laut.de-Kritik

Die Watschengesichter stehen Schlange.

Review von

Ja, doch. Man darf Pöbel MCs aktuelle EP mit Recht ein wenig monothematisch finden. Andererseits steckt eben auch drin, was draufsteht: "Backpfeife Auf Endlosschleife". Diejenigen, die sich dem "Rollkragenschläger" als Watschengesichter anbieten, stehen aber auch wieder Schlange. Weswegen er gleich im ersten Track Querdenker, Antisemiten und vergleichbarem Geschmeiß auf der einen, der sich in sinnlosen Grabenkämpfen selbst zerfleischenden Linken auf der anderen Seite die adäquate Behandlung angedeihen lässt.

Der Ohrfeigenreigen setzt sich fort: Im Folgenden bekommen dumme Faschos, Esohippieschwurbler, weite Teile der deutschen Rapszene, Unterdrücker, Erfolgsverdummte, CDU-Wähler, Klimaleugner, Ausbeuter, alle, die für Aufmerksamkeit (aka Klicks) über Leichen gehen, und sämtliche Schnittmengen genannter Gruppen den "Pöbel-Debattier-Stil, Rostocker Schule" zu spüren. Dessen Urheber feuert in seinem charakteristischen Silben-Stakkato Punchlines ohne Unterlass.

Viel Platz für Rumatzen und gute Laune bleibt da diesmal nicht (dafür gabs ja auch bereits die Vorgänger-EP, die im Doppelpack mit dieser Veröffentlichung nun auch als greifbarer Tonträger zu haben ist). Einzig der Rausschmeißer drischt etwas mehr auf die Party-Pauke. Subtil "Saufen, Kloppen & Rammeln" betitelt, bleiben wenig Zweifel, in welche Richtung dieser tollwütige Hase rennt. Bevor es am Ende zu tiefsinnig wird, schnell noch ein bisschen rumbrüllen. Wir beobachten "asoziale Asis" auf der Suche nach "Suff, Ärger und Geschlechtsverkehr".

Mit schepperndem, treibenden Sound fällt der Abschlusstrack als einziger etwas aus dem arg einheitlichen Soundbild. Zwar unterscheiden sich die von Tombs Beats verantworteten Beats in Details: "Boys Cry" nutzt etwas dickeren Bass und fiedelnde Streicher, "Loki" webt ein paar Melodien mehr in den Hintergrund, während "Betonasche" noch ein bisschen boombappiger auf einen Klavierloop mit Schlagseite setzt. Die Grundidee, verwaschener Sound über straight geradeaus tickendem Rhythmusgerüst, bleibt aber überall die gleiche.

Pöbel MC, "schlau und aggressiv", fühlt sich in dieser Ästhetik aber hörbar gut aufgehoben, und bei aller Schellenschleuderei geht er durchaus nicht nur destruktiv zu Werke, sondern zeigt sich in bester Robin Hood-Manier "solidarisch mit Menschen, nie mit Staat und Polizei".

Am nachhaltigsten pöbelt er sich diesmal aber mit "Boys Cry" ins Herz. Seine gnadenlose Analyse der weinerlichen Deutschrap-Szene, die sich angesichts feministischer Bewegungen, "Genderwahn" und anderer gefährlicher Gegner in Männertränen auflöst und dabei eine Fragilität offenbart, die sich ihre Akteure ums Verrecken nicht eingestehen wollen: dermaßen zum Niederknien treffend, dass das allein die eine oder andere inhaltliche wie musikalische Redundanz locker aufwiegt.

Das Fazit hat der Chefpöbler ohnehin längst selbst gezogen: "Toys wollen mich haten, doch wissen: Es geht nicht." Ich will unterschreiben. Wo ist der Stift?

Trackliste

  1. 1. Rollkragenschläger
  2. 2. Schellenesperanto
  3. 3. Boys Cry
  4. 4. Loki
  5. 5. Betonasche
  6. 6. Pöbelmane
  7. 7. Saufen, Kloppen & Rammeln

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