laut.de-Kritik
Nur Sympathie und Rap-Talent verhindern einen Totalausfall.
Review von Dominik LippeOlexesh gehört hierzulande zu den versiertesten Rappern. Im vergangenen Jahr präsentierte er mit "Rolexesh" noch ein technisch anspruchsvolles und musikalisch auf ihn zugeschnittenes Werk. Nun geht er mit "Augen Husky" den Weg des Mert und beschreibt sich einleitend: "Täterprofil: Boxerschnitt." Wie an anderer Stelle bereits dargelegt, korrespondiert die "simpelste und unauffälligste Frisur" mit dem "Wunsch nach Uniformität" in der Musik. Für den Darmstädter bedeutet das, sich stilistisch so nah wie möglich an den globalen Trend der lateinamerikanischen Musik heran zu robben.
Zu den von Reggaeton und Latin Trap beeinflussten Instrumentals trägt Olexesh seine leicht modifizierten Vocal-Spuren als steten Singsang vor. Auffällig bemüht er sich nicht, eine deutsche Entsprechung zu finden, sondern kopiert einfach den weltweit erfolgreichen Stil. Das schlägt sich selbst auf der Wortebene nieder. So versucht er mit dem Gerede vom "Barrio" einen spanischsprachigen Bezug herzustellen. Und während in "Donkey Kong" die "Chucha" mit Olexesh tanzen möchte, schnappt sich Krime gleich mehrere "kurvige Latinas".
Entsprechend gering fällt die Bedeutung der Texte insgesamt aus. In "Ouh Mädchen" fällt der Rapper gleich ganz auf eine frühere sprachliche Entwicklungsstufe zurück: "Mädchen scharf, Mädchen gut, Mädchen baba Beine." Nach der Kollaboration "Look Back At It Remix" tritt A Boogie Wit Da Hoodie auf dem Song zum Gegenbesuch an. Auch der Absolvent der XXL-Freshman Class 2017 begnügt sich mit Dienst nach Vorschrift und füllt kurzerhand einen halben Sechszehner mit der immer gleichen Zeile: "You can get what you want, yeah, yeah, yeah."
Der aus dem Umfeld von Jeyz und Azad bekannte Calo hält sich mit einem leidenschaftlichen Refrain auf "Feuer" für seine Verhältnisse noch zurück. Olexesh erzählt dazu die Geschichte einer feurigen Bekanntschaft, die ihn mit der Mentalität einer Spielerfrau umgarnt: "Sie steht auf Louis und den Scheiß. Doch ich bin aus'm Ghetto, meine Weste ist nicht weiß. Sie wird traurig, wenn ich sage, sie bekommt's vielleicht. Ich muss schon 'ja' sagen, für sie sind Rapper reich." Sorgenvoll richtet sich schließlich der Blick auf das Konto: "Wie soll ich ihr jetzt sagen, dass' für'n Haus nicht mehr reicht?"
"Bitte, schau nicht so verliebt, Benzer, Benzer", versucht der Darmstädter in "Merri" mit Unterstützung seiner Flügelmänner Azzi Memo und Zack Ink die Aufmerksamkeit einer weiteren Chaya auf sich zu lenken. Doch die objektophile Dame lässt sich nicht beirren: "Sie ist immer so verliebt in den Benzer." Olexesh hat einfach kein Glück. Doch zumindest auf Freunde bleibt Verlass. Seinem weiblichen "Best Friend" – selbstredend mit Benefits – huldigt er gleich in einem ganzen Song: "Für immer Best Friend, schreib' es an die Wände. Wir machen kurz am Rastplatz Sex."
Wenn der 385idéal-Rapper nicht so ein grundsympathischer Charakter wäre, der wie in "Lass Sie Grinden" auch eine selbstironische Seite an den Tag legt ("Wer macht jetzt das Essen für mich warm? Meine Chaya ist nicht da, nichts zu beißen"), ließe sich nur lyrische Arbeitsverweigerung attestieren. Zu viele Verse wirken so, als seien sie unter Sauerstoffentzug auf Papier gebracht worden zu sein. "Voll auf Schweisis, zu riskant, G, immer Straße. Sieh nur, die Bullen, sie warten, ich hass' es", haucht er zum Beispiel die kryptische Hook von "Schweisis".
"Wen juckt das, wenn du Flous machst?", fragt Labelchef Celo in "Benzin". Doch welcher Sinn liegt sonst darin, das eigene Profil zugunsten der Anbiederung an aktuelle Strömungen aufzugeben? Einen glaubwürdigeren Eindruck hinterlässt da Nimo, der schon im eröffnenden Titelsong die Prioritäten ordnet: "Mama, ich schwör', du wirst nie mehr broke sein. Meine Nichte und mein Bruder werden niemals broke sein." Olexesh verhindert unterdessen lediglich dank seiner immensen Rap-Fähigkeiten einen Totalausfall.
8 Kommentare mit 4 Antworten
Schlimmstes Cover/Titel seit...Bratans aus Favelas?
Zu viele Alben mit zu vielen Songs dazu zero Inhalt +komisches Weltbild +grauenhafter Geschmack in Sachen Covergestaltung lassen mich weit Abstand nehmen/ da hat jemand seinen Zenit schon überschritten und merkt es nicht
Musik für Sodhahn. 1/5
Werde mir nach den Singles das Album nicht anhören. Ist glaube ich besser so. Schade um den Mann. Hat er doch bisher vor allem von seinen Skills und seinem Style gelebt. Und von geilen Kopfnicker Beats.
Fürchterliches Album. Keine andere Wahl: 1/5.
das klingt halt 1zu1 nach CB6