Porträt

laut.de-Biographie

Orange Blue

"Diese Musik ist unser Leben", lassen Volcan Baydar (Gesang) und Vince Bahrdt (Piano, Drums) über ihre Songs des Debutalbums "In Love With A Dream" wissen. Schön. Damit haben sie vielen ambitionierten Jungmusikern etwas voraus, nämlich das Glück, mit ihrem Lieblingshobby einen Plattenvertrag ergattert zu haben. Doch auch die beiden Herren mussten dafür acht Jahre lang kämpfen.

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1992 finden sie in einer Hamburger Band zusammen, nachdem der eine schon in jungen Jahren eifrig Pianoballaden komponierte und der andere in Piano und Schlagzeug geschult wurde. Bald emanzipiert man sich von den Kollegen und startet das Projekt Orange Blue, dessen nominelle Farbdialektik die Gefühle symbolisieren soll, die durch die Songs transportiert werden: orange als Optimismus ausstrahlender Hellton, blau im Sinne des englischen "blue" als Assoziation mit melancholischer Traurigkeit.

Doch genug der Tiefgründigkeiten. Die Liebe des Duos zu ihren Songs bleibt von Plattenfirmenseite gänzlich unerwidert, so dass sich Sänger Volcan für drei Monate nach New York verzieht, um seine intimsten Gefühle am Barpiano in die rauhe Geräuschkulisse schummriger Nachtlokale hinein zu schreien. Derart gestärkt kehrt er wieder zu Vince zurück und mit den Produzenten von Nautilus Music geraten sie an Musikbiz-Profis, die der Orange Blue'schen Piano-Soulvariante eines Joshua Kadison so einiges abgewinnen können.

Heute sonnen sich Orange Blue bereits im Glanz ihrer Erfolge: die Single "She's Got That Light" enterte die deutschen Charts auf Platz 7, was gleichzeitig dem darauf gefolgten Debutalbum die nötige Schubkraft verpasste. Mit ihrer zweiten Single "Can Somebody Tell Me Who I Am" verschaffen sich Orange Blue gar als erster deutscher Act Zutritt zu einem Walt Disney-Soundtrack ("Dinosaurs"). Zusätzlich dürfen Volcan und Vince mit ihrer Ladung Schmusepop im Herbst 2000 das Vorprogramm von Italiens Herzschmerz-Barden Nek bestreiten, ein kleiner Ritterschlag.

Wer sich fragt, wie Orange Blue wohl in etwas härterem Gewand klingen würden, sollte ihr Album "In Love With A Dream" einmal am Stück durchhören. Denn ganz am Schluss gibt's eine satte Portion Rock, die sich nicht im Hidden Track hätte verstecken müssen. Herr Kravitz lässt grüßen!

Mit jenen Musikbiz-Profis, die Orange Blue einst zu Beginn des Jahrzehnts so allgegenwärtig populär gemacht haben, gerät die Band schließlich aber in einen Zwist, der allerdings medial keinen großen Widerhall findet. Schon länger haben sie sich bei ihrem Produzententeam nicht mehr aufgehoben gefühlt und trennen sich von ihrer angestammten Plattenfima, Management, Tourneeveranstalter in der hehren Hoffnung, künftig eigene Entscheidungen treffen zu können. Das daraus 2004 entstandene "Panta Rhei" schlägt sich nicht wirklich bis zum gemeinen Chartshörerohr durch, Orange Blue erklären es sich mit einer "noch nicht synchronisierten Infrastruktur vom Studio zum Publikum".

Orange Blue - White | Weiss
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Vorsichtige Blicke an die Öffentlichkeit gelinen der Band nur beim Bundesvision-Songcontest 2005 und bei einer Tournee mit Altsäusler Lionel Richie. Ohne den Druck, einem "Supererfolg hinterherhecheln" zu müssen, probieren sich die beiden Herren noch einmal neu aus und schreiben ihre Songs in eine (zumindest mental) chartlose Freiheit hinein. Im März 2007 resultiert diese Phase endlich im Album "Superstar". Immer noch bieten Orange Blue Balladen nach alter Glattschmuse-Manier, doch in manchen Songs kann man tatsächlich eine freiere, nicht mehr ganz so kantenlos polierte Oberfläche erahnen.

Parallel schlägt Vince Solopfade ein und veröffentlicht auf seinem eigenen Label Murdersound Records die beiden Alben "Mordballaden" und "Tief", 2012 folgt die Single "Echt". Auch Duette, etwa mit Ben Becker, der später bei Orange Blue wieder auftaucht, finden sich. Auf dem nur kurze Zeit aktiven Indie-Soul-Label Go Jimmee Records! veröffentlicht Volkan zudem unter seinem Klarnamen, Volkan Baydar die EP "Soul Intonation" (2012). Danach wird es recht still um die Musiker.

Vince arbeitet im Hintergrund für Lotto King Karl und Udo Lindenberg, komponiert Fernsehmusik und Auftragswerke. Volkan hatte dagegen lange das Gefühl, keine Auftragsarbeiten anzunehmen: "Also bin ich zum Geld verdienen Taxi gefahren", erzählt er dem Blog Conscious Creatives über die Anfangszeiten von Orange Blue: "Mein Leben ist also bis zu meinem 30. Lebensjahr davon gekennzeichnet, dass ich Dinge ausprobiert habe, ohne Ru?cksicht darauf, was mir Geld bringt oder was gut ist fu?r die Rente. Ich habe tatsa?chlich nur auf meine perso?nliche Entwicklung geachtet. Und irgendwann war es dann so, dass ich von der Musik leben konnte".

Später wechselt er doch in die Produzentenrolle, u.a. entsteht ein Song für eine Arztserie. Der Sänger verfolgt auch jahrelang ein Soul-Projekt mit dem befreundeten griechischen Komponisten und Trompeter Aristo Tziniolis. Volkans Song "Marry You" auf der Orange Blue-Comeback-CD "White | Weiss" (2020) handelt von seiner spät gefundenen Liebe zur Berliner Soul- und Funk-Sängerin Lisa Tilicke (Beyond The Lines). Auf der Platte restaurieren Vince und Volkan neben neuem Material ihre beiden alten Hits "Can Somebody Tell Me Who I Am" und "She's Got That Light".

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