laut.de-Kritik

Ein treibender Fluss der Neugierde.

Review von

Nneka-Alben haben die Angewohnheit, wild in alle Ecken der Musik aufzubrechen. Das 2015 veröffentlichte "My Fairy Tales" stellte eine Ausnahme da. Ein kurzes, in sich geschlossenes Werk, das sich auf Reggae, Afrobeat und Roots Music konzentrierte. Sieben Jahre später öffnet die in Hamburg residierende nigerianische Musikerin auf "Love Supreme" wieder alle Schleusen. Der Ansatz fällt wieder weit elektronischer aus. Ein experimenteller Grundgedanke durchzieht einen Longplayer voller Neo-Soul, Elektro, Reggae, Afrobeats, Hip Hop und Jazz.

Für das nach Alice (!) Coltranes "A Love Supreme" benannte, während der Pandemie entstandene Album geht Nneka auf eine spirituelle Reise. Sie blickt in sich selbst, auf ihren Glauben, ihre Träume, ihre Traumata. "Es ging um Selbstreflexion und darum, zu sehen, wie die eigene innere Welt mit der da draußen verbunden ist. Ich will mich nicht mehr als 'Victim of Truth' sehen, denn ich bin kein Opfer. Eher bin ich die Täterin. Oder auch beides, das könnte auch sein. Und das ist okay so: Ich bewerte und verurteile mich nicht, ich habe Mitgefühl", erklärt sie. Die Beobachtungen verpackt sie in anmutige und verstrickte Tracks, deren verbindendes Element letztendlich ihre Stimme darstellt, die man aus 10.000 heraus hören würde.

Fehlte der ihr so oft zur Seite stehende DJ Farhot auf "My Fairy Tales" noch, kehrt er für "Love Supreme" zurück. Zusammen nutzen sie jede Eigenständigkeit, die Kontrolle über die eigene Arbeit, die ihnen das Indie-Label Bushqueen bietet. Wie schon auf den ersten, oft ausufernden Longplayern führt das aber auch dazu, dass gelegentlich der Fokus verloren geht. Diesen holt Nneka aber durch ihr Songwriting und ihre angenehmen Melodien oft zurück.

"30 days have September / April, June and November / All the rest have 31 / And I am looking for you" eröffnet sie das minimalistische Titelstück und man darf sich schon mal kurz fragen, wo denn nun der vermaledeite Februar, in dem sie "Love Supreme" schließlich veröffentlicht, nun abgeblieben ist. Was hat er ihr nur getan?

Das stimmungsvolle Lied selbst bleibt ganz Rhythmus, über den ein vibrierender Synthesizer klagt. Den Rest füllt ihre Stimme, ihre Unsicherheit über die gegenwärtige Weltlage und ihr Vertrauen in die Liebe. Mag sie nun die Beziehung, die Familie oder den Glauben (aber nicht den Februar) betreffen.

Das energiegefüllte "Maya" führt mit leichtem elektronischen Ansatz und Flöten zurück zu ihren besten Reggae-Momenten. "Yahweh" stellt ein blutiges Autotune-Massaker dar, während das vor Optimums strahlende und mit Streichern protzende "This Life" eher klassisch auftritt. Der Trip Hop-Song "About Guilt" handelt von Schuld und die Freiheit, die uns erst die Vergebung zurück geben kann.

Über ein wirkliches Highlight verfügt "Love Supreme" nicht. Viel mehr bleibt es ein treibender Fluss der Neugierde. Ein pulsierendes, spannendes Album, das trotz der ein oder anderen Länge immer wieder zurück in die Spur findet.

Trackliste

  1. 1. With You
  2. 2. Love Supreme
  3. 3. Tea?
  4. 4. Yahweh
  5. 5. This Life
  6. 6. About Guilt
  7. 7. Space
  8. 8. God's Love
  9. 9. Yansh
  10. 10. Walk Away
  11. 11. Maya
  12. 12. Buckle Up
  13. 13. Sea

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