laut.de-Kritik
Ben Stiller im Kino - Jack Johnson und José González im Ohr.
Review von Andrea TopinkaBen Stiller wagt sich mit seinem neuen Film "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" als Regisseur und Schauspieler an einen Klassiker heran: James Thurbers Kurzgeschichte diente bereits 1947 als Filmvorlage für "Das Doppelleben des Walter Mitty". Stiller liefert nun ein Remake.
Für Hauptfigur Walter Mitty verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie laufend, wenn er seinem ereignislosen Leben als Mitarbeiter im Fotoarchiv des Life!-Magazins und den Demütigungen seiner Kollegen entflieht, indem er sich actiongeladenen Visionen einer Parallelwelt hingibt. Als ein wichtiges Negativ nicht aufzufinden ist, begibt sich der Tagträumer auf der Suche nach dem Fotografen des verlorenen Bildes auf einen abenteuerlichen Trip.
Stiller zeigt sich so mal von einer ungewohnt melancholisch verträumten Seite, die einerseits durch teilweise sehr beeindruckende Landschaftsaufnahmen aus Grönland, Island und vom Himalaya entsteht. Zum anderen trägt auch der fein ausgewählte Soundtrack einen nicht unerheblichen Teil dieser ruhigen Grundstimmung.
Der schwedische Songwriter José González tritt dabei durch drei eigens für den Film komponierte Stücke als Triebfeder der Zusammenstellung auf. Mit Gitarre, Schlagzeug und Kinderchor entwickelt sich "Step Out" zu einem epischen Auftakt.
Der Übergang zu einer Hymne der Isländer von Of Monsters And Men ("Dirty Paws") gelingt so natürlich fließend. Egal, ob man deren überladenen Folk mag oder nicht und der Song einem dank seiner Verwendung im Trailer schon zum Hals raushängt: Gepaart mit Aufnahmen, die Ben Stiller auf einem Fahrrad durch eine isländische Landschaft reisend zeigen, verfehlt der Track seine Wirkung nicht. Eingebettet zwischen dem González-Opener und einem weiteren seiner Stücke, fügt sich das bestens ein.
Die Klavierballade "Stay Alive", die das stete Ticken einer Uhr begleitet, schrieb der US-amerikanische Songwriter Ryan Adams für José González. Nach den ersten Tracks geht es hier sehr reduziert und ruhig zu, dafür wirkt die zerbrechlich entrückte Stimme des Schweden umso mehr.
Die Lyrics passen auch bestens zum Filminhalt: "There's a rhythm in rush these days / Where the lights don't move and the colors don't fade / Leaves you empty with nothing but dreams". Die letzte neue Komposition trägt passenderweise den Titel "#9 Dream". Begleitet von zurückgelehntem, rhythmischem Gitarrenspiel und sanften Streichern steigt der Gesang eingehüllt in eine warme Klangwolke erneut in eine irreale Sphäre auf.
Neben den Solowerken steuert der Songwriter zudem zwei 2010er Tracks seiner Band Junip bei. Mit disharmonischem Einstieg und dumpfem Basslauf sticht "Far Away" unter den anderen, eher ruhigen Stücken hervor. "Don't Let It Pass" bringt dann Melancholie und Grübelei auf den Punkt.
Negativ fallen gleichwohl die Coverversionen auf und sorgen in der zweiten Hälfte des Soundtracks für einige Durchhänger in der ansonsten stimmigen Songabfolge. Dass Ben Stiller-Kumpel Jack Johnson den Klassiker "Escape (The Pina Colada Song)" auf gewohnt sonnig gelassene Art neu interpretiert, passt zwar. An "Don't You Want Me" von Human League schaffen es Bahamas feat. The Weather Station aber definitiv nicht heran, wenn sie es als reduzierte Folkballade vortragen. Und auch auf die Hipster-Synthie-Pop-Version, die Grace Mitchell von Hall & Oates' "Maneater" am Ende des Soundtracks abliefert, hätte man getrost verzichten können.
Einigermaßen gelungen ist etwas überraschend die karaokehafte Abwandlung von David Bowies "Space Oddity". Kristen Wiig, im Film zu sehen als Walter Mittys Traumfrau, übernimmt einige Parts des Titels mit schöner Stimme, während die übrigen Textzeilen im Originalton von Bowie bleiben. Die Filmszene dazu ist an Kitsch zwar kaum zu übertreffen, nett anzuhören, ist das Ganze dennoch.
Alles in allem wurde der Soundtrack von "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" eine runde, harmonische Sache, deren Höhepunkte ohne Frage die Beiträge von José González darstellen. Perfekt geeignet, um vielleicht selbst mal einen kleinen Ausflug in die Fantasiewelt zu wagen.
3 Kommentare
Ben Stiller und Jack Johnson in Kombination sind das tandemgewordene Wohnzimmer mit Ausblick auf die eigene Biederkeit.
Der gute José kann ja eigentlich gar nichts falsch machen. Der Rest lockt mich jetzt aber nicht gerade hinter'm Kamin hervor.
Schade, dass Wake Up von Arcade Fire fehlt. War doch irgendwie der zentrale Song im Film.