laut.de-Kritik
Synthie-Art Pop des letzten großen Romantikers.
Review von Martin LeuteEin Raunen ging durch die Fachwelt, als das Gerücht die Runde machte, dass ein neues Prefab Sprout-Album um Frontmann Paddy McAloon erscheinen sollte. Schließlich handelt es sich dabei um jene Formation, die in den 80er Jahren mit Klassikern wie "Steve McQueen" (1985) und "From Langley Park To Memphis" popmusikalische Maßstäbe setzte.
Nun handelt es sich bei "Let's Change The World With Music" nicht um neue Songs, sondern um Aufnahmen aus den Jahren 1992/1993, die McAloon damals qualitativ für nicht gut genug befand. Dem Drängen des Labelchefs von Kitchenware ist es zu verdanken, dass er die Stücke schließlich doch noch berücksichtigte.
"Und so setzte ich mich noch einmal an die Demos. Ich habe sie in einer Art Postproduktion überarbeitet. Ohne Gastmusiker und ohne 26-köpfiges Orchester. Ich bin ein großer Freund von Studio-Software. So gesehen ist 'Let's Change The World With Music' ein Techno-Album. Auch wenn man das natürlich in keiner Weise heraus hört", erklärt McAloon.
Das betont artifizielle Ergebnis kann sich mehr als hören lassen. Was der Pop-Ästhet und Exzentriker einst als Ausschussware verstauben ließ, erstrahlt heute in kunstvoller Eleganz. Die Textzeile "Music is a princess / I'm just a boy in rags" kann da nur als Understatement des zur Perfektion neigenden Künstlers mit dem jugendlich verführerischen Gesang gelesen werden.
Die Platte tönt wie der sanfte Überschwang des letzten großen Romantikers, den McAloon besingt ("Last Of The Great Romantics"). Den Anfang macht eine skurrile Computerstimme, die Gott die Musik erschaffen lässt ("Let There Be Music"), bevor diese dann in Barry White-Manier zum Leben erwacht.
Die Thematisierung der Musik und der Liebe stehen anschließend auch im Zentrum dieses butterweichen Melodien-Reigens, der sich zum E-Piano schon mal pathetisch ausdehnt ("Falling In Love", "Angel Of Love") oder sich in feinsinnigen Schwelgereien ergeht ("God Watch Over You", "Meet The New Mozart").
Atmosphärisch ist dem mit Orchestereinlagen und Disco-Anleihen versehenen Synthie-Artpop die Entstehungszeit jederzeit anzuhören. Er erhält aber durch die behutsam gesetzten elektronischen Möglichkeiten und der umsichtigen Produktion des mittlerweile 52-Jährigen eine spannungsreiche Färbung, ohne sich dabei allzu progressiv zu gebärden.
McAloon versteht es wunderbar, seinen Hang zur theatralischen Melodik und Lieblichkeit in getragenen Liedern auszuleben und bei aller Süße nicht in die Kitsch-oder Pomp-Falle zu treten. Man kann diese Platte durchaus als wunderlich bezeichnen, vielleicht gar als anachronistisch. McAloon schwimmt nicht mit auf der derzeitigen 80's/90's-Retro-Welle, er schwebt vielmehr irgendwie weltfern darüber.
Eben weil der verträumte Pop-Intellektuelle mit diesem edlen Werk den Hörer beinahe glauben macht, dass sein sympathisches Ansinnen einst tatsächlich realisierbar gewesen wäre: Die Welt mit Musik verändern zu können.
1 Kommentar
Ja, Paddy ist zurück. Angestaubt, aber liebenswert, meldet sich McAloon aus der neunziger Jahre Homebase. Süßlich wie immer und religiös verkopft. Die Stimme haut dir Dramatik und Wehmut um die Lauscher. Kann man machen. Oder aber weghören http://www.jahrgangsgeraeusche.de/2009/09/…