanter Gesangstechnik.

Für wen war Schluss?

Für niemanden, um den es wirklich schade wäre. Die ersten beiden Beiträge aus Armenien und Irland waren, kaum vorbei, schon vergessen. Mit etwas mehr Stimmvolumen und schönen Zeichnungen aus Salz wartete der moldawische Beitrag auf. Vom Song blieb allerdings auch hier wenig hängen.

Zu langweilig gerieten auch der Auftritt der Österreicherin Paenda, bei der weder Song noch Show in irgendeiner Weise zünden wollten und der folkige, allzu entspannte Beitrag des Quartetts aus Lettland. Tapfer ins Finale zu lächeln versuchte sich der Litauer Jurij Veklenko, dem sein Charme aber ebenso wenig half, wie der rumänischen Teilnehmerin Ester Peony ihre transsylvanische Dracula-Performance.

Vollkommen zurecht abgewatscht wurde der Beitrag des Kroaten Roko. Dessen Song "The Dream" stammt aus der Feder des "Rise Like A Phoenix"-Komponisten, Conchita Wursts Gewinnersong von 2014. Die Show voller Feuereffekte gepaart mit Engelsflügeln war dann aber sogar dem ESC-Publikum zuviel Kitsch. Dass Roko die hohen Töne eher schrie als sang, dürfte auch nicht von Vorteil gewesen sein.

Und jetzt?

Am Samstag um 21 Uhr steigt das ESC-Finale. Dann tritt Stargast Madonna auf und die zwanzig Gewinner*innen aus beiden Halbfinals konkurrieren mit den Big Five (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien) und dem Gastgeberland Israel um den ersten Platz.

Duncan Laurence dürfte dabei trotz starkem Vortrag nicht mehr als unangefochtener Topfavorit gelten. Russland, Schweden und Aserbaidschan melden klar ihre Ambitionen an, und auch Frankreich und Italien werden in der Spitzengruppe ein Wörtchen mitreden. Und vielleicht wird es nach dem starken Auftritt ja sogar etwas mit einem Außenseitersieg aus Nordmazedonien?

Diese Kandidaten nahmen am zweiten Halbfinale teil

  1. Srbuk - "Walking Out" (Armenien)
  2. Sarah McTernan - "22" (Irland)
  3. Anna Odobesc - "Stay" (Moldau)
  4. Luca Hänni - "She Got Me" (Schweiz)
  5. Carousel - "That Night" (Lettland)
  6. Ester Peony - "On A Sunday" (Rumänien)
  7. Leonora - "Love Is Forever" (Dänemark)
  8. John Lundvik - "Too Late For Love" (Schweden)
  9. Paenda - "Limits" (Österreich)
  10. Roko - "The Dream" (Kroatien)
  11. Michela Pace - "Chameleon" (Malta)
  12. Jurij Veklenko - "Run With The Lions" (Litauen)
  13. Sergey Lazarev - "Scream" (Russland)
  14. Jonida Maliqi - "Ktheju tokës" (Albanien)
  15. KEiiNO - "Spirit In The Sky" (Norwegen)
  16. Duncan Laurence - "Arcade" (Niederlande)
  17. Tamara Todevska - "Proud" (Nordmazedonien)
  18. Chingiz - "Truth" (Aserbaidschan)

Fotos

Luca Hänni

Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Luca Hänni,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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