laut.de-Kritik
Schallende Ohrfeigen für Eros Ramazzotti.
Review von Kai ButterweckPippo Pollina gehört in der Schweiz zu den beliebtesten Künstlern, wenn es um melancholische Liedermacher-Kunst geht; auch in deutschsprachigen Breitengraden feiert der in Palermo geborene Zupfakrobat seit vielen Jahren große Erfolge. Nach seiner Kollaboration mit dem bayrischen Duo Schmidbauer/Kälberer ("Süden"), die dem Barden im Jahr 2012 ausverkaufte Konzerte bescherte und ihren Höhepunkt in einem fast ausverkauften Auftritt in der Arena von Verona fand, veröffentlicht Pollina dieser Tage nun sein neues Soloalbum "L'appartenenza".
Dabei präsentiert der Italiener haufenweise zartschmelzende akustische Fingerspiele auf der Gitarre und tiefenentspannte Piano-Themen. Fernab von Hektik und Stress sorgt bereits die Eröffnung für lauwarme Zweisamkeits-Träumereien, wenn bezirzende Klavierklänge und atmosphärische Streicher auf Tuchfühlung gehen ("Preludio").
Bevor der Verantwortliche aber weitere Herzen schmelzen lässt, atmet der Hörer erst einmal sizilianische Hafenluft ("Mare Mare Mare"). Mit dem Schifferklavier im Arm, träumt der Südländer von grenzenloser Freiheit, ehe sich ihm eine komplette Band zur Seite stellt und mit einem modernen Mix aus Pop, Rock, Blues und Funk zum Kopfnicken einlädt ("Cantautori").
Mit temperamentvollen Reinhard Mey-Erinnerungen tritt Pollina im Anschluss wieder auf die Bremse ("Laddove Crescevano I Melograni"). Bis es endgültig in Richtung Schlafzimmer geht, hinterlässt der Sänger aber noch mittelgroße Folk-Pop-Spuren ("Sono Chi Sei Sono Chissà").
Von nun an übernehmen triefende Harmonien, Slow Motion-Soundscapes und Pollinas auf Candlelight-Lautstärke heruntergefahrene Organ das Zepter. Zwar kommt es hier und da noch zu kurzweiligen Auflockerungseinschüben ("Helvetia", "L'appartenenza"), doch unterm Strich folgt die zweite Hälfte des Albums nur noch einer musikalischen Richtung; und das ist die von Armors Pfeil - auch wenn es in Pollinas Texten nur selten um schmachtende Herzschmerz-Dramen geht. Vielmehr tritt Armor als Ritter der Hoffnung und der Zuversicht in Erscheinung.
Dass besagter Pfeil aber trotz überdimensionaler Moll-Gebirgsketten vor der spitzen Nase nicht vom Ziel abkommt, liegt vor allem an Pollinas kraftvoller Stimme, die eingebettet in langlebige Melodien jedem Ramazzotti-Versuch der vergangenen Jahre eine schallende Ohrfeige verpasst ("Ti Vogghiu Beni", "Risveglio", "Adesso Che").
Noch keine Kommentare