Hat Produzent David Brandes Gracias Wildcard für den Start beim Vorentscheid mit Hamsterkäufen erschlichen?

Berlin (mma) - Ginge es in der Branche gerecht zu, müsste Gracia den Single-Titel "Run & Hide" wohl bald auf sich selbst anwenden. Nachdem im vergangenen Jahr schon niemand mehr von Ex-Superstar Gracia gesprochen hatte, bekam sie mit dem Sieg beim deutschen Grand Prix-Vorentscheid wieder Oberwasser. Auf manchen Marktkenner wirkte dieses plötzliche Comeback verdächtig. Hintergrund: Um am Musikwettbewerb überhaupt teilnehmen zu dürfen, benötigte Gracia eine Wildcard. Die wiederum erhält nur, wer zum Stichtag (8.2.) eine Top-40-Platzierung in den Single-Charts vorweisen kann. Das gelang der Sängerin mit "Run & Hide".

Möglicherweise hatte Produzent David Brandes, der mit Gracia und der Girlband Vanilla Ninja (für die Schweiz) beim Finale in Kiew vertreten ist, die Finger im Spiel: Nach Recherchen des SAT1-Magazins Akte 05 ließ seine Plattenfirma Bros Music die Singles der beiden Acts in mehreren Filialen einer großen Elektromarktkette aufkaufen. Schließlich lassen sich die Verkaufscharts auf diesem Weg leicht manipulieren. Besonders, seitdem durch krisengedrückte Verkaufszahlen schon wenige hundert abgesetzte Singles genügen, um die Charts zu entern.

Brandes konnte der Versuchung wohl nicht widerstehen. "Ich habe pro Woche 100 bis 200 CDs gekauft", berichtete ein anonymer Hamsterkäufer in der Sendung. Dumm für den Label-Chef: Die Akte 05-Redaktion gelangte an Kassenquittungen von den Hamsterkäufen. Man wendete sich mit den Rechercheergebnissen an die Media Control GmbH. Die ermittelt im Auftrag der deutschen Musikwirtschaft die Chartsplatzierungen. Geschäftsführerin Ulrike Altig beschreibt den Vorgang mit den Worten: "Von Media Control wurden Manipulationsversuche erkannt. Die entsprechenden Verkäufe gingen aber nicht in die Charts-Ermittlungen ein."

Gegenüber laut.de geht Altig ins Detail: "Es stimmt nicht, dass wir erst durch den Bericht auf SAT1 von den Unregelmäßigkeiten erfahren haben. Unser automatisiertes Zählsystem stellte im Februar Klumpungen bei den CD-Verkäufen fest. Unsere Mitarbeiter untersuchten den Vorfall und wir beschlossen, diese auffälligen Häufungen nicht in die Charts-Statistik einfließen zu lassen."

Nach Aussage von Altig blieb es demnach beim bloßen Betrugsversuch, Gracia hätte dann mit lauteren Mitteln Platz 20 erreicht. Merkwürdig bleibt jedoch der Umstand, dass "Run & Hide" kurz nach dem Stichtag in den Charts deutlich abrutschte. Bros Music äußerte sich auf Anfrage von laut.de bislang nicht zum Thema. Der NDR setzt übrigens weiterhin auf das Zugpferd Gracia beim Grand Prix-Finale.

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