laut.de-Kritik

Der US-Amerikaner kehrt zu seinen Trio-Ursprüngen zurück.

Review von

Pat Metheny trat zuletzt auf "Road To The Sun" als Komponist klassisch geprägter Musik in Erscheinung. Nun kehrt er mit "Side-Eye NYC (V1.IV)" zu seinen Trio-Ursprüngen zurück.

Die Side-Eye-Band dient dem 67-Jährigen dabei als Plattform für wechselnde Besetzungen von aufstrebenden Musikern aus der New Yorker Jazz-Szene. Der Side-Eye-Zusatz V1.IV gibt zu verstehen, dass es sich um die vierte Formation dieses Namens handelt. Für die ersten Ausgaben holte sich der US-Amerikaner neben dem Organisten, Pianisten und Keyboarder James Francies, der auch auf dieser Platte mit von der Partie ist, die Schlagzeuger Eric Harland (V1.I), Anwar Marshall (V1.II) und Nate Smith (V1.III) ins Boot. Auf "Side-Eye NYC (V1.IV)", das 2019 in der Sony Hall in New York unter Live-Bedingungen entstand, hört man nun Marcus Gilmore an den Drums.

In der Side-Eye-Formation V1.V, mit der Metheny nächstes Jahr auf Deutschland-Tournee geht, übernimmt Joe Dyson Gilmores Posten. Somit gibt der US-Amerikaner seinen jungen Mitstreitern die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, aber auch Einfluss auf seine Musik auszuüben - genauso, wie er es am Anfang seiner Karriere selbst erfahren durfte. Davon profitiert auch diese Liveaufnahme.

Mit "It Starts When We Disappear" beginnt das Album mit einem neuen Song des Saitenvirtuosen. Das Stück baut sich mit polyrhythmischen Schlagzeugsounds und zurückgenommenen Gitarren- und Tastentönen geduldig auf, beinhaltet in der Mitte ein langes Klavier-Solo und mündet schließlich in einer Improvisation Methenys, die gefühlvoller kaum sein könnte: Jazzrock as its best.

Ein paar Neueinspielungen von Metheny-Klassikern findet man auf der Scheibe auch. Vor allem "Bright Size Life" überzeugt mit zugleich kraftvollen wie komplexen Schlagzeugsounds, einfallsreichen Tasten-Tönen und gefühlvollen Improvisationen Methenys auf ganzer Linie und wirkt gegenüber dem Original aus dem gleichnamigen 1976er-Debüt des US-Amerikaners um Einiges lebendiger und frischer.

Eine Neueinspielung von Ornette Colemans "Turnaround" hat es ebenfalls auf die Platte geschafft. Die bietet mit einem herrlich swingenden Drum-Fundament sowie coolen Klavier- und Saiten-Klängen klassische Jazz-Kost vom Feinsten. Dazwischen befindet sich neben einer atmosphärischen Neuinterpretation von "Sirabhorn", das es in der ursprünglichen Version ebenso auf "Bright Size Life" zu hören gab, mit "Lodger" ein weiteres neues Stück. Das versprüht mit kraftvollen Schlagzeug- und weitläufigen Orgel-Tönen sowie rockiger Saiten-Arbeit eine Menge Pink Floyd-Flair.

Mit "Zenith Blue" bekommt man zum Schluss ebenfalls eine taufrische Nummer geboten. Die besitzt etwas äußerst Wildes und Spielfreudiges, wenn die Drums kraftvoll wirbeln und sich Metheny und Francies immer wieder mit ihren ausgelassenen Improvisationen im 70er-Jahre-Stil gegenseitig umgarnen. Jedenfalls hört man dem US-Amerikaner trotz aller Rückbesinnung auf seine musikalischen Wurzeln den kreativen Hunger nach frischen Impulsen deutlich an. Im Grunde genommen klang sein Spiel lange nicht mehr so präsent wie auf dieser Platte. Auf die bevorstehende Deutschland-Tournee kann man mehr als gespannt sein.

Trackliste

  1. 1. It Starts When We Disappear
  2. 2. Better Days Ahead
  3. 3. Timeline
  4. 4. Bright Size Life
  5. 5. Lodger
  6. 6. Sirabhorn
  7. 7. Turnaround
  8. 8. Zenith Blue

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1 Kommentar

  • Vor 2 Jahren

    Ich fand's immer witzig, dass er die Bezeichnung "smooth Jazz" hasst, obwohl die ziemlich viel seines outputs ganz gut beschreibt, nicht genre- aber stimmungsmäßig. Das ist für mich auch eine Stimmungsplatte, für entspannt nach der Arbeit nach Hause laufen oder den Sonntagsspaziergang. 3/5 und an einem sonnigen spätsommerabend 4/5