Marcus Staiger kommentiert Flers offenen Brief an Farid Bang, von dem sich auch Majoe angesprochen fühlte.

Berlin (dani) - Nein, Fler und Farid Bang werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr. Wobei ... wer weiß schon mit hundertprozentiger Sicherheit, ob beide nicht einträchtig miteinander hinter den Kulissen sitzen, sich angesichts des Wirbels, den sie wieder erfolgreich losgetreten haben, gegenseitig auf die Schultern schlagen und sich über die Gratis-Promo freuen? Mit Blick auf Flers Geschichte lässt sich jedenfalls keineswegs ausschließen, dass er seine Fäustchen nur zu dem Behufe ballt, um ausgiebig hineinzukichern.

Mit einem offenen Brief an Farid Bang sorgte Fler vergangene Woche für den jüngsten Sturm im Wasserglas. Er zog darin eine Grenze zwischen "uns Deutschen" und "Leuten wie Dir", die "aufgrund Deiner Nationalität besser aufpassen was du sagst als Gast". Da heißt es unter anderem: "Deutschland meint es gut mit Leuten wie Dir und deswegen lassen wir auch noch mehr Asylanten in unser Land."

Bewährte Masche

Fler besinnt sich mit seinem Facebook-Posting sichtlich auf gute, alte Aggro Berlin-Tage. Schon damals ging das ausgefuchste Promo-Konzept für sein Debütalbum "Neue Deutsche Welle", mit deutschtümelnden Provokationen das Scheinwerferlicht auf sich zu ziehen, blendend auf. Bei weitem nicht nur Rap-Medien schrieben über den vermeintlichen "Nazi-Rapper", der versuche, den rechten Rand des Fan-Spektrums abzufischen.

Inzwischen hat Fler nach diversen anderen Veröffentlichungen diesen Faden wieder aufgenommen, "Neue Deutsche Welle 2" unters Volk gebracht, und nun offenbar beschlossen, für das bereits drohende nächste Album "Frank White" auch die damals so wirksame Werbestrategie wieder aufzuwärmen. So weit, so langweilig.

"Was hast du beigetragen?"

Doch siehe: Es funktioniert nach wie vor. Die Reaktionen auf Flers Posting ließen nicht lange auf sich warten. Unter den Tausenden Kommentaren fand sich ein ausführliches Antwortschreiben von Majoe. Die hier demonstrierten Formulierungskünste lassen entweder auf einen hochqualifizierten Ghostwriter schließen, oder aber künden von erheblichem schauspielerischen Talent (anders lässt sich kaum erklären, wie Kollegahs Sidekick bisher glaubhaft das komplette Hohlbrot verkörpern konnte).

Majoe fühlt sich angesprochen von Flers Brief an Farid, "da du ja auch seine 'Rapper-Freunde mit Migrationshintergrund' erwähnst", und zeigt im Folgenden den großen Denkfehler in Flers - so man es denn so nennen möchte - Argumentation auf: "... weißt du eigentlich, dass jeder Dritte mit Migrationshintergrund in Deutschland geboren ist? Also heißt das im Klartext, dass jede dritte Person seit seiner Geburt die gleichen Voraussetzungen hatte wie du, ihr also in dem gleichen Land aufgewachsen seid und da wagst du dich tatsächlich davon zu sprechen, dass 'uns' eine soziale Gerechtigkeit angeboten wird, wo du wahrscheinlich bei deiner Geburt neben anderen Kindern im Krankenhaus lagst die einen Migrationshintergrund haben!? ... Letztlich frage ich mich noch, was du hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland getan hast. Du schreibst 'wir', also was hast du beigetragen?" Eine interessante Frage, auf deren Beantwortung ich wirklich gespannt wäre.

Braune Parolen

Weit mehr als der (nicht so wahnsinnig überraschende) Umstand, dass Fler offenbar nichts Neues mehr einfällt, erschreckt das Ausmaß der Zustimmung, das er mit seinen unreflektierten Äußerungen einfährt. Zwischen "Heimatliebe ist kein Verbrechen" und "An ALLE Ausländer: Wenn Deutschland euch nicht passt und unser Volk und dessen Gesellschaft euch stört, dann macht euch wieder zurück in eure Steinhütten" findet sich in den Kommentaren zu seinem Brief wirklich jede erdenkliche dumpf-braune Parole. NPD- und AfD-Propagandabeauftragte könnten dort Einiges abschreiben.

Nichts Falsches gesagt?

Fler beteuert - wie üblich - er habe "definitiv nichts" Falsches formuliert, auch nichts, dessentwegen man ihm eine rechtsgerichtete Gesinnung unterstellen könne. "Habe ich was falsches gesagt wenn ich schreibe, dass wir ein soziales Land sind und euch aufgenommen haben! Auch hier 'definitiv nicht', denn wir sind sozial und wir werden auch noch mehr von eurer Herkunft aufnehmen. Auch das tun wir natürlich gerne, weil wir sozial eingestellt sind."

Staiger kommentiert

Vielleicht hilft es ja, wenn ihm Journalist und Polit-Aktivist Marcus Staiger noch einmal ganz langsam und deutlich auseinander nimmt, wo das Problem liegt. Der wandte sich in seinem Blog, ebenfalls in Form eines offenen Briefes, an Fler:

"Ach, Fler. Nun hast du sie also doch gezogen, die dumpfe Nationalismus-Karte, und damit alles bestätigt, was man dir in den letzten Jahren unterstellt hat. Ich hoffe, du weinst dann nicht wieder rum, wenn die NPD auch diese Aussagen in einem ihrer nächsten Wahlkampfanschreiben benutzt, denn leider passen sie bei denen nur allzugut ins Konzept. Offensichtlich passen deine Worte aber auch noch anderen Leuten ins Konzept, was die Reaktionen auf Deinen Post deutlich machen. Da deutschtümelt es ganz ordentlich und zwischen all der Kritik gibt es ja auch jede Menge Stimmen, die sagen: 'Endlich sagt's mal einer. Recht hat er, der Fler. Das mit den Ausländern stinkt mir schon lange.' Fler - der Thilo Sarrazin der Rap-Gemeinde. Der unerschrockene Kämpfer gegen die politische Korrektheit. Fler, der das sagt, was andere denken." Hurra. Der hat uns gerade noch gefehlt.

"Nun - mit dem Nationalismus ist es so eine Sache", schreibt Staiger weiter. "Irgendwo hat jeder Nationalismus seine Wurzeln in der Abgrenzung, was du ja auch sehr schön deutlich machst, wenn du von 'wir' und 'ihr' sprichst. Der Unterschied besteht also zwischen 'euch' und 'denen' - 'euch', die ihr deutschen Blutes seid, und 'denen', deren Eltern oder Großeltern aus anderen Ländern eingewandert sind. ... Dir geht es also um Biologie und darum, dass diejenigen, die fremd aussehen, dankbar sein sollen, dass sie hier mit ihrem fremden Aussehen überhaupt leben dürfen und 'aufpassen' sollen, was sie sagen 'als Gast'. Gäste, die im Übrigen größtenteils hier geboren sind. Weißt du, Fler, genau das sind die Aussagen, die ein Zusammenleben zwischen 'uns' und 'denen' so schwierig machen. Es ist nicht die Forderung, dass sich alle einigermaßen korrekt verhalten sollen, es ist die damit verbundene Botschaft, hier nicht gewollt zu sein. Es ist das Gefühl, nur geduldet zu sein, und wenn man sich nicht zu hundert Prozent anpasst, rausgeschmissen zu werden. Es ist das Gefühl, gesagt zu bekommen: 'Halt die Fresse, ansonsten kannst du gehen.'"

Vielleicht ist ja inzwischen sogar ein Teil der Botschaft bis zu Fler durchgesichert, nachdem er mit Staiger ein "super Telefonat" geführt zu haben glaubt. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt.

Kriminelle Inländer einweisen

Um 'denen', denen er rät, sich anzupassen und Dankbarkeit zu zeigen, vorzuführern, wie das ein aufrechter Deutscher macht, veröffentlichte Fler gestern sein polizeiliches Führungszeugnis. Vorsätzliche Körperverletzung, Beleidigung, falsche uneidliche Aussage. Wow. Sofort abschieben? Ach, wenn ich doch nur wüsste, wohin!

Farid Bang hat seine wohlgesetzte Antwort auf Flers Brief übrigens längst formuliert.

Fotos

Fler

Fler,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Fler,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Fler,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Fler,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Fler,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Fler,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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9 Kommentare mit 25 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Wieder Mal Promo auf unterstem Niveau für alle Beteiligten und die Journaille steigt voll drauf ein.

  • Vor 10 Jahren

    Sehe ich auch so. Aber wenn man solchen Dingen seine Aufmerksamkeit schenkt UND sogar noch drauf reagiert, wird es nicht weniger solcher peinlichen Moves geben. Das krasse ist ja, dass Fler gar nicht so blöd ist wie man denken mag - er erreicht ja mit seinen Aussagen das, was er möchte - Beachtung und Aufmerksamkeit.

  • Vor 10 Jahren

    Unsäglicher Scheiß alles.

    Fler hätte von Anfang an am besten daran getan auf die Fremdscham-Pöbeleien von Felix Blume, dem pickeligen Nasenbär und dem kleinen Mayjuran nicht einzugehen. Naja, alles ziemlich uninteressant, dennoch ist Fler natürlich nicht rechts. Nicht weiter provokant als "deutsche Kartoffel" oder ein abwertendes "Rudi". Brief hätte er sich dennoch sparen sollen.