laut.de-Kritik

Akustische Streicheleinheiten zwischen Folk und Chanson.

Review von

Die häufig vorwendete Kategorisierung "Folk Noir" wird der Musik des britischen Singer/Songwriters Paul Armfield nur unzureichend gerecht. Bei aller Besinnlichkeit und sparsamer Instrumentierung sind diese Kleinode weder lyrisch in schwarze Farben getaucht, noch führen sie musikalisch in finstere Abgründe. Vielmehr lassen sie sich als akustische Streicheleinheiten verstehen, die der bärtige Liedermacher und Geschäftsführer eines Buchladens mit seiner unwiderstehlich sanften, sonoren Stimme krönt.

Seine Leidenschaft für den französischen Chanson und europäischen Jazz hat er bereits auf seinen beiden Vorgängeralben offenbart, mit diesem Werk begibt er sich außerdem auf die Spuren zeitloser Songwriter wie Nick Drake, Tim Hardin und Leonard Cohen. Die atmosphärische Nähe zu Lambchop mag sich durch eine gemeinsame Tour mit den Mannen um Kurt Wagner erklären, der stille Kammerfolk-Charakter der Tindersticks aufgrund der Zusammenarbeit mit dessen einstigem Arrangeur Dickon Hinchliffe.

Bei allen Referenzen kreiert dieser Mann seinen ureigenen meditativen Folk-Kosmos und koppelt ähnlich wie der Schotte James Yorkston seine Vorliebe für den Folk der Sechziger an sein individuelles, intimes Verständnis vom zeitgenössischen Art-Folk.

Die große Geste bennötigen seine Lieder nicht, um so zu klingen wie fallendes Herbstlaub unter blauem Himmel aussieht. Die gezupfte oder geschlagenen Akustische führt in die Songs ein. Hier dezent angereichert mit countryesken Slide Guitar-Einlagen und weicher Perkussion ("Only One"), da garniert mit tiefem Kontrabass-Arrangement ("Dance Of The Young Lovers"), Flötenspiel ("What Every Mother Fears") oder perlenden Klavierlinien ("What Would Susan Do?"). Die wunderbaren wie unaufdringlichen Melodien nehmen sich die Zeit, die sie eben brauchen, um all ihre Intimität zu entfalten und den Hörer mit behutsamen Crescendi zu umarmen.

Der Kohärenz des Albums kann auch der Einsatz der E-Gitarre ("Who Do The Think They Are?") und des markanten Schlagzeugs die trübe Klangfläche am Ende des walzergeschüttelten "Missing The Last Boat Home" absolut nichts anhaben. Vielmehr untermalt jeder Ton und hier und da gesetzte Backgroundgesänge jederzeit famos die stimmungsvollen Vorträge des Protagonisten.

Zweifelssohne ist Paul Armfield ein Melancholiker, der es aber versteht, mit seinen zauberhaften Geschichten über die Liebe, das Alter oder Freundschaft trotz oder gerade wegen des Wissens um deren Endlichkeit immer auch deren Schönheit offen zu legen.

Wie auch immer man diese dem Folk zugeneigte Musik bezeichnen mag, dass es sich bei Paul Armfield um einen außergewöhnlichen und feingeistigen Musiker handelt, der die stillen Klänge bevorzugt und mit zauberhaft inszenierten Liedern besticht, beweist er eindringlich mit diesem wundervollen Werk.

Trackliste

  1. 1. The Only One
  2. 2. Dance Of The Young Lovers
  3. 3. What Every Mother Fears
  4. 4. Sloe Gin
  5. 5. What Would Susan Do?
  6. 6. Run
  7. 7. Who Do They Think They Are
  8. 8. Missing The Last Boat Home
  9. 9. Away
  10. 10. When I'm Old
  11. 11. These Old Friends Of Mine

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