Die CSU legt einen Gesetzesentwurf vor, der jegliche Verspottung oder Herabwürdigung von Religionen verbieten soll. Anlass für die Initiative war die MTV-Serie "Popetown". Derweilen versucht die deutsche Vereinigung für christliche Kultur, die Jugendzeitschrift Bravo verbieten zu lassen.

München/Frankfurt (drei) - Bayerns CSU gibt nicht auf. Anderthalb Jahre nach dem Streit um die satirische MTV-Serie "Popetown", legt CSU-Justizministerin Beate Merk einen Gesetzesentwurf vor, der eine Verschärfung des Paragraphen 166 im Strafgesetzbuch vorsieht.

§ 166 StGB droht bislang nur für die Beschimpfung religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse, die den öffentlichen Frieden gefährden, eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren an. Das reicht der bayrischen christlichen Union aber noch lange nicht.

Den Frieden sieht die CSU schon gestört, wenn die Tat das Vertrauen der Gläubigen in ihre religiöse Weltanschauung gefährden oder bei anderen die "Bereitschaft zu Intoleranz" gegenüber Religion fördern könne. Als Beispiel nennt das bayrische Justizministerium die Werbung zur "Popetown"-Serie. Darin sitzt der vom Kreuz gestiegene Jesus vor einem Fernseher, betitelt war das Plakat mit dem Spruch "Lachen statt rumhängen".

Das Erzbistum München war im vergangenen Jahr gescheitert, als es die Ausstrahlung von "Popetown" verbieten wollte. Das Landesgericht der bayrischen Hauptstadt befand damals, dass der öffentliche Frieden nicht gefährdet sei. Da könnte der CSU-Gesetzentwurf Abhilfe schaffen.

Aber wie ist es nur um die bayrischen Christen bestellt, wenn bereits eine Satire-Sendung auf MTV ihr Vertrauen in ihren Glauben gefährdet? Und welche schlimmen Folgen muss es dann erst haben, wenn ein Wissenschaftler in seinem Buch öffentlich die Existenz Gottes anzweifelt und Madonna in ihren Shows Kreuze verwenden darf?

Als Befürworter der CSU-Initiative trat vor allem der ehemalige bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber auf. Die Initiative sei ein "klares Zeichen, dass nicht mit Füßen getreten werden darf, was anderen heilig ist", zitierte ihn die Financial Times Deutschland im September. Unterstützung bekam er zwar von diversen christlichen Seiten wie Jesus.de, die katholische Kirche reagiert dagegen zurückhaltend, während die Protestanten überhaupt keinen Handlungsbedarf sehen.

Mit ihrem Gesetzentwurf begibt sich die CSU in die Nähe skurriler Fundamentalisten wie der erzkonservativen Deutschen Vereinigung für christliche Kultur e.V. (DVCK e.V.) mit Sitz in Frankfurt. Die ruft seit einigen Monaten "gute Christen" dazu auf, sie bei ihrem Appell an die Bundesregierung zu unterstützen, um den "Feind Nummer 1 der Kinder", die Zeitschrift Bravo, verbieten zu lassen.

Erklärtes Ziel des Vereins ist es, die "zersetzende Revolution" rückgängig zu machen, die "unsere christlich-abendländische Kultur und Zivilisation seit mehr als fünf Jahrhunderten zerstört". Fast so lange gibt es die Bravo auch schon - höchste Zeit, einzugreifen: "Es darf nicht so weitergehen, dass die Kindheit in Deutschland durch sogenannte 'Jugendzeitschriften' wie Bravo, die in Wahrheit erotische Blätter sind, zerstört wird".

Neben "Pornographie und Blas-phemie" (!) wirft der Verein der Bravo vor, "Bizarres" als "cool" und "toll" darzustellen, etwa wenn "die Rock-Party der Punk-Gruppe Tokio Hotel zu einer Zerstörungsorgie" wird.

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70 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Ne Mann. Du musst was GEGEN eine Religion sagen. Nicht FÜR eine andere. Das ist ja durch die Religionsfreiheit gewährleistet.

    Sie wird nur momentan höher bewertet als die Meinungsfreiheit.

    Aber das bringt mich gerade auf eine Idee:

    Wir sollten eine Glaubensgemeinschaft auf der göttlichen Einsicht, dass alle Religionen scheiße sind, gründen - Das kann dann ja keiner verbieten. Unsere heilige Schrift bildet die Gesamtheit aller Texte, Fernsehsendungen oder sonstiger Kunstformen, die sich satirisch oder in anderer "blasphemischer" Weise mit Religion auseinander setzen oder Gott in Frage stellen.

    Die Macher von Popetown müssen sich dann nur unserer Glaubenschgemeinschaft anschließen und schon stehen sie unter dem Schutz des $166 StGB - Schließlich kann man den Propheten einer religiösen Bewegung nicht verbieten ihre göttlichen Offenbarungen weiter zu geben...

    :saint:

  • Vor 17 Jahren

    @Subversive1 («

    $166 StGB »):

    versteckte kritik ? :saint:

  • Vor 17 Jahren

    @Caras (« @Subversive1 («

    $166 StGB »):

    versteckte kritik ? :saint: »):

    :D
    @Anonymous («
    bin protestant, kein bayer sondern franke (oh gott der beckstein ja auch) also im bayrischen sinne ketzer. aber eigentlich atheist. wählen tu ich die csu erst recht nicht und hoffen tu ich, dass die irgendwann mal unter 50% gehen. am besten aber verboten wird aufgrund von politisch-christlichem fundamentalismus. aber bitte spaltet uns nicht ab, dann müssen wir ins exil! »):

    Ooja!
    Lasst uns Bayern von der BRD abtrennen und Franken bleibt unser 16. Bundesland. Das wird dann im schlimmsten Fall per Luftbrücke versorgt, das hat schon einmal funktioniert.
    Im Gegenzug bekommen wir dann noch immer gutes fränkisches Bier geliefert ;)
    Denkt an die ganzen Vorteile: Demokratie, Pressefreiheit (:D), keinen christlichen Fundamentalismus etc. ;)