laut.de-Kritik

Tolles Konzert in billiger Verpackung.

Review von

Meine Verehrung für den brummeligen piemontesischen Geschichtenerzähler geht förmlich durch die Decke. Seine Art zu singen, Lieder zu schreiben und diese live darzubieten, ist im Konzert-Zirkus einmalig. Wie Conte auf seinem Stuhl vor dem Piano verharrt, ins Mikrofon knurrt und auf seine ganz eigene Weise mit dem Publikum kommuniziert, hat etwas kaum Greifbares.

Lediglich ein paar Kopfnicker als Dankesbezeugungen wirft er dem Auditorium bei diesem - 1989 im Amsterdamer Theatre Royal Carré - aufgenommenen Konzert als Brotkrumen hin. Erst am Ende stellt sich Conte an den Bühnenrand und badet gelassen im Applaus der Menge, der von enthusiastisch bis hin zu frenetisch aufbraust. Standing Ovations verabschieden ihn in die Umkleidekabinen.

Verdient hat er sich den Beifall auf alle Fälle. So beeindruckt Conte mit einer abgespeckten Version von "Azzurro", die seinerzeit Adriano Celentano zu Weltruhm verhalf. Lediglich der Flügel begleitet seine locker dahin geworfenen Textinterpretationen und verwandelt den Schunkelsong in ein typisches Conte-Werk. Bald hetzend, dann wieder gemächlich und nur im Refrain von seiner Backing-Band gesanglich unterstützt.

Die Bildregie setzt die Aufnahmen gut in Szene, der Italiener tut sein Übriges, um das Konzert für die Anwesenden und die Menschen vor dem Fernseher zu einem unterhaltsamen Ereignis zu machen. Hochgeschwindigkeitsversionen seiner Hits "Dancing" und "Lo Zio" lassen die Performance kurzzeitig in etwas hektische Gefilde abdriften, eine herausragende Version von "Max" gleicht das jedoch wieder aus. Geradezu fantastisch steigern sich seine Musiker in ein packendes Finale, bei dem vier Akkordeon-Spieler für das Highlight sorgen.

Sorgt die Darbietung Contes und seiner MitstreiterInnen für glänzende Augen - die technische Ausstattung treibt einem höchstens Tränen der Wut ins Gesicht. Selten gab es eine derart lieblos zusammen geschusterte DVD. Das Cover hat überhaupt keinen Bezug zum aufgezeichneten Auftritt; das Bild wurde einfach von "Paolo Conte Live" übernommen. Die Menüführung bildet lediglich die Rückseite der Hülle ab, begleitende Erklärungen fehlen gänzlich, das Fragen nach Extras ist in etwa so unsinnig wie Marzipan nach Lübeck zu tragen. Der interessierte Conte-Jünger muss sich daher gründlich überlegen, ob er sich dieses schon fast unseriös anmutende Produkt seiner Sammlung einverleiben möchte.

Trackliste

  1. 1. Diavolo Rosso
  2. 2. Hesitation
  3. 3. La Ricostruzione
  4. 4. Del Mocambo
  5. 5. La Negra
  6. 6. Max
  7. 7. Sotto Le Stelle Del Jazz
  8. 8. Lo Zio
  9. 9. Jimmy Ballando
  10. 10. Via Con Me
  11. 11. Chiunque
  12. 12. Dancing
  13. 13. Gli Impermeabili
  14. 14. Azzurro

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Paolo Conte

Rechtsanwalt, Jazzer, Mann von Welt - Begriffe, die ohne weiteres auf Paolo Conte zutreffen. In seiner unnachahmlichen Art zu singen und zu musizieren, …

Noch keine Kommentare