laut.de-Kritik
Beglückendes Zusammenspiel des Gestern & Heute.
Review von Artur SchulzNach Soft Cell und The Human League klopfen nun nach rund 14 Jahren auch OMD an die Tür, im Gepäck die Erinnerung an eine große Handvoll Hits mit Klassiker-Status.
Andy McCluskey hängt im Vorfeld die Erwartungs-Latte in hohe Bereiche. Seine Meinung zu "History Of Modern": "Es ist das beste OMD-Album seit "Architecture And Morality" und wenige werden dem widersprechen." Klar: Lautes Getrommel gehört zu jeder Veröffentlichung. Im Falle von OMD 2010 ohne Frage mit berechtigten Ansprüchen, denn die insgesamt 13 Tracks halten reizvolle Streifzüge durchs Gestern im Sound von heute bereit.
Mit "New Babies: New Toys" glückt ein höchst gelungener Start. Das Arsenal ist gut bestückt: Scratches, frostige Elektro-Licks im Duell mit aufmüpfiger E-Gitarre, zusammengehalten von nach den Sternen greifenden Synthie-Flächen. Dazu Druck, Tempo, und Andys unverwechselbare Stimme. Das klingt vertraut, das klingt gut, und vor allem absolut frisch.
"If You Want It" dreht die Drive-Oktanzahl kräftig herunter, stellt dafür stärker hymnische Elemente in den Vordergrund. Welcome Back In The Eighties - aber den Besseren. Großen Anteil daran besitzt die Produktionsarbeit von Mike Crossey (Arctic Monkeys, Razorlight), der OMD nie in ihr vertrautes Umfeld hinein redet, und dennoch überflüssigem Pomp und Schlonz erst gar keine Chance gibt.
Wo sich in alten Tagen andere Kollegen sehr auf technisch-sterile Kühle konzentrierten, tauchten McCluskey/Humphreys von Beginn an viele ihrer Songs in wärmenden Pop. Übergaben Kraftwerk das Kommando einst an "Die Roboter", vertrauten OMD lieber der menschlicheren "Maid Of Orleans". Selbst nach Ende der kreativen Ära glückten mit "Pandora's Box" und der Barry-White-Verbeugung "Dream Of Me" höchst schmackhafte Spätwerke. Wahrscheinlich hätte es A-ha ohne OMD gar nicht gegeben.
Die "History Of Modern (Part I)" punktet mit straighten Beats. Jeder Alt-und Neu-Fan wird "Sister Mary Says" lieben, diesen famosen, gloriosen und wunderschönen Bastard aus "Enola Gay" und "Pandora's Box". Ursprünglich in den Achtzigern komponiert und unverdienterweise in der Schublade gelandet, erblickt der Song nun endlich das Licht der Welt. "Green" lockt mit Ohrwurm-Refrain.
Der Einsatz weiblicher Gaststimmen zeitigt süffige Ergebnisse, angesiedelt irgendwo zwischen Schiller-Lieblichkeit und Malcolm MacLarens lüsterner "Madame Butterfly" ("Sometimes", "Sister Mary Says"). Kitsch wandelt sich bekanntlich immer dann in satte Goutierbarkeit, wenn er richtig gut ist. Wie das geht, wissen OMD nicht erst seit der "Maid" ganz genau. Gerade im Verbund mit Songs, die ein gänzlich anderes Ambiente aufweisen, macht diese unverkrampfte Herangehensweise richtig Spaß.
Für Text-Zeilen wie "I loved you, when I found you / I loved you like a song" ("RFWK") würde ein unschuldiger Mr. Garvey von Reamonn an dieser Stelle kräftig Haue beziehen. Doch aus Andys Munde? So bigott können Rezensenten sein.
Derartige Lyrics-Unfälle machen OMD mit einem umso intelligenter konzipierten Sound-Outfit mehr als wett. Auch dank des mit effektvollen Echohall-Trippelschritten unterlegten "New Holy Ground". "The Future, The Past, And Forever After" ist ein detailreich inszeniertes Epos, das aus deutlich dunkel gehaltenen Basis-Elementen seine besondere Spannung und Überzeugungskraft schöpft.
3 Kommentare
und wo haben sie die 2 fehlenden Punkte verspielt? Eine Rezension wie ein OMD-Album und dann nur 3 Punkte.
@la-ge (« und wo haben sie die 2 fehlenden Punkte verspielt? Eine Rezension wie ein OMD-Album und dann nur 3 Punkte. »):
Genau, wenn man das liest könnte man fast von 5 Punkten ausgehen. Tatsächlich sind es nur 3 Punkte, da fehlt mir dann doch die Entsprechung im Text - oder ist das Album so dolle dann doch nicht?
Für Textzeilen wie " [...] I loved you like a song" würde manch einer kräftig Haue beziehen mag stimmen. Deshalb singt Andy McKluskey ja auch nicht so einen Quatsch sondern: I loved you like a son .... und dafür würde ich niemanden hauen wollen.