laut.de-Kritik

Schelle links, rechts!

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Acht Tracks genügen Pöbel MC, um sein "Sports Tape" zu bestücken. Acht Tracks, in denen er nicht gerade ein Flowvarianten-Feuerwerk abfackelt und sich zudem noch wiederholt selbst zitiert. Langweilig, könnte man leicht meinen, bloß um gleich darauf festzustellen: Der Kerl stopft in seine acht Tracks mehr unterschreibenswerte Zeilen, als manch anderer in seiner ganzen erbärmlichen Karriere zustande bringt.

Gut gemeint ist eben doch keineswegs immer das Gegenteil von gut. Schon in "Handyflat" bin ich, was die Prioritätensetzung betrifft, ganz bei Pöbel, wenn er zwischen (mittlerweile leicht überstrapazierten) tickenden Hi-Hats und ordentlich drückenden Bässen deklamiert: "Lieber gut gemeint und schlecht gemacht, als dass alles stetig nur um Lifestyle-Partymüll verflacht."

"Wirklich niemand braucht misogyne Pseudostraßenkunde", hat er vorher schon festgestellt. Im nicht gerade subtil betitelten "Rammeln" lässt er weitere Wahrheiten folgen. Die liegen zwar für den denkenden Menschen auf der Hand, sprengen dem einen oder anderen pubertären Posergockel aber vielleicht doch ein Lüftungsloch in seinen beschränkten Erkenntnishorizont.

Da schau her! Feminismus ist gar nicht gleichbedeutend mit Prüderie? Konsens und Gleichheit stehen der Geilheit nicht im Weg? Sich gegen Sexismus und Homophobie zu positionieren, heißt nicht, dass man allen körperlichen Freuden entsagen muss? Sowas aber auch!

"Nur die größten Toys halten Sexismus für ein Stilmittel", bringt Pöbel die ganze Dämlichkeit des (vermutlich leider unausrottbaren) Dumm-fickt-gut-Märchens auf den Punkt. Er stellt vielmehr saftige Fleischeslust entschlossen über den sonst überall grassierenden Fitnesswahn und grüßt am Ende auch noch schnell alle, "die nicht wollen oder nicht können. Ich hab' euch nicht vergessen."

Gepflegte Prolligkeit geht ihm jederzeit über Chauvinismus. Haltungslos und spaßbefreit gibts nicht. Pöbel MC verteilt links und rechts verdiente Schellen, geht keiner Konfrontation aus dem Weg und dabei "Schlau & Aggressiv" zu Werke. Plakativ auch, wenn es sein muss. Dabei trampelt er Hierarchien und Autoritäten genauso mitleidlos platt wie sträfliche Dummheit, Selbstoptimierungs- und Größenwahn.

In die langsam wirklich leiernde "Roli-Gucci-Louis"-Dauerschleife raunzt er ein "Wäh, verpisst euch mit eurem opfermäßigen Modegelaber", mit dem er mir aus allertiefstem Herzen spricht. "Gebt uns nicht die Schuld, wenn ihr zum Spaßhaben zu eitel seid" - und haltet diesen Mann bloß nicht für einen WTG-Sidekick: "Nie ein Bomber, bin ein ganzes Geschwader", kann der seine Schlachten nämlich durchaus auch alleine schlagen. Und gewinnen.

Pöbel zieht ins Feld gegen Hasskommentare im Netz und die vielerorts völlig flöten gegangene Fähigkeit, auch nur das laueste Gegenlüftchen aushalten zu können: "Du jammerst wie ein Kind bei ein bisschen Kritik". Rassismus im Stadion: nich' cool. Noch schlimmer: die Dämlichkeit derer, die nicht verstehen, dass Materialismus und Markenfetischismus ein ausbeuterisches System befeuern, unter dem, wie so viele andere, auch sie selbst zu leiden haben. Als am schlimmsten brandmarkt er aber die Ignoranz derer, "die korrekt erkennen und trotzdem tolerieren".

Angesichts solcher Themen verkommt Rap schnell zur "Nebensache". Alles zusammengenommen, klingt das zwar einigermaßen verkopft. Tatsächlich taugt das "Pöbel Sports Tape" aber herzlich schlecht zum tiefsinnigen theoretischen Herumpolitisieren. Die beiden Disziplinen, um die es eigentlich geht, heißen immer noch Pöbeln und Tanzen, keine Frage. "... und jetzt macht Platz für Pöbel und Mob."

Trackliste

  1. 1. Handyflat
  2. 2. Pöbel Sports
  3. 3. Rammeln
  4. 4. Autoritäres Jugendzentrum
  5. 5. Schlau & Aggressiv
  6. 6. Gut Gelaunte Feindlichkeit
  7. 7. Zero Problemo
  8. 8. Nebensache

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