23. Juni 2022

"Ich fühle mich geehrt, wenn Leute sich über meine Musik aufregen"

Interview geführt von

Jahrelang wurde vor allem Steven Wilson mit Fragen gelöchert, ob und wann es eine Porcupine Tree-Reunion geben wird. Da er seine Solo-Karriere sehr erfolgreich vorangetrieben hat, bestand vordergründig kein Interesse, das Prog-Schlachtschiff wieder seetüchtig zu machen.

Dass das nur die halbe Wahrheit ist, verrät der Multiinstrumentalist im Interview, zu dem sich auch Keyboarder Richard Barbieri gesellte. Insgeheim werkelten die drei übrig gebliebenen Mitglieder - Colin Edwin wurde anscheinend nicht einmal angefragt - an neuem Material, das sie klammheimlich im Studio zu dem formten, was dieser Tage unter dem Namen "Closure/Continuation" erscheint. Der Ortstermin im deutschen Hauptquartier von Sonymusic gestaltete sich äußerst entspannt. Die beiden hatten einiges zu erzählen und noch dazu ein Album im Gepäck, auf das sie zufrieden blicken können.

Steven ​​​​​Wilson: Hier: Judas Priest mit "Firepower". Willst du haben?

Ist zwar ein nettes Album, aber danke, nein.

Wilson: Das ist eine der Vorzüge, wenn du zu Plattenfirmen kommst. Die bieten dir ihre Veröffentlichungen umsonst an.

Ja, dir vielleicht.

Wilson: Ja, stimmt.

Richard Barbieri: Ich habe Harry Styles bekommen.

Da sind wir wieder. Richard, für mich ist es jetzt das erste Mal, dass du auch an der Promo von Porcupine Tree beteiligt bist.

Barbieri: Ich habe früher schon für Porcupine Tree Interviews gegeben, aber nicht so viele.

Wilson: Ja, aber das ist schon lange her, über 20 Jahre oder so. Für "Lightbulb Sun".

Barbieri: Ja, lange her, aber diesmal habe ich auch wesentlich mehr zu den Aufnahmen beigetragen.

Ich hab mir die Trackliste angeschaut und gesehen, dass du sogar einen Song komplett alleine geschrieben hast. Steht das auch sinnbildlich für den Charakter des Albums, dass ihr diesmal alle zu gleichen Teilen am Schaffensprozess beteiligt wart?

Wilson: Von Anfang an, als ich mit Gavin an den ersten Riffs und Entwürfen gearbeitet habe, da habe ich Bass gespielt. Schon da habe ich zu Gavin gesagt, wenn wir ein weiteres Album machen, müssen wir alle zusammen daran arbeiten. Ich hatte ja meine Solo-Karriere da schon weit voran getrieben. Wenn ich das alleine gemacht hätte, hätte ich auch ein weiteres Solo-Album machen können, deshalb sollte schon von Beginn an alles auf eine Zusammenarbeit ausgelegt sein. Und das hat den Rahmen für das ganze Projekt abgesteckt. Richard und Gavin haben einige Songs mit mir zusammen geschrieben, "Herd Culling" haben wir alle zusammen während des Lockdowns gemacht.

Hat es eigentlich den Schreibprozess beeinflusst, dass ihr völlig ohne Druck arbeiten konntet?

Barbieri: Wir hatten überhaupt keinen Druck. Ganz einfach, weil wir niemandem davon erzählt haben. Keiner hatte eine Ahnung davon, bis zur letzten Minute, als wir davon überzeugt waren, jetzt ein fertiges Album zu haben. Wir hatten keinerlei Einschränkungen, wir wussten ja selbst nicht, wann das Ding letztendlich erscheint. Steven wollte zu der Zeit mit seinem letzten Album auf Tour gehen, also hätte der Release auch erst in zwei oder drei Jahren erfolgen können. Dann kam der Lockdown und das war dann der Zeitpunkt, an dem wir uns völlig darauf konzentrieren konnten, das Album fertigzustellen.

Wilson: Aber selbst da haben wir keinem davon erzählt.

Barbieri: Ja, niemandem.

Wie habt ihr das geschafft? Ich meine, in Zeiten von Social Media und Co. braucht es nur einen winzigen Leak und die Katze wäre aus dem Sack.

Wilson: Die Antwort auf die Frage, wie wir das geschafft haben, ist schlicht die, dass wir es wirklich niemandem erzählt haben. Kein Manager hatte eine Ahnung, kein Label war informiert. Ich bin mir nicht mal sicher, ob meine Frau mitbekommen hat, was ich da im Studio mache. Die einzigen drei Personen auf der Welt, die wussten, dass wir ein Porcupine Tree-Album machen, waren wir drei und wir sind jetzt nicht so dolle auf Social Media unterwegs. Das ist die Antwort.

Als ihr das Album eingespielt habt, wie war das? Ihr wusstet ja, dass sich Fans nichts sehnlicher gewünscht haben. Habt ihr euch da ins Fäustchen gelacht, so nach dem Motto: "Wenn die nur wüssten?"

Wilson: Ne, das war eher unerfreulich. Als ich meine Solo-Sachen gemacht habe, hat es mich schon gestört, dass diese Frage immer wieder aufkam. Deshalb habe ich auch immer gemeint, dass man das vergessen kann und das PT nicht wieder zurück kommen würden. Das war ja eine knallharte Lüge, weil ich schon wusste, dass wir ein Comeback machen würden. Sehr schmeichelhaft für uns war die Tatsache, dass sich das Interesse an der Band während der Pause nicht nur gehalten, sondern sich sogar vergrößert hat. In dem Moment, als wir aufgehört haben, hat sich die Legende um die Band erst entwickelt. Und das ist ja schon verrückt. Wir haben immer kämpfen müssen, um Tickets und Platten zu verkaufen. Als wir dann gar nichts mehr gemacht haben, kamen dann Meinungen auf wie, wir wären eine der einflussreichsten Bands und wann kommen sie endlich zurück?

Barbieri: Wenn wir nach dem letzten Album und dem letzten Konzert weitergemacht und zwei Jahre später ein Album veröffentlich hätten, hätte sich das sicher besser verkauft und die Shows wären größer gewesen.

Wilson: Das sagst du jetzt. Es hätte aber auch anders laufen können. Vielleicht wäre es den Bach runtergegangen, weil die Leute von der gleich klingenden Musik gelangweilt wären. Aber das ist die typische was wäre, wenn-Frage.

"Fans des Progressiv Rock wollen keine Progression"

Wie waren eigentlich die Reaktionen der die hard-Fans zu den ersten zwei Songs, die ihr veröffentlich habt?

Barbieri: Sie lieben es!

Obwohl es sich doch sehr anders als das frühere Material anhört?

Barbieri: Nun, es ist halt so, dass es sich zwar anders anhört, es aber immer noch nach Porcupine Tree klingt. Das kam bei den Reaktionen auch so rüber. Es hört sich anders an, aber die meisten waren positiv überrascht.

Wilson: Darauf haben wir auch Wert gelegt.

Barbieri: Das ist in sich schon ein Widerspruch, aber es ist eben auch starkes Material. Wann immer wir etwas veröffentlicht haben, waren wir auch selbstbewusst genug, dass wir uns sicher waren, dass es auch gut ankommt.

Wilson: Ich würde jetzt nicht so weit gehen, zu sagen, dass es mich nicht kümmert, was die Hörer über das Material denken, das wäre doch sehr unaufrichtig. Aber seit vielen Jahren denke ich, dass es wichtig ist, an das zu glauben, was man fabriziert. Wir haben darüber ja schon mal gesprochen.

Jup!

Wilson: Man muss eben auch egoistisch sein, wenn es darum geht, wie du Musik machst und wie du das als Kunst begreifst. Ich habe es oft als eine Ehrung angesehen, wenn sich Leute über meine Musik aufgeregt haben. Aber lustigerweise ist das diesmal anders. Da stellt sich mir fast augenblicklich die Frage, ob wir nicht noch mehr hätten ändern sollen, haha!

Barbieri: Ich habe in letzter Zeit einige Reaktionen der Fans auf deine Solo-Alben gelesen und da hielten sich positive und negative Meinungen die Waage. Meine kleine Fanbase fand deine letzten beiden Alben richtig klasse.

Wilson: Aber die PT-Sachen mögen sie nicht so?

Barbieri: Sie mögen eben deine letzten beiden eher, weil das auch eher das ist, was sie sonst bevorzugen.

Wilson: Ah, ok. Ich verstehe. Aber Porcupine Tree werden wohl immer als Rockband durchgehen, im Sinne einer Classic Rockband.

Im Promosheet zum Album steht, dass die Songs Überbleibsel aus den Sessions von "The Incident" seien. Ist damit das Archiv an PT-Songs leer?

Wilson: Irgendwas bleibt immer übrig. Bei den jetzigen Aufnahmen habe ich festgestellt, dass es für mich sehr viel schwieriger ist, die Sachen von Richard und Gavin in einen Song zu formen. Wenn ich selbst da sitze und am Piano klimpere oder Gitarre spiele, geht mir das viel leichter von der Hand. Richard hat mir fast komplette Songs geschickt, ganze Teile, Akkordfolgen, Strophen und Refrains. Dann musste ich das in eine Form bringen, die auch für mich funktioniert. Bei Gavin war das ähnlich. Wir kamen alle mit sehr langen Riffs an und ich hab mich dann gefragt, wie zur Hölle ich das in einen Song packe, und in 80% der Fälle klappte das nicht. Es gab jede Menge Riffs, Ideen, Entwürfe, die ich bekommen hab und mit denen ich - aus welchem Grund auch immer - nichts anfangen konnte. Die, mit denen das am besten geklappt hat, finden sich jetzt auf dem Album und das ist ungefähr 20% des Materials.

Barbieri: Der Rest befindet sich im Archiv, das sind einfach unfertige Songs. Aber sollten wir noch einmal ein Album machen, werden wir wohl nicht auf diese Sachen zurückgreifen.

Mit "Walk The Plank" ist ein Song auf dem Album, bei dem ich mir vorher nicht vorstellen konnte, dass so etwas mal auf einem PT-Album landen würde.

Barbieri: Das ist mein Einfluss gewesen.

Wilson: Als wir angefangen haben, zu arbeiten, stieg die Chance, dass so etwas auf dem Album auftaucht, massiv. Die eigentlichen Ideen kamen meist von Richard oder Gavin. Nicht immer, aber in diesem Fall schon. Für mich klang das einfach wie ein archetypisches Stück elektronische Musik von Richard. Dann stellte sich die Frage, wie wir das so übersetzen können, dass es sich anfühlt wie etwas, dass auf PT-Album gehört. Und in diesem Fall habe ich nicht automatisch nach der Gitarre gegriffen, wie ich es vielleicht vor zehn Jahren gemacht hätte, sondern griff auf mein eigenes Keyboard oder Workstation zurück. Und weil die Frage schon oft gestellt wurde, ob wir ein weiteres Album machen werden, die Antwort lautet: wir wissen es nicht. Aber falls ein weiteres kommen sollte, dürfte es verstärkt in diese Richtung gehen und die Gitarren wären erst mal außen vor. "Walking The Plank" stellt für mich etwas dar, wie es in Zukunft weitergehen könnte. Das kam einfach aus Richards Universum. In der Vergangenheit war es eher so, dass ich den Prozess angestoßen habe und den Ball ins Rollen brachte. Hier war das eindeutig Richard. Aber auch wenn in dem Song keine Gitarren auftauchen, klingt es dennoch nach Rockmusik. Ich war mir nicht sicher, ob das funktionieren würde. Es war wie ein trojanisches Pferd. Ich habe elektronische Musik unter die Nase der Classic Rock-Fans reingeschmuggelt. Das ist mir bei "The Future Bites" nicht gelungen. Da waren die Reaktionen der Rockfans negativ. Aber vielleicht liegt das auch an Porcupine Tree, dass die Fans für neue Ideen eher aufgeschlossen sind. Wir laufen ja oft auch unter dem Label Progressiv Rock. Und der eigentliche Witz ist, dass Fans des Progressiv Rock nichts weniger wollen als Progression. Ich verallgemeinere das jetzt, aber es gibt sehr viele, die einfach das gleiche hören wollen wie beim letzten Mal.

Barbieri: Wir schaffen es irgendwie, den Leuten das zu geben, was sie hören möchten, jubeln ihnen aber etwas anderes unter.

Steven, was für eine Erfahrung war das dann für dich, mal nicht das Zepter in der Hand zu halten?

Wilson: Ich habs geliebt. Es war einfach anders. Es hat mich dazu gebracht, über Musik anders zu denken. Es war eine gute Herausforderung, meine Songwriting-Ästhetik in den Sound eines anderen zu integrieren.

Barbieri: Weil sich Steven mit seiner Solo-Karriere etabliert hat, gab es auch eine klare Linie zwischen den beiden Sachen. Er musste jetzt bei Porcupine Tree nicht mehr alles kontrollieren, so dass sich alles wie eine richtige Kollabo anfühlte. In der Vergangenheit ist er eher seinem natürlichen Instinkt gefolgt, die Kontrolle zu behalten.

Ich hatte beim ersten Hördurchgang den Eindruck, dass die Stimmung auf dem Album schon verspielt ist, aber dass der Grundton leichter und entspannter klingt und nicht so heftig auf den Punkt konzentriert und produziert wurde und dass es sich wirklich wie eine Kollabo von drei verschiedenen Individuen anhört.

Wilson: Für uns ist es natürlich schwer, objektiv zu sein, aber freut mich, dass du das sagst. Aber so war es tatsächlich. Man findet auf dem Album ja nicht mehr diesen Metal-Einschlag früherer Sachen. Das ist zwar immer noch da, sitzt jetzt aber eher auf dem Rücksitz. Somit ist auch viel mehr Raum für andere Sachen. Das macht ja auch einen Song wie "Walk The Plank" so ungewöhnlich, weil einfach keine Gitarren vorkommen.

Barbieri: Speziell Gavin hat Steven gebeten, bei den Gitarren nicht so dick aufzutragen. Und jedes mal, wenn eine weitere Spur weggenommen wurde, ergab das mehr Raum für andere Sachen. Man hört kein Orchester, es gab keine Gastmusiker.

Wilson: Man hört auch nicht viel anderes Zeugs wie zum Beispiel Mellotron, da die meisten Songs mittels Bass und Schlagzeug entstanden sind. Wir haben nicht fette Akkorde und orchestrales Zeug verwendet. Das hat Richard den Platz für sein Sound-Design oder Glitches und solche Sachen gegeben.

Barbieri: Aber das stimmt schon, es ist an einigen Stellen sehr verspielt. Wenn du dir zum Beispiel den Mittelteil von "Harridan" anhörst, wo der Gesang die Melodieführung übernimmt. Das hat schon etwas Leichtes und Raumgreifendes.

"Ich mag das, dass wir es nicht wissen"

Was hat es denn mit dem Albumtitel "Closure/Continuation" auf sich? Klingt für mich irgendwie nach einem Kreis. Warum nicht anders herum?

Wilson: Warum nicht anders herum? Nun, das ist deine Interpretation. Für mich war das eher entweder oder. Am Ende steht ja ein unsichtbares Fragezeichen. Ist das jetzt das letzte Album von Porcupine Tree oder der Beginn einer neuen Phase? Somit können nicht beide Begriffe wahr sein. Entweder das eine oder das andere. Und die Antwort auf die Frage, die sich unweigerlich anschließt lautet: Wir wissen es nicht. Ich mag das, dass wir es nicht wissen, wir mögen das.

Barbieri: Das Schöne daran ist ja, dass wir uns nicht unter Druck setzen oder wir irgendwelchen Erwartungen genügen müssen. Und unter diesem Eindruck arbeitet man einfach entspannter.

Wilson: Porcupine Tree ist ja jetzt für keinen von uns das Epizentrum unserer Karriere. Ich sage jetzt nicht, dass es überhaupt nichts bedeuten würde, wenn wir weitermachen würden, aber es ist nicht mehr essentiell wichtig für unsere Karrieren. Wir haben einfach ein Album gemacht, auf das wir stolz sein können. Wenn es das letzte wäre? Großartig! Es wäre ein großartige Art und Weise, damit abzuschließen. Viel besser, als mit "The Incident" abzuschließen. Und da stimmen wir alle drei überein, dass dieses Album das bessere wäre, um das Buch zu schließen. Aber wir sagen nicht, dass es das letzte ist. Vielleicht machen wir auch noch ein richtiges Scheiß-Album, haha.

Das Artwork hingegen hingegen sieht dem deines letzten Solo-Albums sehr ähnlich.

Wilson: Ja, es sind zwar zwei unterschiedliche Designer, folgt dem Ansatz aber. Ich habe mich sehr mit Design und Marketing beschäftigt. Man muss sich das eben vor Augen halten, dass künstlerische Konzepte heutzutage nur noch als kleines Icon auf einem Bildschirm auftauchen. Deshalb muss man etwas entwerfen, das ins Auge sticht und einzigartig ist. In jedem Kontext. Sei es als Jpeg auf dem Screen eines Smartphones, als Vinyl oder CD. Was mich bei den Design-Entwicklungen der letzten beiden Jahrzehnte am meisten fasziniert hat, war, dass der Text immer wichtiger wurde. Oft ist der Text wichtiger als das Bild. Das spiegelt sich im Artwork wider. Das Bild ist dabei fast irrelevant. Du hast das komplette Artwork noch nicht gesehen. Da wird es einige durchlaufende Bilder geben. Eines könnte ein Schnappschuss einer Familie sein, eine Landschaft oder eine Industrie-Anlage. Alle haben aber dieses uniforme quadratische Logo. Das Bild an sich wird im Vergleich zur Message des Textes immer unwichtiger. Mir gefällt das. Das besitzt eine sehr moderne Design-Ästhetik.

Und ihr veröffentlicht das natürlich in gefühlt einem Dutzend unterschiedlicher Formate.

Wilson: Was meinst du?

Na ja, so Geschichten wie verschiedenfarbige Vinyl-Ausgaben.

Wilson: Ach so. Wer macht das nicht? Jeder macht das so. Das ist aber gar nicht unsere Entscheidung. Wie viele Formate gibt es denn?

Keine Ahnung, aber es sind schon einige. Gibt ja sogar eine Ausgabe als Kassette.

Wilson: Jeder macht mittlerweile wieder Kassetten. Schau mal hier, da liegt sogar eine AC/DC-Kassette rum. Speziell Kassetten sind wieder Standard-Format, was ich aber eher bizarr finde. Ich kenne niemanden, der das kauft, aber offenbar gibt es einen Markt dafür. Unsere Entscheidung war, dass wir das auf CD, LP und Blu Ray veröffentlichen, das wars. Aber heutzutage möchte jeder Markt, sei es Japan, Deutschland, Frankreich, eine eigene exklusive farbige Vinyl-Ausgabe haben. Media Markt, Rough Trade, Amazon, alle wollen eine exklusive Farbe haben. Und es gibt tatsächlich einige, die die alle sammeln. Ich habe keine Ahnung, warum, aber es ist so.

Barbieri: Ich habe nur nach einer CD, einer Platte und einer Blu Ray gefragt. Das reicht mir.

In der Vergangenheit spielte der visuelle Aspekt bei euren Live-Shows schon eine große Rolle. Was können Fans von den kommenden Shows erwarten?

Barbieri: Der Fokus liegt auf filmischen Einspielern. Das wird aber alles eine Nummer größer sein, opulenteres Licht und Bilder. Aber es wird nicht so groß sein wie das, was Steven zuletzt aufgefahren hat. Nach so einer langen Zeit will das Publikum ja auch die Band performen sehen und nicht ständig auf Videoclips starren. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich das etwas reduziert, aber das wird sich schon die Waage halten.

Werdet ihr Gastmusiker dabei haben?

Barbieri: Es wird eine fünfköpfige Band auf der Bühne stehen. Noch ein Bassist und ein Gitarrist, bzw. Background-Sänger.

Wilson: Ja, so wie es eigentlich letzten 20 Jahre immer war.

Ihr verratet aber keine Namen?

Barbieri: Ähm, das wäre jetzt ein bisschen unfair, inmitten der Promophase nur einem Magazin die Namen zu stecken. Wir haben jetzt kein Problem damit, die Namen zu verraten, aber das müssten wir auch mit Gavin absprechen.

Wilson: Nur so viel: Es sind jetzt keine weltweit bekannten Musiker. Kann sein, dass du sie kennst, ich kannte sie vorher nicht. Gavin hat die organisiert.

Barbieri: Das Kuriose ist ja, der Bassist hat viermal so viele Follower wie Porcupine Tree.

(Kurz nach dem Interview gaben die Herrschaften dann die Namen der Begleitmusiker bekannt. Dabei handelt es sich um Randy McStine [McStine & Minnemann, Lo-Fi Resistance] und Bassist Nate Navarro [Devin Townsend])

Und die Tourdaten, die ihr bislang veröffentlicht habt. Bleibt es bei diesen Dates, oder kommen noch welche dazu.

Barbieri: Kommt drauf an. Wenn ein freier Tag zwischen Shows liegt und ein Venue sich ausverkauft, kommt eventuell ein Date dazu.

Aber ihr plant jetzt keine weitere Verlängerung der Tour?

Wilson: Wir planen gar nichts.

Barbieri: Wir haben einige Angebote aus Japan, Australien und Indien.

Wilson: Indien würde ich gerne machen.

Barbieri: Ja, das wäre cool, das nächstes Jahr zu machen.

Wilson: Wir werden aber wohl keine zweite Runde in Europa und Nordamerika drehen. Die Locations sind größer, es gibt Platz für viel mehr Leute.

Barbieri: Ja, wir wollen nicht so lange auf Tour sein.

Ja ja, habe schon gesehen, dass ihr viele freie Tage zwischen die Konzerte gelegt habt.

Wilson: Ja, viel Freizeit

B: Das gibt uns aber auch die Möglichkeit, uns besser auf die Shows zu konzentrieren. Wenn du drei oder vier Monate permanent auf Tour bist, kannst du nicht die ganze Zeit das gleiche Level an Enthusiasmus halten.

Ich war noch nie auf Tour.

Barbieri: Womit kann man das vergleichen?

Wilson: Stell dir vor, du wärst ein Maler. Bist du ein Maler?

Nein.

Wilson: Dann stell dir vor, du malst das selbe Bild immer und immer wieder. Jeden einzelnen Tag. Du malst eine wunderschöne Landschaft mit schönen Farben. Dann wachst du am nächsten Tag auf und malst das gleiche Bild mit der gleichen Komposition und den gleichen Farben noch einmal. Dann wachst du am 26. Tag auf und malst das gleiche Bild wieder. Ok, der Kontext ist anders und die Umstände auch, aber so fühlt sich das an.

Na ja, in eurem Back-Katalog habt ihr ja mittlerweile ausreichend Farben, um das Bild ein wenig abzuwechseln. Wie macht ihr das eigentlich mit der Songauswahl? Dürfte eine schwierige Wahl sein, zumal dann, wenn es sich bei den Songs um 13-Minüter handelt.

Barbieri: Ach, wir halten uns beim Back-Katalog einfach an das, was wir für unser stärkstes Material halten.

Wilson: Wir sind jetzt drei. Wenn einer ankommt und sagt, lass uns doch diesen Song spielen und einer findet den scheiße, dann fliegt er aus der Kandidatenliste. Aber wir drei können uns auf die selben Alben einigen, die wir am besten finden. Wir streiten da nicht wirklich rum. Die Show wird 2,5 Stunden dauern, ist also ziemlich lang. Aber der Clou ist, dass die eine Hälfte der Show schon steht, weil wir das neue Album komplett spielen werden.

Ist es eigentlich Zufall, dass das neue Album genau 30 Jahre nach "On A Sunday Of Life" erscheint?

Wilson: Ist das so? Genau 30 Jahre?

Na ja. Nicht haargenau, ihr seid einen Monat zu spät dran. Das war Mai 1992.

Wilson: Ich hatte keine Ahnung. Aber das ist doch ein schöner Zufall, oder? Und es ist auch 20 Jahre her, dass "In Absentia" rausgekommen ist. Das ist auch gleichzeitig eines der Alben das für uns drei als der Gipfel dessen gilt, was wir bislang gemacht haben.

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