laut.de-Biographie
No Underground
Robert Defcon und Fels machen manchmal komische Sachen. Sie versteigern die Urne mit der toten Oma von Robert darin oder geben im Berliner Club Maria bis zu achtstündige Konzerte im Sitzen. Doch das müssen sie tun, denn die beiden verstehen sich als Konzeptkünstler. Musik machen sie auch. Unter dem Namen No Underground haben sie im Mai 2001 ihr zweites Album veröffentlicht. "Wir sind härter als Rammstein und klüger als Stuckrad-Barre", sagen sie. Klar, dass es sich bei "Burn My Body" um ein Konzeptalbum handelt.
Ironie, Ernsthaftigkeit und Wahnsinn sind zentrale Begriffe ihrer Gesamtperformance. Oft haben die beiden zusätzlich auch noch lustige Anziehsachen an. Trainingsanzüge zum Beispiel, wie sie bei den Fußball-Weltmeisterschaften 1974 und 1978 oft zu sehen waren – dazu Anzüge und Sonnenbrillen, die ebenfalls aus andren Jahrtausenden stammen. Besonders Robert Defcon wäre gerne eine schillernde Kunstfigur. Darum versucht er manchmal philosophische Sachen zu sagen: "Mein Tot ist mein Sieg" beispielsweise, oder dass man "Obszönität in der Öffentlichkeit zu legitimieren und zu legalisieren" versuche.
Wer das Popkultur-Standartwerk "Mainstream der Minderheiten" von Mark Terkessidis und Tom Holert seit 1996 immer noch nicht gelesen hat, kann sich mit No Underground beschäftigen. Die Aussage ist eine ähnliche. Der Mainstream hat sich in Minderheiten organisiert, die Trennschärfe zwischen Underground und Mainstream ist weg. Diese Erkenntnis scheint die beiden nachhaltig zu erschüttern, darum finden sie es wichtig, Begriffspaare zu vertauschen. Ihr Bandname No Underground ist somit programmatisches Grundmotiv ihres künstlerisch-philosophischen Schaffens.
Robert Defcon schreibt zu Beginn des Jahrhunderts an einem Essey zum Thema Pornostaat. Und aus dem Umfeld erfahren wir, was der Denker uns damit sagen will: "Pornostaat bedeutet in der hochkontextualisierten Welt Defcons die Beschäftigung mit der Frage, wie sehr Underground und Mainstream in der urbanen, westlichen Welt verschmelzen, bzw. bereits eine Symbiose eingegangen sind". Die Menschheit wartet auf ähnlich gehaltvolle Gedanken. Weiß sie doch, dass sie bei Robert Defcon nicht enttäuscht wird – bereits im ersten Album "Free Transform" gelang Defcon in Anspielung auf "Mein Kampf" mit dem Essay "Mein Sieg" eine beeindruckendes Wortspiel.
Irgendwie weiß man nicht genau, was No Underground genau wollen. Was sie fordern, gibt es eigentlich schon längst, und was sie glauben, der Welt mitteilen zu müssen, weiß der Teil der Welt, der sich dafür interessiert, eigentlich auch schon lange. Aber da Robert Defcon und Fels aus Berlin kommen, wo man bekanntlich die Definitionsmacht auf "wichtig" wähnt, auch wenn Sachen anderswo bereits jahrelang Spinnweben tragen, kann man das auch originell finden. Muss man aber nicht.
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