laut.de-Kritik

Eingängige Hooklines, hübsch eingebettet in karibisches Flair.

Review von

Schon lange nicht mehr auf Kuba ansässig, zählen die Orishas doch ohne Zweifel zu den musikalischen Aushängeschildern ihrer Heimat. Dass sie diesem Job auch aus dem selbstgewählten Exil ganz gut nachkommen, bewies zuletzt das Album "El Kilo", dem Kollege Engelen vollkommen zu Recht frischen Charme und ein insgesamt gereiftes Erscheinungsbild attestierte.

Ob nun nach gerade einmal drei Longplayern tatsächlich ein Best-of-Album nötig gewesen wäre, sei dahingestellt. Zumal dieses lediglich mit sparsamen zwei neuen Songs und einer bisher unveröffentlichten Nummer, die allerdings auch bereits aus dem Jahr 1999 stammt, aufwartet. Bahnbrechende neue Erkenntnisse liefert "Antidiotico" damit nicht, gestattet aber doch einen netten Überblick über die Entwicklung der Combo.

Immerhin: Für den Einstieg zieht man sofort eins der neuen Kaninchen aus dem Zylinder. "Hay Un Son" verschafft unmittelbar einen Eindruck davon, was die nächste Stunde zu bieten hat: Latin-Arrangements, basierend auf Gitarren und energiegeladenen Bläsern und unterlegt mit durchaus saftigen Beats. Dazu traditionelle Gesangseinlagen sowie Raps, die ordentlich vorgetragen werden, in der Gesamtheit der Kompositionen jedoch dennoch ein seltsam überschattetes (um nicht zu sagen missachtetes) Dasein fristen.

Weit mehr Gewicht als auf den zuweilen etwas gekünstelt wirkenden Hip Hop-Anleihen liegt auf eingängigen Hooklines, hübsch eingebettet in karibisches Flair. Das gefällt, für besonders spannend halte ich dieses Konzept jedoch nicht. Zumal sich mir permanent das Gefühl aufdrängt, mit einer sauber geleckten, schwiegermuttertauglichen Version der Delinquent Habits konfrontiert zu sein.

Die Assoziation muss wohl an der Sprache liegen - rational ist mir durchaus bewusst, dass zwischen Kuba und Mexiko die gleichen Welten liegen wie zwischen schicken Jungs in schnieken Anzügen und bis zum Hals tätowierten Irren. Bedauerlich, dass immer dann, wenn der Rap der Orishas mal etwas angepisster tönt und in meinen Ohren damit deutlich interessanter wird, umgehend ein versöhnlich gehaltener Chorus die Schärfe nimmt. So gehört in "Emigrantes", so gehört an vielerlei anderer Stelle. Schade um den verschenkten Biss.

Sei's drum: Angenehm gestaltet sich der Ausflug mit den Orishas in jedem Fall. Luftige Latino-Rhythmen in geradezu klassischer Instrumentierung bergen entsprechend gekonnt in Szene gesetzte Trompeten-, Posaunen- und Percussion-Einlagen. "5.3.7. Cuba" grüßt unüberhörbar in den Buena Vista Social Club, auf dessen Welle die Orishas schließlich nicht ganz erfolglos nach Europa ritten. Vor Heather Headleys Auftritt, der im Soundtrack zu "Havanna Nights" Verwendung fand, möchte man sich immer noch verneigen. "Represent Cuba": In dieser Form dürfte sich die Insel bestens vertreten fühlen.

"Silencio" erfreut mit einem eher übersichtlichen Aufbau, lässt aber doch nicht im Verborgenen, dass die Raps 1999 noch deutlich schwerfälliger über die Lippen gingen. 2001 erwies man sich in dieser Beziehung bereits als einen großen Schritt weiter: "Habana" erinnert stellenweise sogar ein wenig an Outkasts "Sorry Ms Jackson". Auf "El Kilo" hat sich der Wind dann schon gedreht: Neben einer Stippvisite in den Reggaeton ("Quien Te Dijo" mit Pitbull) führt der Titeltrack des letzten Albums vor, worauf das Gewicht lag: auf üppigen, warmen Popsongs.

Und 2007? Eine gedämpfte Trompete und die unvermeidliche Akustikgitarre eröffnen "Una Pagina Doblada". Die schleichenden, wesentlich versierter servierten Rap-Parts zeigen überdeutlich den Fortschritt. Am Strickmuster der Songs hat sich allerdings nichts geändert. Klar, warum auch auf ein anderes als das erprobte Siegerpferd setzen? Ein klein wenig feige ist das aber doch.

Trackliste

  1. 1. Hay Un Son
  2. 2. A lo Cubano
  3. 3. Elegante
  4. 4. Emigrante
  5. 5. 5.3.7. Cuba
  6. 6. Represent
  7. 7. Naci Orishas
  8. 8. ¿Que Pasa?
  9. 9. Silencio
  10. 10. Connexión
  11. 11. Habana
  12. 12. El Kilo
  13. 13. ¿Que Bola?
  14. 14. Quien Te Dijo
  15. 15. Una Pagina Doblada

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