laut.de-Kritik
Süße Pop-Melancholie in beeindruckender Qualität.
Review von Michael SchuhSieht ganz so aus, als dürfen wir nach den glorreichen Slut nun Nova International den Lorbeerkranz für uneingeschränkt fachmännisches Umgehen mit dem schwierigen Gut namens Pop-Melancholie umhängen. Ist man von deutschen Bands ja eher nicht gewöhnt. Wobei das Nova-Oeuvre durch den massiven Einsatz von Old School-Synthiesounds weitaus poporientierter daher kommt als bei den Kollegen aus Ingolstadt.
Dazu gesellt sich eine auf schrilles Kiddie-Styling getrimmte Album-Ästhetik in weiß-rosa, die sich musikalisch in schluffig-süßen Haribo-Melodiebögen widerspiegelt ("Star", "Dance In Berlin"). Die Qualität ist dennoch beeindruckend: Zu keiner Sekunde meint man es hier mit einer Augsburger Newcomer-Combo zu tun zu haben, was einerseits dem englischen Produzenten Phil Vinall zuzuschreiben ist, der die Bands Elastica und Placebo (ja, hört man!) in seinem Lebenslauf anführt.
Besondere Erwähnung verdient das variationsreiche Organ Michael Kamms, das auch in luftigsten Höhen eine gute Figur abgibt, nachzuhören im Opener, der aktuellen Single "Favourite Girl", oder dem romantischen "Home Alone". Was das Quartett auf der letztjährigen "Kill Your Stereo"-EP schon andeutete, übertragen sie mühelos auf Albumlänge: Nur ein Ausrutscher unter elf Songs - Respekt! "Dance In Berlin" ist in seiner Xylophon geschwängerten Schlager-Affinität aber doch zuviel der Niedlichkeit. Die Angst vor einem Gesangseinsatz von Jürgen Drews ist hier immanent.
Die Hitmaschine läuft dennoch auf Hochtouren: "Star", "24" und "Drummachine", von einer solchen Single-Auswahl träumt jeder Label-A&R. Schon der aus FM4 und Fernsehen bekannte Single-Knaller "One Decision" verdeutlichte, dass Computer-Tüftelei und Gitarren-Bratz bei den Novas hervorragend harmonieren. Dabei weist der Song noch die geringste Halbwertszeit auf.
Dagegen erinnert "Bond Girl" galant an die großen Pavement in ihren ruhigen Momenten und in "24" steckt sicher auch ein kleiner Brian Molko. Ein Lächeln kann man sich anhand Textzeilen wie "blond girl, you are my bond girl" zwar nicht verkneifen, insgesamt kommt das aber alles symphatisch und rund rüber. Und wie singt Kamm an anderer Stelle: "I wanna be a star right now, I wanna drive a pink fat cadillac". Das mit dem Cadillac klappt auch noch, Jungs.
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