Udo Lindenberg, seit heute 75 Jahre alt, hatte am Samstag Besseres zu tun. ProSieben verließ sich einmal mehr auf das Talent des Komikers.

Konstanz (mis) - Nach einem Jahr Pause findet der berühmte Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest kommendes Wochenende in Rotterdam trotz Pandemie statt. Für den aus dem Ruhestand agierenden Stefan Raab und dessen Haus-und-Hof-Sender ProSieben aber kein Grund, die 2020 eiligst aus der Taufe gehobene Ersatzveranstaltung #FreeESC zu kippen. Am Samstag traten daher wieder 16 Musiker*Innen für vom offiziellen Wettbewerb komplett entkoppelte Teilnahmeländer auf. Das Kalkül des Senders: Wenn man schon Sängerin Amy MacDonald für die Show überreden konnte, muss sie eben für Schottland antreten.

Der geballte Charme der Veranstaltung war gleich zu Beginn der Begrüßung des neben Conchita Wurst als Moderator engagierten Steven Gätjen zu entnehmen: "Willkommen beim Free European Song Contest, live aus der größten überdachten Mehrzweckarena Europas, live aus der Lanxess Arena in Köln, vor 18.000 ... tja, leeren Sitzflächen." Das klang einerseits zwar trostlos wie so viele andere ProSieben-Sendungen zur besten Sendezeit. Als der Spot dann aber Helge Schneider in der Kulisse fand und dieser seine Tristesse-Hymne "Forever At Home" anstimmte, war man bereits früh an einem musikalischen Höhepunkt angelangt.

Ansonsten war ein Unterschied zur letztjährigen Veranstaltung nur dank der Einblendung zu bemerken, dass alle Teilnehmer*Innen Corona-negativ getestet wurden. 2020 trennten die Showacts noch extra installierte Glasscheiben. Es folgte ein Abend, den man ganz früher einen "musikalischen Blumenstrauß" nannte, wenn die Sendung "Zum Blauen Bock" hieß, und etwas später dann "TV Total". Akustisches Bindeglied: Raabs Studioband Heavytones. Dass der Sender um den deutschen Beitrag im Vorfeld ein großes Geheimnis machte, ist angesichts des weiteren Kandidatenfelds nachvollziehbar: Rea Garvey, Mandy Capristo und Jasmin Wagner (Blümchen) - perfektes deutsches Mittelmaß.

Der Boulevard orakelte den Surprise Act betreffend Die Prinzen, sogar von Raab selbst war die Rede, doch ProSieben wollte es noch dicker: Udo Lindenberg persönlich würde nun gleich die Bühne erklimmen, kumpelten sich Wurst und Gätjen gegenseitig in einen weiteren trägen Spannungsmoment hinein, bevor dann nicht der echte, dafür aber der beste unechte Lindenberg loslegte: Helge Schneider. Eine angeblich ungeplante Änderung des Ablaufplans, da Nico Santos kurzfristig abgesagt hatte, wie die Bild erfahren haben will.

Die Prinzen tauchten dafür als Special Guest auf und sangen ihren "Millionär" gemeinsam mit Eko Fresh und Motrip.

Aus der hüftlahmen Vorstellung schälte sich ansonsten nur die für die Türkei angetretende Sängerin Elif heraus, die mit ihrem Song "Alles Helal" und geschminktem blauen Auge auf die in ihrer Heimat leider übliche Gewalt an Frauen und Minderheiten hinwies.

Ob es sich wirklich um Helge Schneiders letzten Auftritt im deutschen Fernsehen handelt, wie es in der Sendung theatralisch angekündigt wurde, erfahren wir frühestens bei der nächsten #FreeESC-Ausgabe. Die kam schließlich bisher noch nie ohne den Mülheimer Allroundkünstler aus.

Fotos

Helge Schneider, Jasmin Wagner und Co

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1 Kommentar mit 4 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Helge großartig wie immer. Dass diese humorlosen tiktok/twitterspacken da nicht drüber lachen konnten macht’s umso wertvoller.

    • Vor 3 Jahren

      Helges Großartigkeit nährt sich ja auch eher aus dem was er nicht tut oder sagt. Schlecht ist er immer dann, wenn er sich anpasst oder Dienstleister wird. Auf Konzerten kann man da immer recht gut eine Dichotomie im Publikum feststellen. Uiiii, Katzeklo, yeayyy... Dieses Udo Ding find ich deshalb zb allerdings auch nur halbgeil. Wenn auch um Welten besser, hat das immer so einen Ingo Appelt Beigeschmack

    • Vor 3 Jahren

      Die beiden Male, die ich Helge hier in FFM in der Alten Oper gesehen habe, konnte ich diese Dichotomie nicht feststellen. Da waren die Katzeklo-Fans doch deutlich in der Minderheit, wenn überhaupt vorhanden. Der Großteil waren imo Leute, die an den „richtigen“ Stellen gelacht oder geschwiegen haben. Insofern war da ne angenehme Homogenität im Publikum, was das Verstehen oder gar Fühlen der Performance betraf.
      Ich habe letztens bei YouTube nen Auftritt von Helge bei Krömer gesehen, bei dem auch Gregor Gysi zu Gast war. Bevor man überhaupt ins Gespräch kam, hatte Gysi schon eingeworfen, man wolle unbedingt Katzeklo hören. Wollte einen auf „ich kenne Helge Schneider“ machen, hat aber damit nur das Gegenteil dessen demonstriert. Da hatte er bei Krömer und Helge direkt verloren.
      Diese Gregor Gysis habe ich aber auf Helge Schneider Konzerten nicht angetroffen oder zumindest nicht wahrgenommen.

    • Vor 3 Jahren

      In Hannover zb war es ganz anders. Während der musikalischen Darbietungen wurde vermehrt laut gelabert, gezündet haben vorrangig 30 Jahre alte Schenkelklopfer...

    • Vor 3 Jahren

      Was wiederum das beweist, was die UF einfach, aber unmissverständlich mit „alles außer Frankfurt ist scheiße“ beschreiben :D

      Das mit dem lauten Gelaber während der Instrumentalteile hatte ich hier auch befürchtet, war aber wie gesagt glücklicherweise sehr angenehm. Kommst einfach nächstes mal mit nach FFM, is ja aach net so weit.