Der Musiker hatte einem Hotelmanager Antisemitismus vorgeworfen. Nun räumte er überraschend ein, gelogen zu haben.
Leipzig (ebi) - Drei Wochen nach Beginn des Prozesses wegen Verleumdung, falscher Verdächtigung, Betrugs und falscher Versicherung an Eides statt hat Gil Ofarim ein Geständnis abgelegt, berichtet u.a. der Spiegel. Der Musiker musste sich seit dem 7. November vor der 6. Großen Strafkammer des Leipziger Landgerichts verantworten. "Die Vorwürfe treffen zu. Herr W., ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, es tut mir leid, ich habe das Video gelöscht", sagte Ofarim in Richtung des 35-jährigen Hotelmanagers, den er vor rund zwei Jahren des Antisemitismus beschuldigt hatte.
Hotelmanager akzeptiert Entschuldigung
Anfang Oktober 2021 hatte der Musiker in einem direkt vor einem Hotel in Leipzig aufgenommenen Instagram-Video behauptet, er sei von dem Angestellten antisemitisch beleidigt worden, man habe ihn u.a. aufgefordert, seine Davidstern-Kette wegzupacken. Die Vorwürfe wiederholte er später gegenüber der Polizei sowie in den Medien. Bereits kurze Zeit später hegte die zuständige Staatsanwaltschaft allerdings Zweifel an Ofarims Darstellung, so war der Davidstern auf Videoaufnahmen aus dem Hotel nirgends zu sehen. Vor gut einem Jahr wurde die Klage gegen Ofarim dann zugelassen. Der von dem Musiker fälschlicherweise beschuldigte Hotelmitarbeiter trat als Nebenkläger auf.
Ofarim, so der Nebenkläger vor Gericht, sei an besagtem Abend sehr aufgebracht gewesen und habe gedacht, andere Gäste würden bevorzugt behandelt. Aufgrund des Ausfalls des Check-in-Systems sei es aber zu Verzögerungen beim Einchecken und einer langen Warteschlange gekommen. Nachdem Ofarims Video viral gegangen sei, habe er Mordrohungen erhalten und untertauchen müssen. Er werde psychologisch betreut. Dem Spiegel zufolge akzeptierte der Hotelmanager Ofarims Entschuldigung.
Der Kampf gegen Antisemitismus als Aufgabe
Das Verfahren gegen den 41-jährigen Musiker ist nun gegen eine Geldauflage vorläufig eingestellt: Im Laufe von sechs Monaten muss Ofarim 10.000 Euro an die Leipziger Jüdische Gemeinde sowie den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz zahlen. Danach ist der Fall endgültig abgeschlossen. Der Hotelmanager sei durch Ofarims Entschuldigung rehabilitiert, betonte das Gericht. Das sei die wichtigste Voraussetzung, um seinen eigenen Ruf wiederherzustellen. Der Musiker selbst habe sich "erhebliche Nachteile" zugefügt. Aber eines bleibt, wie es war, so der Richter weiter: "Antisemitismus ist eine Tatsache. Der Kampf dagegen ist eine Aufgabe."
Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußerte derweil kein Verständnis für den Musiker: "Zwei Jahre lang hat Gil Ofarim Mitarbeiter eines Leipziger Hotels des Antisemitismus beschuldigt. Nun hat er gestanden, dass er gelogen hat. Damit hat Gil Ofarim all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt. Neben der Öffentlichkeit hat er auch die jüdische Gemeinschaft belogen", zitiert die Jüdische Allgemeine aus einer Mitteilung: "Wir verurteilen das Verhalten von Gil Ofarim. Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen".
10 Kommentare mit 22 Antworten
Die Vorwürfe sind absolut...
zutreffend!?!? Hää?
Die Vorwürfe der Verleumdung, falscher Verdächtigung usw., die bei dem Prozess gegen Ofarim im Raum standen. Ist schon richtig so.
Richtiger Dirnenspross
Hat seinen Glaubensgenossen einen Bärendienst erwiesen.
Biste einer von denen? Ansonsten einfach Fresse zu, ja? Danke.
Oliver Pocher hat dasselbe gesagt. Weißte Bescheid. Viel Spaß noch in der Sonderschule.
Das klassisch-selbstgerechte Alman-Argument, wenn irgendein Migrant oder Anhänger einer anderen Religion Scheiße gebaut hat. Sollte es Opfer geben, werden die schon für sich selbst reden können und benötigen dafür gewisse keinen scheinheiligen Pressesprecher, der das für sie übernimmt.
Ich gehe fest davon aus, die Beweislage war so erdrückend, dass nichts anderes als Die Wahrheit die Option war. Wäre das nicht der Fall gewesen wage ich zu bezweifeln das, der Supertyp auch nur eine Sekunde über das Geständnis nachgedacht hätte!
1. Für eine Einstellung gem. § 153a Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 StPO (Einstellung gegen Geldauflage) müssen alle (Gericht, Staatsanwaltschaft, Angeklagter) mitmachen. Es spricht viel dafür, dass Gericht und/oder Staatsanwaltschaft vorab deutlich gemacht haben, dass eine solche Einstellung nur dann in Betracht kommt, wenn der gute Gil vorab Farbe bekennt. Ein Geständnis ist nicht Voraussetzung einer solchen Einstellung, wird in der Praxis aber nicht selten von Gericht und/oder Staatsanwaltschaft "verlangt". Scheint mir hier so gewesen zu sein. (Vielleicht war es Gil aber auch wichtig, sein Gewissen zu entlasten, indem er gesteht. Wahrscheinlich ist das nicht.)
2. Irgendwo habe ich gelesen, dass der Verteidiger hinterher noch von Unschuldsvermutung gesprochen habe. Ich hoffe, dass das so nicht stimmt. Denn formal ist es richtig, dass eine solche Einstellung keine Schuldfeststellung enthält, der liebe Gil hat die Tat aber eingeräumt. Da wäre es doch sehr albern, anschließend noch auf die Unschuldsvermutung zu pochen.
3. Die hiesige Konstellation (eine Falschbeschuldigung durch den - ursprünglich - Zeugen) ist das Hauptproblem insbesondere bei Sexualdelikten. Weil es solche Falschbeschuldigungen nun einmal gibt, existieren rechtliche Ansätze wie eine besondere Glaubhaftigkeitsprüfung in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen. Genau deswegen prüfen Staatsanwaltschaften und Gerichte sehr sorgfältig solche Anschuldigungen. Genau deswegen werden - im Zweifel - Verfahren eingestellt, obwohl tatsächlich eine Straftat geschehen ist. Die Falschbeschuldigungen (hier ist eine sogar "erwiesen", wenn auch nicht im Kontext Sexualdelikte) führen zu einem strengen Prüfungsmaßstab, was sich zugunsten von wirklichen Tätern auswirken kann. Das ist meines Erachtens auch rechtlich und ethisch zwingend, denn weniger auszuhalten als ein zu Unrecht ergangener Freispruch ist eine zu Unrecht ergangene Verurteilung.
Wenn der Staatsanwaltschaft nicht absolut klar gewesen wäre, dass er gelogen hat, wäre es, insbesondere in dieser Angelegenheit, gar nicht erst zur Anklage gekommen, richtig.
Das hätte sein Anwalt eigentlich auch sehen können.
Ganz so ist es nicht. Die Staatsanwaltschaft klagt an, wenn sie eine überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit sieht (sog. hinreichender Tatverdacht). Und selbst wenn es dem Staatsanwalt als „absolut klar“ erscheint, kann sich in einer Verhandlung ein anderes Bild ergeben, kann das Gericht es anders beurteilen etc. Hier war die Einschätzung des Staatsanwalts wohl zutreffend.
"Es heiße immer, dieses Verfahren kenne keine Gewinner, sagte der Vorsitzende Richter am Dienstag zum Schluss. Aber das stimme nicht. Es gebe drei Gewinner. Erstens die Gesellschaft, die die Wahrheit erfahren habe. Zweitens der beschuldigte Hotelmitarbeiter, der die volle Rehabilitierung erhalten habe. Und drittens sei auch Gil Ofarim ein Gewinner. Er habe Markus W.s Ruf wiederhergestellt. Das sei die wichtigste Voraussetzung für einen befreiten Neustart, auch für den des Musikers selbst." Heisst es bei Zeit Online.
Fasst es doch ganz gut zusammen. Dann ists auch gut.
Scheint ein Glas-halbvoll-Richter zu sein. Schön für Gil, dafür seine Karriere noch toter als ohnehin schon.