laut.de-Kritik
Konservative Schlager-Vorstellung auf Groschenroman-Niveau.
Review von Eberhard DoblerVersucht mancher im Schlager-Zirkus einen Fuß auf den Dancefloor zu bekommen oder macht gleich auf Selbst-Verarsche, versorgt Nino de Angelo die einsamen Herzen Teutoniens noch immer mit konservativem Nachschub. Insofern kam sein Antreten beim diesjährigen Grand Prix-Vorausscheid, der unter dem Motto "back to the roots" stehen sollte, gerade richtig. Durchgefallen ist Nino trotzdem.
Kein Wunder, hört man die ersten fünf Songs seines mittlerweile 15. Albums. Mit den ersten Klängen baut sich vor dem inneren Auge die debile Bistro-Kulisse der Super RTL-Schlagerparade auf: Vollplayback, Akustik-Gitarrero auf Barhocker und schnauzbärtiger Drummer, der sein Flippers-Elektropad streichelt. "Manchmal weiß ich nicht, was ich tu'" singt Nino beim Opener, einem Cover des Country-Songs "Amazed", und kann damit nur die lächerliche Stampf-Bassdrum meinen, mit der er den Song unterlegt. Ansonsten dominieren Keyboards, Streichersätze, Akustikgitarre, Klavier und vor allem nervtötend seichte Schlagzeug-Sounds. Als waschechter Italiener verbreitet Nino zudem südländisches Flair.
Beim Grand Prix-Beitrag "Wenn Du Lachst" legt der Auto-Narr gar in bester Engler-Manier los. Bei "Donde Vas" und der Textzeile "Und ihr hauchdünnes Kleid wurde so transparent, als wär' es nicht mehr da" bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Nino, der im stylishen Booklet einen auf Eros Ramazzotti macht, mag ein erfahrener Schlager-Dino sein, über Groschenroman-Niveau kommt das aber nicht hinaus. Solche Ergüsse sind nichts weiter als die üblichen leeren Worthülsen, die Emotionen vorgaukeln.
Für "Ich mach' meine Augen zu (Everytime)" wird dann Dauer-Krächzer Chris Norman ("Midnight Lady") reanimiert. Tatsächlich finden sich hier die ersten erträglichen Melodien. "Der Goldene Reiter", "Solang Es Uns Gibt" und auch "Ich Denk' An Dich" sind gut arrangierte Pop-Stücke, die teilweise sogar mit Elektro-Einsprängseln aufwarten. Textlich gibt sich Nino hier nachdenklich und kritisch, um kurz darauf mit der Billig-Tanznummer "Sarah" (Zitat: "Ich geh' ab wie 'ne Rakete") wieder alles ins rechte Licht zu rücken.
1 Kommentar
Ich finde dieses Album großartig. Klanglich ist es wahnsinnig gut produziert. Da können einige One Hit Wonders aus des Charts sicher nicht mithalten. Seine Stimme ist gigantisch und dieser Stil passt meiner Meinung nach ganz gut zu ihm. Okay manchmal sind die Texte etwas seicht...aber trotzdem finde ich das Album toll