laut.de-Kritik
Bruce Springsteens Ehefrau erinnert sich an ihre Anfänge.
Review von Giuliano BenassiElf Jahre hat es nun gedauert, bis Patti Scialfa es geschafft hat, einen Urlaub von ihren Aufgaben als dreifache Mutter und Ehefrau Bruce Springsteens zu nehmen und ihr zweites Soloalbum in den Handel zu bringen. Das Ergebnis ist ein Rückblick auf das Ende der 70er Jahre in New York, als sie versuchte, ihre Karriere als Musikerin aufzubauen.
New York zu erzählen, ist ein Vorhaben, dem sich bekanntlich Lou Reed verschrieben hat. Es dürfte also kein Zufall sein, dass der Bass zu Beginn des zweiten Stücks "You Can't Go Back" eine Spur zu deutlich an "Walk On The Wild Side" erinnert. Eine Ähnlichkeit besteht auch in jenen Texten, die von Menschen und Stimmungen handeln. Etwa die Angestellten eines Diners in "Rose", die Faszination der Stadt in "My Auntie Mabel" und "Young In The City" oder das Scheitern in "State Of Grace" und "Chelsea Avenue".
Scialfa geht es jedoch weniger um die anderen, sondern vorrangig um sich selbst. "Wenn man einen Song schreibt, der auf einer Begebenheit aus der eigenen Vergangenheit basiert, ist das eine Möglichkeit, zurück zu blicken auf die Zeit, in der dein innerer Kompass 'eingenordet' wurde. Zu sehen, ob man immer noch auf Kurs ist, oder eine Korrektur nötig ist - das ist es, was mich interessiert", erklärt sie etwas umständlich in der offiziellen Pressemitteilung zum Album.
Zum inneren Kompass gehört natürlich auch ihre Ehe. "Once I watched you walk on water. Now I watch you walk across the room. I always thought we'd have forever, now these forevers go by too soon" singt sie recht deutlich in "Young In The City". "Beziehungen sind nicht immer einfach. Am Anfang himmelt man den Partner an, schiebt ihm Eigenschaften zu, die er nicht hat. Irgendwann folgt die Ernüchterung ... Man lernt den Partner so kennen, wie er ist. Ich singe 'Ich liebe dich trotz deiner Fehler. Ich nehme dich so, wie du bist. Du brauchst nicht mehr über Wasser zu laufen'. Das ist nicht zufällig der letzte Song auf diesem Album. Er zeigt den gegenwärtigen Stand der Entwicklung an", erklärt sie diesbezüglich in einem Interview.
Ob diese Entwicklung gut oder schlecht ist, lässt sie offen. Fest steht, dass Springsteen lediglich auf drei Stücken ("You Can't Go Back", "Rose" und "Love (Stand Up)") E-Gitarre und "Electronic Keyboards" (gibt es auch welche, die mit Dampf funktionieren?) einen Beitrag leistet. Zwar steht ihr mit Nils Lofgren ein Mitglied der E Street Band zur Seite, das Ergebnis hat aber wenig mit dem Stil ihres Mannes zu tun und bewegt sich eher zwischen Pop und Country mit gelegentlichen Rock-Einlagen. 'Zeitlos' lautet eine neutrale Etikette dafür, 'belanglos' eine treffendere. Das ist eher verwunderlich, denn Produzent Steve Jordan machte als musikalischer Verantwortlicher der Filmreihe "Martin Scorsese Presents The Blues" durchaus positiv auf sich aufmerksam.
Bekannte Namen, eine Entstehungsgeschichte, die zehn Jahre zurück reicht, und Texte, die lesbar und interessant ausgefallen sind - so die drei positiven Eigenschaften von "23rd Street Lullaby". Schade nur, dass das Album trotz Scialfas angenehm rauher Stimme musikalisch wenig zu bieten hat.
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