laut.de-Kritik

Der gebürtige Bremer lässt kein Klischee aus.

Review von

Auf Nico Wellenbrink, der sich für seine Musikkarriere den exotischen Zunamen Santos gegeben hat, verlassen sich die Stars. Als Autor und Produzent arbeitet er mit so unterschiedlichen Künsterinnen und Künstlern wie Helene Fischer, Bushido & Shindy, Lena und Prinz Pi zusammen. Aber auch im Scheinwerferlicht fühlt sich der 27-Jährige wohl. Als verlässlicher Kehrvers-Lieferant vergoldet er die Songs der halben Deutschrap-Szene.

Im Alleingang hat Santos zwar reichlich Single-Erfolge gefeiert, doch sein Debütalbum "Streets Of Gold" von 2018 ging unter. Das soll sich mit der zweiten Platten ändern. Wie ernst es dem Musiker ist, zeigt die Wahl des Albumtitels. Dieser wirkt einfallslos, kann aber auch als Statement gelesen werden: Jetzt geht es um ihn. Leider klingen viele seine Auftragsarbeiten spannender als diese aalglatte Pop-Platte.

Die Platte wirkt wie am Reißbrett entstanden und setzt voll und ganz auf berechenbare Pop-Muster. Kein Klischee lässt der gebürtige Bremer aus. Die gefühlvolle Piano-Ballade: Check. Der Uptempo-Song für die Hausarbeit: Check. Das Duett mit dem weiblichen Äquivalent: Check. Das Feature mit dem Rapper: Check. Aufregend geht anders.

"If I had one more drink, I would have started a fight / So I walked out of the bar into the dark of the night", zeigt Santos in "Like I Love You" das erste Mal so etwas wie Kante. Auch das Saxofon in "Changed" oder die Geigen in "Killing Me" sorgen in raren Momenten für spitze Ohren. Weil Santos aber lieber auf vertraute Pop-Schablonen setzt, die die genügsame Zielgruppe nicht abschrecken, wirken die coolen Augenblicke deplatziert. So würde die Coming-of-Age-Hymne "Walk In Your Shoes" in einem anderen Kontext sogar ehrlich und weniger konstruiert klingen.

Santos steckt bis zu den Haarspitzen im Pop-Zirkus. Dass dabei die Grenze zwischen künstlerischer Entfaltung und dem Bedienen von Massengeschmack verschwimmt, wird niemanden überraschen. Inspiration sucht er zu häufig bei anderen. Auf die Spitze treibt es der Musiker, wenn er in "7 Days" ungeniert Post Malone imitiert. "Nothing To Lose" orientiert sich mit 80er-Synthie-Kitsch dagegen an The Weeknd.

"Nico Santos" besitzt eine kompetente Stimme und musikalisches Talent. Dass er ein Händchen für Hits hat, muss er auch nicht beweisen. Wieso dieser vermeintliche Vollblutmusiker fernab seiner Auftragsarbeiten so aufregend wie eine Fahrradklingel klingt, weiß nur Santos selbst. Chance vertan.

Trackliste

  1. 1. Better (feat. Lena)
  2. 2. Play With Fire
  3. 3. Low On Love
  4. 4. Like I Love You (feat. Topic)
  5. 5. 7 Days
  6. 6. Changed
  7. 7. Killing Me
  8. 8. Easy
  9. 9. Walk In Your Shoes
  10. 10. Who's Gonna Love Me Now
  11. 11. Nothing To Lose (feat. ToTheMoon)
  12. 12. Rooftop (feat. Kool Savas & Kelvin Jones)
  13. 13. Unforgettable (feat. Alvaro Soler)
  14. 14. After Party (feat. ILIRA)

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3 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 3 Jahren

    Neulich gelesen Nico Santos er ist der SOhn vom DUracallhase glaub ich!

  • Vor 3 Jahren

    Relativ egal, was man von Santos oder Popmusik im Allgemeinen hält: die Rezension ist leider ähnlich seicht, wie beschriebene Platte. Im Grundsatz wird kritisiert, dass Santos glattgebügelten Klischeepop für den Massengeschmack abliefert - als hätte er jemals etwas anderes gemacht! Welche Erwartungen hatte Autor Mertlik da?

    Dann wiederum bescheinigt er Santos eine kompetente Stimme, musikalisches Talent und ein Händchen für Hits. Als Autor und Produzent vergolde er Songs der Stars und feierte reichlich Single-Erfolge. WOW! Way too much! Steckt am Ende nur ein verkappter Fan in Mertlik, der von der neuen Platte persönlich enttäuscht ist?

    • Vor 3 Jahren

      @Ed Force One:
      Och, also mir fallen ein paar Leute ein, die für andere Interpreten seichte, gefällige Lala geschrieben haben, aber in dem Augenblick, da ihr eigener Name auf dem Cover stand, haben sie sehr viel persönlichere, experimentellere oder schlicht übergeschnapptere Sachen interpretiert, die sonst in der Schublade verkommen wären (hey, Edith Jeske "Liebe ist schneller als Rührei") oder die sie schlicht anderen Menschen nicht in den Mund legen wollten. Wenn einer, der selbst Musik macht, auch für andere Leute aktiv ist, kann man schon erwarten, daß er vielleicht den einen oder anderen Schlag Sahne für sich selbst aufhebt und nicht nur die Sachen, die sonst alle abgelehnt haben.

      Kann man nicht einem Künstler eine kompetente Stimme, musikalisches Talent und ein Händchen für Hits bescheinigen, ohne gleich Fan von ihm zu sein? Mark Medlock hatte auch eine kompetente Stimme, musikalisches Talent und Hits. Daß er während seiner gesamten Laufbahn konsequent die größte Scheiße seit Etablierung des Pferdeapfels gesungen hat, war wenigstens zu Beginn seiner Karriere nicht seine Schuld.
      Gruß
      Skywise

    • Vor 3 Jahren

      "Im Grundsatz wird kritisiert, dass Santos glattgebügelten Klischeepop für den Massengeschmack abliefert - als hätte er jemals etwas anderes gemacht!"

      Man soll also irgendwas nicht beschissen finden dürfen, nur weil's schon immer beschissen war?

    • Vor 3 Jahren

      @Skywise
      Vollkommen richtig, man kann einem Künstler Talent etc. bescheinigen, ohne gleich Fan von ihm zu sein. Das 'verkappter Fan-sein' war auch eher mit Augenzwinkern gemeint.

      Ich denke dennoch, Stefan Mertlik hat es sich mit der pauschalen Abstrafung für massentaugliche Musik zu einfach gemacht. Zumal Santos noch nicht viel anderes gemacht hat, selbst für andere Künstler. Wie viel Sahne er da hätte aufheben konnte, die nicht in diese Richtung geht, weiß ich nicht. Da hängt viel mit der eigenen Erwartungshaltung zusammen. Da hatte Mertlik vielleicht mehr als ich.

      Santos kannte ich bis vor Kurzem auch gar nicht, ich habe ihn dann auf Mallorca in 'nem kleinen Club getroffen. Da setzte er sich spontan ans Klavier und sang dazu, eigenes Zeugs, Coverversionen, usw. Talent hat der schon, das schreibt ja Stefan Mertlik auch.