laut.de-Kritik

Der Riss, der durch die Welt geht.

Review von

Der menschliche Geist - ein oszillierender Ozean aus Bewusstsein und Begierde, erzdüster und voller Dämonen. Das Konzept von Gut und Böse? Ein dualistische Illusion, um Unbegreifliches begreiflich zu machen, die dunklen Gassen, in denen die Geister lauern, zu erhellen. Wer ist schon frei von Gefühlen und Emotionen wie Angst, Wut, Neid und Eifersucht? RPWL-Sänger und Tastenheld Yogi Lang fragt treffend im Song "Another Life Beyond Control" "Are you evil, are you good, can you see it in their eyes?", nur um direkt seinen Blick auf die "Dark Side Of The Soul" zu lenken. Als Pink Floyd-Fan und Interpret versteht sich diese Referenz von selbst.

RPWL kehren mit ihrem zehnten Album zurück und präsentieren sechs Songs über ungeklärte und unerklärliche Verbrechen, die der Ambivalenz der menschlichen Seele entspringen. "Red Rose" führt in Form einer anrührenden Ballade in die Gedankenwelt des nekrophilen Radiologen Carl Tanzler ein. "A Cold Day In Spring '22" beleuchtet die mysteriösen Morde an einer Familie und spannt den Bogen zu den politischen Wirren der Weimarer Zeit.

Nur auf den ersten Blick trifft es die Losung Texte voller Düsternis, Musik voller Schönheit. Ein noisiges Blues-Lick konterkariert in "Another Life Beyond Control" die sanften Sythie-Sounds. Der majestätische Refrain ist als Weiterspinnung des machtbessenen Größenwahns im Angesicht des Todes zu deuten. Vor dem Solo-Teil entledigt sich Gitarrist Kalle Wallner von der Sound-Schmutzschicht und legt die der Tonfolge inhärente Melodie in lieblichem Klang-Gewand offen.

Dieser fantastische Album-Abschluss ist der heimliche Hit der Platte vergleichbar mit "What I Really Need" vom Vorgänger "Tales From Outer Space". Wie beim letzten Album denkt die Band von Song zu Song, die zwar durch die Tatort-Thematik miteinander verbunden sind, jedoch jeweils für sich stehen.

Das herrliche doppeldeutig betitelte und die Täter wie Opfer-Perspektive beleuchtende "Victim Of Desire" ist eine hochfliegende Hymne. Aufgrund der jüngsten Soloaktivitäten der beiden Bandköpfe Wallner/Lang gehen die Bayern deutlich entschlackter und fokussierter zu Werke. "Victim Of Desire" enthält ein überschaubares Maß an einzelnen Teilen, besticht dafür mit einer Fülle an eingeflochtenen Details. RPWL gehen somit ähnlich zu Werke wie die Neoprog-Kollegen von IQ und Marillion.

"Life In A Cage" besitzt den größten elektronischen Anteil aller sechs Songs, was sich in einem schematischen Drum Loop, extravaganten Synths und Vocal-Effekte niederschlägt. Ein wenig erinnert das an die Genesis der Achtziger nur ohne den Schreck-Effekt, den Collins und Co. bei Prog-Fans erzeugten. Die Synthetik des Songs symbolisiert den weltfernen Charakter des entfremdeten Individuums. Das Echo der Schreie der Opfer hallt inzwischen weit durch den Kosmos. Die Geschichten bleiben. RPWL setzen den Taten kleine musikalische Denkmäler. Sie erzählen ruhig und bedächtig, und ohne zu glorifizieren vom Riss, der durch die Welt geht.

Trackliste

  1. 1. Victim Of Desire
  2. 2. Red Rose
  3. 3. A Cold Spring Day In '22
  4. 4. Life In A Cage
  5. 5. King Of The World
  6. 6. Another Life Beyond Control

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT RPWL

1997 ursprünglich tatsächlich nur als Coverband für Pink Floyd von Jürgen 'Yogi' Lang (Gesang/Keyboards) Karlheinz Wallner (Gitarre), Chris Postl …

2 Kommentare mit einer Antwort