Selbst Hardrocker wie Lemmy Kilmister schätzen seine Qualitäten als Schlagzeuger: Nach fünf Jahrzehnten hinterm Drumkit muss Phil Collins jetzt jedoch aufhören, die Felle zu bearbeiten. Er könne ohne Schmerzen noch nicht einmal mehr die Sticks halten.
naja ich denk er hat schon einige unantastbare pop/rock songs geschrieben, das allgemeine bashing kann ich höchstens zu der musik von den disney filmen verstehen
@Fear_Of_Music (« @Kukuruz (« Und was davor liegt ("In The Air Tonight", "Another Paradise ..." u.ä.) ist geradezu prototypisch für den schlechten Geschmack der 80er. Das einzig Entlastende wäre die traurige Tatsache, dass Collins mit diesem selbstgefällig-chefischen (aber im Grunde oberpeinlichen) Power-Sound, der überdies noch eine Art Dauer-Anrecht auf PC und SuperGutmenschentum beanspucht... »):
du kannst doch einen athmosphärischen, innovativen und mitreißenden Song wie 'In The Air Tonight' (mit dem Drumbreak der Musikgeschichte überhaupt!) nicht mit einem seiner größten -Schlagersongs gleichsetzen! Und was für ein "peinlicher Powersound"? Das war halt sein Trademark, gerade vom Drumsound her. Reden wir wirklich vom selben Künstler? »):
Ich glaube schon. Mal abgesehen davon, dass "In The Air Tonight" vor einigen Jahren problemlos zu einer Schokoriegel-Webung herunterdudelbar war: Sehr bezeichnend finde ich die Tatsache, dass Collins selbst in einem späteren Interview auf die Frage, wovon der Song eigentlich handele, die Antwort gab, er wisse es selbst nicht. Das deckt sich nahtlos mit einem (ebenfalls späteren) Eingeständnis Peter Gabriels, er wisse auch nicht, wovon das vielgerühmte "The Lamb Lies Down On Broadway" eigentlich handelt. Und was wurde damals für ein Brimborium darum gemacht. Im Spiegel erschien ein ganzer Artikel dazu. Ehrfurchtsvolles Erstarren war das mindeste an geziemender Haltung dazu. Man hätte das alles viel kritischer hinterfragen müssen. Das meine ich auch mit dieser "Power"-Attitüde, die sich quer durch diese Art von Musik zieht. Es ist typisch für die Zeit von Mitte der Siebziger bis Anfang der 80er. Ich würde auch eine ganze Menge Zeug von Pink Floyd oder ELP dazu zählen. Der Unterschied zwischen Progrock in der Endphase und Schlagern von Howard Carpendale (der "Another Day in Paradise", sorry, coverte) ist nach meinem Empfinden viel geringer, als es der typische Proggie vielleicht wahrhaben will.
@Kukuruz (« @Fear_Of_Music (« Reden wir wirklich vom selben Künstler? »):
Ich glaube schon. Mal abgesehen davon, dass "In The Air Tonight" vor einigen Jahren problemlos zu einer Schokoriegel-Webung herunterdudelbar war: Sehr bezeichnend finde ich die Tatsache, dass Collins selbst in einem späteren Interview auf die Frage, wovon der Song eigentlich handele, die Antwort gab, er wisse es selbst nicht. Das deckt sich nahtlos mit einem (ebenfalls späteren) Eingeständnis Peter Gabriels, er wisse auch nicht, wovon das vielgerühmte "The Lamb Lies Down On Broadway" eigentlich handelt. Und was wurde damals für ein Brimborium darum gemacht. Im Spiegel erschien ein ganzer Artikel dazu. Ehrfurchtsvolles Erstarren war das mindeste an geziemender Haltung dazu. Man hätte das alles viel kritischer hinterfragen müssen. Das meine ich auch mit dieser "Power"-Attitüde, die sich quer durch diese Art von Musik zieht. Es ist typisch für die Zeit von Mitte der Siebziger bis Anfang der 80er. Ich würde auch eine ganze Menge Zeug von Pink Floyd oder ELP dazu zählen. Der Unterschied zwischen Progrock in der Endphase und Schlagern von Howard Carpendale (der "Another Day in Paradise", sorry, coverte) ist nach meinem Empfinden viel geringer, als es der typische Proggie vielleicht wahrhaben will. »):
du redest nur von den lyrics? naja, dann reden wir aneinander vorbei, ich beziehe mich mehr auf die musik (sehe es also ähnlich wie mbg)
zudem, woher willst du wissen ob es nicht der typisch britische humor von pc bzw. pg ist? ich glaube du nimmst diese aussagen zu ernst
zudem ist "paradise" ja nun kein prog-rock song mehr, sondern tatsächlich fast schon schlager, daher ein cover von carpendale nicht verwundelich und selbst "in the air tonight" ist kein richtiger prog mehr, aber sehr wohl innovativ gewesen, der schlagzeugfill (bada-u-bada-u-bada-u-bada-u ba!-u-dam!) ist in die musikgeschichte eingegangen!
und was kann der song für die schokoriegel-werbung? das macht doch den song nicht schlechter, vielleicht wird der song durch den kontext auch de-gradiert, aber dafür kann er nichts, das ist nicht logisch - du drehst die verhältnisse hier einfach rum, und schließlich kann man es auch anders sehen: seien wir doch einfach froh dass die marketing-fuzzis sich auch mal für bessere musik entscheiden
howard carpendale vergleiche sind hier unangebracht, dem "proggie" kommt es auch eher auf die musik an, und selbst mit "schlagertexten" wäre mir die musik von genesis und co. weitaus lieber als von belanglos pappiger 70iger (oder revivaliger) schlagermucke
@mbg: Bei einem Pop-Phänomen gehört meiner Ansicht nach beides untrennbar zusammen....
Aber selbst wenn ich - was ich grade getan habe - versuche, "In The Air Tonight" möglichst vorbehaltlos und möglichst ganz auf seinen musikalischen Gehalt hin, anzuhören: Da ist - neben der prägenden Hookline, die auch eher eingängig denn originell ist - so viel "bedeutungsschwangeres Gewabere", so wenig wirkliche Substanz. Ob die Schlagzeug-Begleitung tatsächlich so bahnbrechend innovativ oder technisch überragend ist, wage ich auch zu bezewifeln.
Es sind wohl eher die vielen Schlüsselmerkmale und Trademarks, die eben diesen charakteristischen Sound und diese Wiedererkennbarkeit ausmachen. Alles Dinge, die gleichermaßen für einen wirkungsvollen Werbeclip gelten. Und da bin ich wieder bei Kaffee-Reklame und Howard Carpendale. Tut mir leid. Hab da nur negative Assoziationen.
howard carpendale vergleiche sind hier unangebracht, dem "proggie" kommt es auch eher auf die musik an, und selbst mit "schlagertexten" wäre mir die musik von genesis und co. weitaus lieber als von belanglos pappiger 70iger (oder revivaliger) schlagermucke »):
Diese Diskussion ist in der einen oder anderen Art hier schon zig mal geführt worden.
Das Verständnis, wie zum Beispiel ein Auto als Maschine technisch-physikalisch funktioniert ist von dem Veständnis des Kulturphänomens "Auto" (bzw. einer bestimmten Marke) in allen seinen kulturellen und sozialen Aspekten unendlich weit entfernt. Und so sehe ich es auch mit Popmusik. Alle "Begleitphänomene" - auch die Nutzung als Werbeclip-Unternalung Jahrzehnte später, die Reaktion des Publikums, der Popstar als Medienpersönlichkeit usw. usf. gehören meiner Ansicht nach zum integralen Bestandteil eines Popsongs. Die vielgerühmte "rein musikalische" Sicht mag durchaus möglich sein, aber sie ist - meiner festen Überzeugung nach - in ihrer Reduktion ziemlich irrelevant. Irgendetwas ganz Spezifisches muss Popmusik, Popkultur gegenüber anderen Genres ja haben. Etwas Grundsätzliches. Das mehr beinhaltet als nur spezifische musikalische Formen oder typische Instrumente. Genau deshalb wird das ganze überhaupt komplex, interessant und spannend. Gut also, das ist halt meine Position.
Du hast Recht, dass gegen Ende der Progphase bei vielen Bands dieser seichte "Schlagerkram" zu finden war.
Genesis hatten zu dem Zeitpunkt ihr Meisterstück ja schon mit drei Alben abgelegt die sie von 1970 -1972 veröffentlich hatten.
Aber wo siehst du denn bei Pink Floyd diese Schlagerphase? »):
Nun wollen wir uns mal nicht zu sehr an dem (zugegeben etwas provokativ eingestreuten) Begriff "Schlager" hochziehen.
"Seicht" ist für mich persönlich auch lange nicht so negativ besetzt wie vielleicht bei Prog-Freunden.
Das gesamte "Dark Side Of The Moon"-Album empfinde ich dagegen in seiner Art, Gefälligkeit durch technische Perfektion zu erzeugen, als ausgesprochen klebrig. Eine Art vorgegriffener Webreclip für die erst jetzt auf den Markt kommenden HighEnd-Geräte für Audio-Nerds.
Noch zu Erscheinungszeiten von Atom Heart Mother ist es übrigens irgendeinem französischen Modemacher in den Sinn gekommen, seine aktuelle Kollektions-Vorführung mit diesem Bombast-Klassiker zu unterlegen. Das war so entlarvend, weil es so derartig passend war. Können Pink Floyd auch nix für, klar klar. Man muss aber ein Ding gewissermaßen im richtigen Winkel in das richtige Licht halten, um seine Struktur und sein Wesen richtig zu erkennen.
@c452h (« Mit den ersten sechs Alben von Genesis hat er Prog-Geschichte geschrieben; »):
Allerdings war er auf den ersten beiden Alben noch gar nicht in der Band, ergo, überhaupt nicht beteiligt. Fail!
(Außerdem möchte ich eben dazwischen werfen, dass "Prog" eh einer der dämlichsten Begriffe überhaupt ist, weil so viele verschiedene Bands unter einen Hut gezwängt weren sollen, die musikalisch so gut wie nichts miteinander zu tun haben.)
@ Kuku: Gerade das ganze Gehabe um die Musik widert mich aber ein bisschen an. Müsste ich bei jedem Stück Popmusik die sozialen Zusammenhänge, die ganze Subkultur, das Selbstverständnis des Musikers, das Gros der Hörer der jeweiligen Musik und das ganze Gedöns mitnehmen müssen, würde kaum noch Musik übrig bleiben, die ich hören könnte.
zudem ist "paradise" ja nun kein prog-rock song mehr, sondern tatsächlich fast schon schlager, daher ein cover von carpendale nicht verwundelich und selbst "in the air tonight" ist kein richtiger prog mehr, aber sehr wohl innovativ gewesen, der schlagzeugfill (bada-u-bada-u-bada-u-bada-u ba!-u-dam!) ist in die musikgeschichte eingegangen! »):
Ist kein "Progressive Rock" im engeren Sinne mehr, nein. Aber "in die Geschichte" ist schon so manches eingegangen, was besser den Weg alles Irdischen hätte nehmen sollen ... das ist kein Kriterium.
Vergleichen wir das mal mit dem etwa zeitgleich erschienen "The Dreaming"-Album von Kate Bush. Und der Vergleich ist durchaus angebracht, da es sich bei beiden quasi um eine Art "Prog-Erben" handelt (und beide zudem irgendwann mal mit Peter Gabriel kooperierten). Das fällt bei mir hinsichtlich Innovativität aber um Lichtjahre zuungunsten Phil Collins' aus.
@Kukuruz (« Ist kein "Progressive Rock" im engeren Sinne mehr, nein. Aber "in die Geschichte" ist schon so manches eingegangen, was besser den Weg alles Irdischen hätte nehmen sollen ... das ist kein Kriterium. »):
Nicht ohne Grund ist ITAT in die Geschichte eingegangen (und nicht umsonst oft remixed und in gewisser Weise so auch gecovert worden). Es ist für mich zudem ein ursprünglich eigentlich absolut nicht-kommerzieller Song, der aufgrund des Single-Erfolgs und späteren Weitervermarktung erst zum "Pop"song wurde. Dafür ist ITAT einfach zu eigen.
Nenn mir doch einen Song der so ähnlich klingt oder gemacht ist wie er (aber keine Kopie ist). In eine ähnliche Kerbe schlägt höchstens noch Collins selbst mit "I Don't Care Anymore"- zwar mit durchgängig echten Drums (statt wie bei ITAT anfangs mit dezentem Roland-Drummachine Gebrubbel) aber auch mit ganz eigenem Drumteppich als Daueruntermalung - wer traut sich sowas schon - im Popbereich?.
Zudem sprechen wir über dieselbe ITAT Version? Ich weiß nicht ob die 88iger Remixversion nicht anders aufgebaut war und die "Ruhe" des Originals weggenommen wurde. Hier ist das Original:
Auch wenn ITAT dir nicht gefällt - aus welchen Gründen auch immer - zumindest abstreiten kansnt du doch nicht dass er einen Eigenständigkeits-Bonus bekommen sollte. Wie gesagt, ich bin alles andere als ein PC-Fan. Erkenne aber sein früheres Schaffen an und das Gebashe finde ich überzogen. (Allerdings nicht überzogen finde ich, so einen Kacksong wie "ADIP" oder "Two Hearts" als Schlager abzukanzeln )@Kukuruz (« Vergleichen wir das mal mit dem etwa zeitgleich erschienen "The Dreaming"-Album von Kate Bush. Und der Vergleich ist durchaus angebracht, da es sich bei beiden quasi um eine Art "Prog-Erben" handelt (und beide zudem irgendwann mal mit Peter Gabriel kooperierten). Das fällt bei mir hinsichtlich Innovativität aber um Lichtjahre zuungunsten Phil Collins' aus. »):
Okay, bei Kate Bush hab ich kein Problem dir zuzustimmen. Selbst ihr "poppigeres" 85iger Album HOL (was einige Zeit auch mein absoluter Fav war) mit den ganzen Single-Hits ist besser und vom Gesamtbild künstlerisch stimmiger als PCs Schaffen. Kate Bush ist für mich sowieso der weibliche Peter Gabriel. (Oder PG auch die männliche Kate Bush, nicht dass hier die Feministen auf die Barrikaden gehen )
Meinst du den Titeltrack oder das ganze Album Atom Heart Mother?
Inwiefern wird denn dort etwas entlarvt? Meinst du, dass in Verbindung mit der Modevorführung der Track auf einmal an Qualität verlor bzw. simpel, seicht usw. wirkte?
Es wäre dementsprechend ja auch kein Problem ein komplexes Klassikstück mit etwas Belanglosem zu verbinden um es so abzuwerten.
Meinst du den Titeltrack oder das ganze Album Atom Heart Mother?
Inwiefern wird denn dort etwas entlarvt? Meinst du, dass in Verbindung mit der Modevorführung der Track auf einmal an Qualität verlor bzw. simpel, seicht usw. wirkte?
Es wäre dementsprechend ja auch kein Problem ein komplexes Klassikstück mit etwas Belanglosem zu verbinden um es so abzuwerten.
Oder habe ich dich falsch verstanden? »):
Es war eine Passage aus dem Titeltrack mit besonders pompösem Bläser-Bombast ("Wagnertuben"). Sie entlarvt meiner Ansicht nach zunächst erst einmal unkritisch-idealisierende Reaktionen wie (exemplarisch) diese: @Autor in Babyblaue Seiten (« Ein Meisterwerk wie die lange titelgebende Suite zu hören, nachdem man bisher überwiegend leichtverdauliche Popkost (ich möchte lieber keine Namen nennen ) gewöhnt war, ist ein kaum zu beschreibendes Erlebnis, »):
Pink Floyd trifft das nicht. Die hatten zu der Zeit (selbst ohne Syd Barrett) wohl noch ein erhebliches Maß an Humor (einschließlich Selbstironie).
An der Stelle will ich nur noch mal kurz meine Meinung zu dieser in diesem Thread immer wieder aufflackernden Diskussion um die Abtrennbarkeit des "rein Musikalischen" eines Pop-Stücks von Text, Wirkung, Reflexion usw. äußern (auch wenn es in Bezug auf Collins etwas off topic wird).
Eine solche Denkart könnte man als "kartesisch", der Philosophie Descartes' verpflichtet, bezeichnen, und für klassische Musik mag sie auch meinetwegen gültig und akzeptabel sein: Dass man nämlich alle Vorgänge der Welt in ihre Einzelkomponenten zerlegen, einzeln betrachten und aus der Summe wieder das ganze Phänomen zusammensetzen kann. Das ist sehr klassisch mechanisch gedacht.
Das 20. Jahhrhundert brachte aber mindestens zwei grundsätzlich neue "nicht-klassische" Paradigmen hervor: Das "systemische Denken" (wonach ein System immer mehr ist als nur die Summe seiner Komponenten) und die moderne Physik, deren wesentliches Merkmal die Abhängigkeit des physikalischen Vorgangs vom Messprozess ist.
Der Fall eines "klassischen Apfels" ist völlig unabhängig von der Frage, ob gerade jemand (und wenn ja: wer) vorbeispaziert, dem der Apfel auf den Kopf fällt. Ein "Quanten-Apfel" dagegen existiert in einem gewissen Sinne überhaupt erst dadurch, dass es einen Kopf gibt, auf den er fällt. Ohne diesen Beobachter befindet sich der Apfel in einer Art virtuellem Möglichkeitsraum.
Und so sehe ich es auch mit Popmusik. Sie existiert als Wirkung. Man kann (und soll) sie zwar ruhig "klassisch" als Klanggebilde in der Sprache von Tempo, Tonalität, Phrasierung, Rhythmus usw. beschreiben (ebenso wie sich Quantenobjekte eben auch statistisch bzw. als mechanischer Grenzfall beschreiben lassen) - aber das Wesentliche bleibt dabei außen vor.
Hört sich kompliziert an. Aber im Grunde verfährt die Mehrheit ganz intuitiv so. Eine gute Pop-Rezension ist eben eine reine Subjekt-Erfahrung und kein musiktheoretisches Traktat. Mag sein, dass diese Subjektivität und Bevorzugung einer Wirkungsbeschreibung gegenüber einer "objetivierten" Sicht von klassisch orientierten Menschen geringgeschätzt wird. Für mich persönlich ist sie - ähnlich wie die Quantenphysik gegenüber der klassichen Mechanik - aber gerade das Neue, Spannende, auch komplexere Herangehen. Schließlich kommen Sprache, Kultur, Gesellschaft usw. als Betrachtungsebenen hinzu.
@Kukuruz (« An der Stelle will ich nur noch mal kurz meine Meinung zu dieser in diesem Thread immer wieder aufflackernden Diskussion um die Abtrennbarkeit des "rein Musikalischen" eines Pop-Stücks von Text, Wirkung, Reflexion usw. äußern (auch wenn es in Bezug auf Collins etwas off topic wird).
Eine solche Denkart könnte man als "kartesisch", der Philosophie Descartes' verpflichtet, bezeichnen, und für klassische Musik mag sie auch meinetwegen gültig und akzeptabel sein: Dass man nämlich alle Vorgänge der Welt in ihre Einzelkomponenten zerlegen, einzeln betrachten und aus der Summe wieder das ganze Phänomen zusammensetzen kann. Das ist sehr klassisch mechanisch gedacht.
Das 20. Jahhrhundert brachte aber mindestens zwei grundsätzlich neue "nicht-klassische" Paradigmen hervor: Das "systemische Denken" (wonach ein System immer mehr ist als nur die Summe seiner Komponenten) und die moderne Physik, deren wesentliches Merkmal die Abhängigkeit des physikalischen Vorgangs vom Messprozess ist.
Der Fall eines "klassischen Apfels" ist völlig unabhängig von der Frage, ob gerade jemand (und wenn ja: wer) vorbeispaziert, dem der Apfel auf den Kopf fällt. Ein "Quanten-Apfel" dagegen existiert in einem gewissen Sinne überhaupt erst dadurch, dass es einen Kopf gibt, auf den er fällt. Ohne diesen Beobachter befindet sich der Apfel in einer Art virtuellem Möglichkeitsraum.
Und so sehe ich es auch mit Popmusik. Sie existiert als Wirkung. Man kann (und soll) sie zwar ruhig "klassisch" als Klanggebilde in der Sprache von Tempo, Tonalität, Phrasierung, Rhythmus usw. beschreiben (ebenso wie sich Quantenobjekte eben auch statistisch bzw. als mechanischer Grenzfall beschreiben lassen) - aber das Wesentliche bleibt dabei außen vor.
Hört sich kompliziert an. Aber im Grunde verfährt die Mehrheit ganz intuitiv so. Eine gute Pop-Rezension ist eben eine reine Subjekt-Erfahrung und kein musiktheoretisches Traktat. Mag sein, dass diese Subjektivität und Bevorzugung einer Wirkungsbeschreibung gegenüber einer "objetivierten" Sicht von klassisch orientierten Menschen geringgeschätzt wird. Für mich persönlich ist sie - ähnlich wie die Quantenphysik gegenüber der klassichen Mechanik - aber gerade das Neue, Spannende, auch komplexere Herangehen. Schließlich kommen Sprache, Kultur, Gesellschaft usw. als Betrachtungsebenen hinzu. »):
So sehr der Tranfer der systemischen und holistischen Denkweise auf Musikstücke und der damit verbundenen popkulturellen und gesellsschaftlichen Zusammenhänge auch sehr interessant ist, ich beurteile ein Musikstück wie Collins' ITAT tatsächlich erstmal aus der Warte des Musikers und/oder Musikrezipienten "reduktionistisch", dazu steh ich, auch wenn es dann eben rückständig ist
soll ich ein stück dann besser oder schlechter musikalisch finden nur weil es (viele Jahre später!) in eine Schokoriegelwerbung "missbraucht" wird? was kann das stück dafür? Für mich: nichts.
@Fear_of_music (« soll ich ein stück dann besser oder schlechter musikalisch finden nur weil es (viele Jahre später!) in eine Schokoriegelwerbung "missbraucht" wird? was kann das stück dafür? Für mich: nichts. »):
Die ursprünglichen Musiker/Komponisten/Produzenten usw. "können" möglicherweise "nix dafür". Aber während es das erklärte Ziel einer klassischen Aufführung oder Einspielung ist, die ursprüngliche Intention des Komponisten möglichst werkgetreu wiederzugeben und ein Orchester oder Dirigent höchstens eine eher marginale "Klangfarbe" beisteuern kann, neigen Pop-Stücke dazu, ein Eigenleben zu entfalten. Warum also nicht einen Song oder ein Album in seiner gesamten räumlichen und zeitlichen Wirkung und vor allem Wechselwirkung (mit dem Publikum) anzusehen. Als ein kulturgeschichtliches Segment, in welchem die Urheberschaft bzw. der oder die Urheber nur einer von vielen Aspekten ist. Interesanter ist das allemal als die Komplexität des Stücks in seiner formalen Struktur oder technischen Perfektion zu suchen: In der Hinsicht sind nämlich längst alle Grenzen ausgelotet.
Selbst Hardrocker wie Lemmy Kilmister schätzen seine Qualitäten als Schlagzeuger: Nach fünf Jahrzehnten hinterm Drumkit muss Phil Collins jetzt jedoch aufhören, die Felle zu bearbeiten. Er könne ohne Schmerzen noch nicht einmal mehr die Sticks halten.
"Ich bin sehr traurig. Meine Wirbel drücken …
@zack-zack..aber zack (« @Catch Thirtythree (« Schon mein Mentor sagte: Phil Collins Drumskills sind unbedeutend. »):
.....mag sein, aber sein musikalisches Wirken mit Sicherheit nicht »):
Auf keinen Fall.
@runner70 (« Also wann hat der nochmal grossartig Schöagzeug gespielt »):
Schöagzeug? Kann ich mich auch nicht dran erinnern
Mit den ersten sechs Alben von Genesis hat er Prog-Geschichte geschrieben; alleine deswegen verzeihe ich ihm all den Schmalz der danach kam.
Und Schlagzeug spielen konnte er; man muss nicht wie z. B. Mike Portnoy spielen können um als gut zu gelten.
naja ich denk er hat schon einige unantastbare pop/rock songs geschrieben, das allgemeine bashing kann ich höchstens zu der musik von den disney filmen verstehen
@Fear_Of_Music (« @Kukuruz (« Und was davor liegt ("In The Air Tonight", "Another Paradise ..." u.ä.) ist geradezu prototypisch für den schlechten Geschmack der 80er. Das einzig Entlastende wäre die traurige Tatsache, dass Collins mit diesem selbstgefällig-chefischen (aber im Grunde oberpeinlichen) Power-Sound, der überdies noch eine Art Dauer-Anrecht auf PC und SuperGutmenschentum beanspucht... »):
du kannst doch einen athmosphärischen, innovativen und mitreißenden Song wie 'In The Air Tonight' (mit dem Drumbreak der Musikgeschichte überhaupt!) nicht mit einem seiner größten -Schlagersongs gleichsetzen!
Und was für ein "peinlicher Powersound"? Das war halt sein Trademark, gerade vom Drumsound her.
Reden wir wirklich vom selben Künstler? »):
Ich glaube schon. Mal abgesehen davon, dass "In The Air Tonight" vor einigen Jahren problemlos zu einer Schokoriegel-Webung herunterdudelbar war: Sehr bezeichnend finde ich die Tatsache, dass Collins selbst in einem späteren Interview auf die Frage, wovon der Song eigentlich handele, die Antwort gab, er wisse es selbst nicht. Das deckt sich nahtlos mit einem (ebenfalls späteren) Eingeständnis Peter Gabriels, er wisse auch nicht, wovon das vielgerühmte "The Lamb Lies Down On Broadway" eigentlich handelt. Und was wurde damals für ein Brimborium darum gemacht. Im Spiegel erschien ein ganzer Artikel dazu. Ehrfurchtsvolles Erstarren war das mindeste an geziemender Haltung dazu. Man hätte das alles viel kritischer hinterfragen müssen. Das meine ich auch mit dieser "Power"-Attitüde, die sich quer durch diese Art von Musik zieht. Es ist typisch für die Zeit von Mitte der Siebziger bis Anfang der 80er. Ich würde auch eine ganze Menge Zeug von Pink Floyd oder ELP dazu zählen. Der Unterschied zwischen Progrock in der Endphase und Schlagern von Howard Carpendale (der "Another Day in Paradise", sorry, coverte) ist nach meinem Empfinden viel geringer, als es der typische Proggie vielleicht wahrhaben will.
Wenn man die Musik zu dem jeweiligen Geseier überhören will, vielleicht...
@Kukuruz (« @Fear_Of_Music (« Reden wir wirklich vom selben Künstler? »):
Ich glaube schon. Mal abgesehen davon, dass "In The Air Tonight" vor einigen Jahren problemlos zu einer Schokoriegel-Webung herunterdudelbar war: Sehr bezeichnend finde ich die Tatsache, dass Collins selbst in einem späteren Interview auf die Frage, wovon der Song eigentlich handele, die Antwort gab, er wisse es selbst nicht. Das deckt sich nahtlos mit einem (ebenfalls späteren) Eingeständnis Peter Gabriels, er wisse auch nicht, wovon das vielgerühmte "The Lamb Lies Down On Broadway" eigentlich handelt. Und was wurde damals für ein Brimborium darum gemacht. Im Spiegel erschien ein ganzer Artikel dazu. Ehrfurchtsvolles Erstarren war das mindeste an geziemender Haltung dazu. Man hätte das alles viel kritischer hinterfragen müssen. Das meine ich auch mit dieser "Power"-Attitüde, die sich quer durch diese Art von Musik zieht. Es ist typisch für die Zeit von Mitte der Siebziger bis Anfang der 80er. Ich würde auch eine ganze Menge Zeug von Pink Floyd oder ELP dazu zählen. Der Unterschied zwischen Progrock in der Endphase und Schlagern von Howard Carpendale (der "Another Day in Paradise", sorry, coverte) ist nach meinem Empfinden viel geringer, als es der typische Proggie vielleicht wahrhaben will. »):
du redest nur von den lyrics? naja, dann reden wir aneinander vorbei, ich beziehe mich mehr auf die musik (sehe es also ähnlich wie mbg)
zudem, woher willst du wissen ob es nicht der typisch britische humor von pc bzw. pg ist? ich glaube du nimmst diese aussagen zu ernst
zudem ist "paradise" ja nun kein prog-rock song mehr, sondern tatsächlich fast schon schlager, daher ein cover von carpendale nicht verwundelich
und selbst "in the air tonight" ist kein richtiger prog mehr, aber sehr wohl innovativ gewesen, der schlagzeugfill (bada-u-bada-u-bada-u-bada-u ba!-u-dam!) ist in die musikgeschichte eingegangen!
und was kann der song für die schokoriegel-werbung? das macht doch den song nicht schlechter, vielleicht wird der song durch den kontext auch de-gradiert, aber dafür kann er nichts, das ist nicht logisch - du drehst die verhältnisse hier einfach rum, und schließlich kann man es auch anders sehen: seien wir doch einfach froh dass die marketing-fuzzis sich auch mal für bessere musik entscheiden
howard carpendale vergleiche sind hier unangebracht, dem "proggie" kommt es auch eher auf die musik an, und selbst mit "schlagertexten" wäre mir die musik von genesis und co. weitaus lieber als von belanglos pappiger 70iger (oder revivaliger) schlagermucke
@mbg: Bei einem Pop-Phänomen gehört meiner Ansicht nach beides untrennbar zusammen....
Aber selbst wenn ich - was ich grade getan habe - versuche, "In The Air Tonight" möglichst vorbehaltlos und möglichst ganz auf seinen musikalischen Gehalt hin, anzuhören: Da ist - neben der prägenden Hookline, die auch eher eingängig denn originell ist - so viel "bedeutungsschwangeres Gewabere", so wenig wirkliche Substanz. Ob die Schlagzeug-Begleitung tatsächlich so bahnbrechend innovativ oder technisch überragend ist, wage ich auch zu bezewifeln.
Es sind wohl eher die vielen Schlüsselmerkmale und Trademarks, die eben diesen charakteristischen Sound und diese Wiedererkennbarkeit ausmachen. Alles Dinge, die gleichermaßen für einen wirkungsvollen Werbeclip gelten. Und da bin ich wieder bei Kaffee-Reklame und Howard Carpendale. Tut mir leid. Hab da nur negative Assoziationen.
@Kukuruz
Du hast Recht, dass gegen Ende der Progphase bei vielen Bands dieser seichte "Schlagerkram" zu finden war.
Genesis hatten zu dem Zeitpunkt ihr Meisterstück ja schon mit drei Alben abgelegt die sie von 1970 -1972 veröffentlich hatten.
Aber wo siehst du denn bei Pink Floyd diese Schlagerphase?
@Fear_Of_Music («
howard carpendale vergleiche sind hier unangebracht, dem "proggie" kommt es auch eher auf die musik an, und selbst mit "schlagertexten" wäre mir die musik von genesis und co. weitaus lieber als von belanglos pappiger 70iger (oder revivaliger) schlagermucke »):
Diese Diskussion ist in der einen oder anderen Art hier schon zig mal geführt worden.
Das Verständnis, wie zum Beispiel ein Auto als Maschine technisch-physikalisch funktioniert ist von dem Veständnis des Kulturphänomens "Auto" (bzw. einer bestimmten Marke) in allen seinen kulturellen und sozialen Aspekten unendlich weit entfernt. Und so sehe ich es auch mit Popmusik. Alle "Begleitphänomene" - auch die Nutzung als Werbeclip-Unternalung Jahrzehnte später, die Reaktion des Publikums, der Popstar als Medienpersönlichkeit usw. usf. gehören meiner Ansicht nach zum integralen Bestandteil eines Popsongs. Die vielgerühmte "rein musikalische" Sicht mag durchaus möglich sein, aber sie ist - meiner festen Überzeugung nach - in ihrer Reduktion ziemlich irrelevant. Irgendetwas ganz Spezifisches muss Popmusik, Popkultur gegenüber anderen Genres ja haben. Etwas Grundsätzliches. Das mehr beinhaltet als nur spezifische musikalische Formen oder typische Instrumente. Genau deshalb wird das ganze überhaupt komplex, interessant und spannend. Gut also, das ist halt meine Position.
@c452h (« @Kukuruz
Aber wo siehst du denn bei Pink Floyd diese Schlagerphase? »):
Falsch Frage! Ich will die Antwort nicht nochmal lesen...
@c452h (« @Kukuruz
Du hast Recht, dass gegen Ende der Progphase bei vielen Bands dieser seichte "Schlagerkram" zu finden war.
Genesis hatten zu dem Zeitpunkt ihr Meisterstück ja schon mit drei Alben abgelegt die sie von 1970 -1972 veröffentlich hatten.
Aber wo siehst du denn bei Pink Floyd diese Schlagerphase? »):
Nun wollen wir uns mal nicht zu sehr an dem (zugegeben etwas provokativ eingestreuten) Begriff "Schlager" hochziehen.
"Seicht" ist für mich persönlich auch lange nicht so negativ besetzt wie vielleicht bei Prog-Freunden.
Das gesamte "Dark Side Of The Moon"-Album empfinde ich dagegen in seiner Art, Gefälligkeit durch technische Perfektion zu erzeugen, als ausgesprochen klebrig. Eine Art vorgegriffener Webreclip für die erst jetzt auf den Markt kommenden HighEnd-Geräte für Audio-Nerds.
Noch zu Erscheinungszeiten von Atom Heart Mother ist es übrigens irgendeinem französischen Modemacher in den Sinn gekommen, seine aktuelle Kollektions-Vorführung mit diesem Bombast-Klassiker zu unterlegen. Das war so entlarvend, weil es so derartig passend war. Können Pink Floyd auch nix für, klar klar. Man muss aber ein Ding gewissermaßen im richtigen Winkel in das richtige Licht halten, um seine Struktur und sein Wesen richtig zu erkennen.
@c452h (« Mit den ersten sechs Alben von Genesis hat er Prog-Geschichte geschrieben; »):
Allerdings war er auf den ersten beiden Alben noch gar nicht in der Band, ergo, überhaupt nicht beteiligt. Fail!
(Außerdem möchte ich eben dazwischen werfen, dass "Prog" eh einer der dämlichsten Begriffe überhaupt ist, weil so viele verschiedene Bands unter einen Hut gezwängt weren sollen, die musikalisch so gut wie nichts miteinander zu tun haben.)
@ Kuku: Gerade das ganze Gehabe um die Musik widert mich aber ein bisschen an. Müsste ich bei jedem Stück Popmusik die sozialen Zusammenhänge, die ganze Subkultur, das Selbstverständnis des Musikers, das Gros der Hörer der jeweiligen Musik und das ganze Gedöns mitnehmen müssen, würde kaum noch Musik übrig bleiben, die ich hören könnte.
@Fear_Of_Music («
zudem ist "paradise" ja nun kein prog-rock song mehr, sondern tatsächlich fast schon schlager, daher ein cover von carpendale nicht verwundelich
und selbst "in the air tonight" ist kein richtiger prog mehr, aber sehr wohl innovativ gewesen, der schlagzeugfill (bada-u-bada-u-bada-u-bada-u ba!-u-dam!) ist in die musikgeschichte eingegangen! »):
Ist kein "Progressive Rock" im engeren Sinne mehr, nein. Aber "in die Geschichte" ist schon so manches eingegangen, was besser den Weg alles Irdischen hätte nehmen sollen ... das ist kein Kriterium.
Vergleichen wir das mal mit dem etwa zeitgleich erschienen "The Dreaming"-Album von Kate Bush. Und der Vergleich ist durchaus angebracht, da es sich bei beiden quasi um eine Art "Prog-Erben" handelt (und beide zudem irgendwann mal mit Peter Gabriel kooperierten). Das fällt bei mir hinsichtlich Innovativität aber um Lichtjahre zuungunsten Phil Collins' aus.
@Kukuruz («
Ist kein "Progressive Rock" im engeren Sinne mehr, nein. Aber "in die Geschichte" ist schon so manches eingegangen, was besser den Weg alles Irdischen hätte nehmen sollen ... das ist kein Kriterium. »):
Nicht ohne Grund ist ITAT in die Geschichte eingegangen (und nicht umsonst oft remixed und in gewisser Weise so auch gecovert worden).
Es ist für mich zudem ein ursprünglich eigentlich absolut nicht-kommerzieller Song, der aufgrund des Single-Erfolgs und späteren Weitervermarktung erst zum "Pop"song wurde. Dafür ist ITAT einfach zu eigen.
Nenn mir doch einen Song der so ähnlich klingt oder gemacht ist wie er (aber keine Kopie ist). In eine ähnliche Kerbe schlägt höchstens noch Collins selbst mit "I Don't Care Anymore"- zwar mit durchgängig echten Drums (statt wie bei ITAT anfangs mit dezentem Roland-Drummachine Gebrubbel) aber auch mit ganz eigenem Drumteppich als Daueruntermalung - wer traut sich sowas schon - im Popbereich?.
http://www.youtube.com/watch?v=YVFku0P7qTA
Zudem sprechen wir über dieselbe ITAT Version? Ich weiß nicht ob die 88iger Remixversion nicht anders aufgebaut war und die "Ruhe" des Originals weggenommen wurde. Hier ist das Original:
http://www.youtube.com/watch?v=Riw7j9b8fM8
Auch wenn ITAT dir nicht gefällt - aus welchen Gründen auch immer - zumindest abstreiten kansnt du doch nicht dass er einen Eigenständigkeits-Bonus bekommen sollte.
Wie gesagt, ich bin alles andere als ein PC-Fan. Erkenne aber sein früheres Schaffen an und das Gebashe finde ich überzogen. (Allerdings nicht überzogen finde ich, so einen Kacksong wie "ADIP" oder "Two Hearts" als Schlager abzukanzeln )@Kukuruz («
Vergleichen wir das mal mit dem etwa zeitgleich erschienen "The Dreaming"-Album von Kate Bush. Und der Vergleich ist durchaus angebracht, da es sich bei beiden quasi um eine Art "Prog-Erben" handelt (und beide zudem irgendwann mal mit Peter Gabriel kooperierten). Das fällt bei mir hinsichtlich Innovativität aber um Lichtjahre zuungunsten Phil Collins' aus. »):
Okay, bei Kate Bush hab ich kein Problem dir zuzustimmen. Selbst ihr "poppigeres" 85iger Album HOL (was einige Zeit auch mein absoluter Fav war) mit den ganzen Single-Hits ist besser und vom Gesamtbild künstlerisch stimmiger als PCs Schaffen.
Kate Bush ist für mich sowieso der weibliche Peter Gabriel. (Oder PG auch die männliche Kate Bush, nicht dass hier die Feministen auf die Barrikaden gehen )
@Kukuruz
Meinst du den Titeltrack oder das ganze Album Atom Heart Mother?
Inwiefern wird denn dort etwas entlarvt? Meinst du, dass in Verbindung mit der Modevorführung der Track auf einmal an Qualität verlor bzw. simpel, seicht usw. wirkte?
Es wäre dementsprechend ja auch kein Problem ein komplexes Klassikstück mit etwas Belanglosem zu verbinden um es so abzuwerten.
Oder habe ich dich falsch verstanden?
@c452h (« @Kukuruz
Meinst du den Titeltrack oder das ganze Album Atom Heart Mother?
Inwiefern wird denn dort etwas entlarvt? Meinst du, dass in Verbindung mit der Modevorführung der Track auf einmal an Qualität verlor bzw. simpel, seicht usw. wirkte?
Es wäre dementsprechend ja auch kein Problem ein komplexes Klassikstück mit etwas Belanglosem zu verbinden um es so abzuwerten.
Oder habe ich dich falsch verstanden? »):
Es war eine Passage aus dem Titeltrack mit besonders pompösem Bläser-Bombast ("Wagnertuben"). Sie entlarvt meiner Ansicht nach zunächst erst einmal unkritisch-idealisierende Reaktionen wie (exemplarisch) diese:
@Autor in Babyblaue Seiten («
Ein Meisterwerk wie die lange titelgebende Suite zu hören, nachdem man bisher überwiegend leichtverdauliche Popkost (ich möchte lieber keine Namen nennen ) gewöhnt war, ist ein kaum zu beschreibendes Erlebnis, »):
Pink Floyd trifft das nicht. Die hatten zu der Zeit (selbst ohne Syd Barrett) wohl noch ein erhebliches Maß an Humor (einschließlich Selbstironie).
An der Stelle will ich nur noch mal kurz meine Meinung zu dieser in diesem Thread immer wieder aufflackernden Diskussion um die Abtrennbarkeit des "rein Musikalischen" eines Pop-Stücks von Text, Wirkung, Reflexion usw. äußern (auch wenn es in Bezug auf Collins etwas off topic wird).
Eine solche Denkart könnte man als "kartesisch", der Philosophie Descartes' verpflichtet, bezeichnen, und für klassische Musik mag sie auch meinetwegen gültig und akzeptabel sein: Dass man nämlich alle Vorgänge der Welt in ihre Einzelkomponenten zerlegen, einzeln betrachten und aus der Summe wieder das ganze Phänomen zusammensetzen kann. Das ist sehr klassisch mechanisch gedacht.
Das 20. Jahhrhundert brachte aber mindestens zwei grundsätzlich neue "nicht-klassische" Paradigmen hervor: Das "systemische Denken" (wonach ein System immer mehr ist als nur die Summe seiner Komponenten) und die moderne Physik, deren wesentliches Merkmal die Abhängigkeit des physikalischen Vorgangs vom Messprozess ist.
Der Fall eines "klassischen Apfels" ist völlig unabhängig von der Frage, ob gerade jemand (und wenn ja: wer) vorbeispaziert, dem der Apfel auf den Kopf fällt. Ein "Quanten-Apfel" dagegen existiert in einem gewissen Sinne überhaupt erst dadurch, dass es einen Kopf gibt, auf den er fällt. Ohne diesen Beobachter befindet sich der Apfel in einer Art virtuellem Möglichkeitsraum.
Und so sehe ich es auch mit Popmusik. Sie existiert als Wirkung. Man kann (und soll) sie zwar ruhig "klassisch" als Klanggebilde in der Sprache von Tempo, Tonalität, Phrasierung, Rhythmus usw. beschreiben (ebenso wie sich Quantenobjekte eben auch statistisch bzw. als mechanischer Grenzfall beschreiben lassen) - aber das Wesentliche bleibt dabei außen vor.
Hört sich kompliziert an. Aber im Grunde verfährt die Mehrheit ganz intuitiv so. Eine gute Pop-Rezension ist eben eine reine Subjekt-Erfahrung und kein musiktheoretisches Traktat. Mag sein, dass diese Subjektivität und Bevorzugung einer Wirkungsbeschreibung gegenüber einer "objetivierten" Sicht von klassisch orientierten Menschen geringgeschätzt wird. Für mich persönlich ist sie - ähnlich wie die Quantenphysik gegenüber der klassichen Mechanik - aber gerade das Neue, Spannende, auch komplexere Herangehen. Schließlich kommen Sprache, Kultur, Gesellschaft usw. als Betrachtungsebenen hinzu.
@Kukuruz (« An der Stelle will ich nur noch mal kurz meine Meinung zu dieser in diesem Thread immer wieder aufflackernden Diskussion um die Abtrennbarkeit des "rein Musikalischen" eines Pop-Stücks von Text, Wirkung, Reflexion usw. äußern (auch wenn es in Bezug auf Collins etwas off topic wird).
Eine solche Denkart könnte man als "kartesisch", der Philosophie Descartes' verpflichtet, bezeichnen, und für klassische Musik mag sie auch meinetwegen gültig und akzeptabel sein: Dass man nämlich alle Vorgänge der Welt in ihre Einzelkomponenten zerlegen, einzeln betrachten und aus der Summe wieder das ganze Phänomen zusammensetzen kann. Das ist sehr klassisch mechanisch gedacht.
Das 20. Jahhrhundert brachte aber mindestens zwei grundsätzlich neue "nicht-klassische" Paradigmen hervor: Das "systemische Denken" (wonach ein System immer mehr ist als nur die Summe seiner Komponenten) und die moderne Physik, deren wesentliches Merkmal die Abhängigkeit des physikalischen Vorgangs vom Messprozess ist.
Der Fall eines "klassischen Apfels" ist völlig unabhängig von der Frage, ob gerade jemand (und wenn ja: wer) vorbeispaziert, dem der Apfel auf den Kopf fällt. Ein "Quanten-Apfel" dagegen existiert in einem gewissen Sinne überhaupt erst dadurch, dass es einen Kopf gibt, auf den er fällt. Ohne diesen Beobachter befindet sich der Apfel in einer Art virtuellem Möglichkeitsraum.
Und so sehe ich es auch mit Popmusik. Sie existiert als Wirkung. Man kann (und soll) sie zwar ruhig "klassisch" als Klanggebilde in der Sprache von Tempo, Tonalität, Phrasierung, Rhythmus usw. beschreiben (ebenso wie sich Quantenobjekte eben auch statistisch bzw. als mechanischer Grenzfall beschreiben lassen) - aber das Wesentliche bleibt dabei außen vor.
Hört sich kompliziert an. Aber im Grunde verfährt die Mehrheit ganz intuitiv so. Eine gute Pop-Rezension ist eben eine reine Subjekt-Erfahrung und kein musiktheoretisches Traktat. Mag sein, dass diese Subjektivität und Bevorzugung einer Wirkungsbeschreibung gegenüber einer "objetivierten" Sicht von klassisch orientierten Menschen geringgeschätzt wird. Für mich persönlich ist sie - ähnlich wie die Quantenphysik gegenüber der klassichen Mechanik - aber gerade das Neue, Spannende, auch komplexere Herangehen. Schließlich kommen Sprache, Kultur, Gesellschaft usw. als Betrachtungsebenen hinzu. »):
So sehr der Tranfer der systemischen und holistischen Denkweise auf Musikstücke und der damit verbundenen popkulturellen und gesellsschaftlichen Zusammenhänge auch sehr interessant ist, ich beurteile ein Musikstück wie Collins' ITAT tatsächlich erstmal aus der Warte des Musikers und/oder Musikrezipienten "reduktionistisch", dazu steh ich, auch wenn es dann eben rückständig ist
soll ich ein stück dann besser oder schlechter musikalisch finden nur weil es (viele Jahre später!) in eine Schokoriegelwerbung "missbraucht" wird? was kann das stück dafür? Für mich: nichts.
@Fear_of_music («
soll ich ein stück dann besser oder schlechter musikalisch finden nur weil es (viele Jahre später!) in eine Schokoriegelwerbung "missbraucht" wird? was kann das stück dafür? Für mich: nichts. »):
Die ursprünglichen Musiker/Komponisten/Produzenten usw. "können" möglicherweise "nix dafür". Aber während es das erklärte Ziel einer klassischen Aufführung oder Einspielung ist, die ursprüngliche Intention des Komponisten möglichst werkgetreu wiederzugeben und ein Orchester oder Dirigent höchstens eine eher marginale "Klangfarbe" beisteuern kann, neigen Pop-Stücke dazu, ein Eigenleben zu entfalten. Warum also nicht einen Song oder ein Album in seiner gesamten räumlichen und zeitlichen Wirkung und vor allem Wechselwirkung (mit dem Publikum) anzusehen. Als ein kulturgeschichtliches Segment, in welchem die Urheberschaft bzw. der oder die Urheber nur einer von vielen Aspekten ist. Interesanter ist das allemal als die Komplexität des Stücks in seiner formalen Struktur oder technischen Perfektion zu suchen: In der Hinsicht sind nämlich längst alle Grenzen ausgelotet.