laut.de-Kritik
Dieses Mörderbrett atmet den Geist der 36 Kammern.
Review von Dani FrommSelten genug halten Fortsetzungen, was das Original versprach. Zu oft entpuppt sich der zweite Teil lediglich als kläglicher Versuch, die Welle des Vorgängers noch ein Stückchen weiter zu reiten. Im Fall "Only Built 4 Cuban Linx" handelte es sich um einen Tsunami. Kaum jemand bestreitet: Raekwons Solo-Debüt verdient seinen Klassiker-Status.
Allein: Seit seiner Veröffentlichung wuchs eine ganze Kopfnicker-Generation heran. Die Erwartungen an ein Sequel hatten (zusammen mit dem Argwohn ob diverser Label-Wechsel und Namedroppings) ein Jahrzehnt plus weitere knapp fünf Jahre, in denen der Release-Termin wieder und wieder verschoben wurde, Gelegenheit, lustig ins Kraut zu schießen. Nach so langer Wartezeit erhofft man sich entweder ein Mörderbrett - oder gar nichts mehr.
Zweifler dürfen sich getrost aus den Latschen mähen lassen: Der übersichtlichen Beteiligung RZAs zum Trotz - er steuert gerade einmal drei Beats bei - hat "Only Built 4 Coban Linx 2" die langen Schatten nicht zu fürchten. Der Sound, an dem eine wüste Armada verschiedener Produzenten mitstrickte, atmet fast durchgehend den Geist der 36 Kammern. Die vielen Köche, die unter Chef Raekwon anrichten, sorgen zwar für Abwechslung. Dennoch gerät das Menü erfreulich stimmig.
BTs "Return Of The North Star" wird zwar bescheiden als "Interlude" gehandelt, wächst sich vor einlullendem, fast schon kitschigem Streicherhintergrund jedoch zu einem stimmungsvollen Opener aus, der ausdrucksstarken Stimmen eine würdige Bühne bereitet.
Genug entspannt? Gut, denn: "Wolves in a pack / ready to attack" rottet sich im "House Of Flying Daggers" mit Inspectah Deck, Method Man und einem auch sonst stark repräsentierten Ghostface Killah ein angriffslustiges Rudel zusammen. "Nobody is gonna save you now." Schon gar nicht, wenn man gerade paralysiert den Umstand zu verdauen sucht, dass der sich gnadenlos vorwärts beißende Beat aus den Reglern Dillas stammen soll.
Seiner Arbeit wurde bereits reichlich gehuldigt. "Only Built 4 Cuban Linx 2" zeigt an mehreren Stellen, wieso. Immer wieder schlingert das wuchtige "10 Bricks" an der Grenze zum Epischen entlang, ohne zu kippen. Angesichts des Souls, der schillernden Streicher und des phantastischen Basses möchte man in "Ason Jones", einer ergreifenden, mit O-Tönen durchzogenen Hommage an Ol' Dirty Bastard, gleich um zwei verlorene Legenden weinen.
Zwar erscheinen mir Basslauf und bedrückender Überbau zu "Sonny's Missing", die Pete Rock zu verantworten hat, verteufelt vertraut. Dennoch liefert Raekwons Storyteller-Talent gepaart mit der passenden Geräuschkulisse ein detailreiches Drehbuch fürs Kopfkino.
Nicht weniger intensiv bereitet Marley Marl nur so herausdrängenden Zeilen ein instrumentales Bett: "Pyrex Visions" gerät nachdenklich, nachdrücklich - und, wie auch Erick Sermons "Baggin Crack", viel zu kurz.
Die konsistente Atmosphäre verleibt sich - neben den üblichen Kung-Fu- und Mafia-Storys - ungewöhnlich Tönendes wie The Alchemists "Surgical Gloves" oder einen Auftritt von Jadakiss ohne Murren ein. Selbst die mit Skepsis beäugte Beteiligung Dr. Dres ("Catalina", "About Me") bricht den Zusammenhang nicht auf, obschon die Soundästhetik mit Claps und Pianogeklimper ein wenig aus dem Rahmen fällt.
Gewöhnungsbedürftig penetrant: der Gesang in "Have Mercy". Allah Mathematics überfrachtet seine "Mean Streets", und das krampfige Wortspiel im Titel von "We Will Rob You" mutet doch etwas infantil an. An anderer Stelle wird man für derlei aber reichlich entschädigt.
Ob staubtrockenes Schlagzeug und perfektes Zusammenspiel von Raekwon und Ghostface in "Penitentiary", Masta Killas herrlich lakonischer Flow ("Kiss The Ring"), des RZAs Verwurstung des "Godfather"-Themas ("Black Mozart") oder sein exzellentes Handwerk in "Nu Wu", das Raekwon, Ghost und Method Man mit untadeliger Reimkunst krönen: Die Zahl der Gründe, dieses Album zu feiern, heißt Legion.
35 Kommentare
Nachher wird der Plattenladen gestürmt
Sehr wahr. Die Produktion ist Eins A. Vor allem weil sie irgendwie zusammenpasst und beim knarzigen Wu-Tang Sound bleibt und damit irgendwie zeitlos wirkt.
Für mich das konstanteste und vielleicht auch beste Album des Jahres. Was allerdings wirklich nicht schwer war...
Dem kannn man nichts mehr hinzufügen.
Ohne Zweifel das bisher beste Rap-Album 2009: http://taki183.wordpress.com/2009/10/15/ra…
@Screwball (« "ason jones" gefällt mir neben "10 bricks" und "house of flying daggers" mittlerweile am besten. vielleicht kann ich mich ja doch noch mit der platte anfreunden. »):
und wie ich kann. füge "cold outside" zu den faves und bin auch bei 4 punkten.
New Wu ist hervorragend. Der Rest nicht so sehr. Sicher n ganz gutes Album aber irgendwie nicht mehr mein Fall. Black Mozart ist noch ganz cool.