Porträt

laut.de-Biographie

Rockstah

"Immer werd' ich so krass in dieses Hipster-Ding reingedrückt", beschwert sich Rockstah in einer von Mixery Raw Deluxe einberufenen Runde, in der Moderator Falk Vertreter der von ihm so genannten "neuen Reimgeneration" um sich versammelt. "Ich kauf' mir so selten Klamotten. Ich bin dick und bärtig. Ich weiß gar nicht, was das soll."

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Fraglos zählt Rockstah aber zusammen mit Ahzumjot, Cro oder Olson, zu einer ganzen Reihe spannender junger Rapper, die dem Deutschrap 2011 eine neue Facette hinzufügen. Jeder auf seine Art. Rockstah nennt die seine "Nerdrevolution".

Am 27. Februar 1984 erblickt ein Knabe namens Max das Licht der Welt. Sein Wohnort Rodgau und sein Nachname - Nachtsheim - legen den begründeten Verdacht nahe: Es handelt sich um den Sohn des Badesalz-Komikers Henni Nachtsheim.

"Mit 'nem Comedian als Vater groß zu werden, das ist das Absurdeste, das du dir vorstellen kannst", erklärt Max später in einem Interview. "Ständig hörst du: 'Du bist doch der Sohn vom Nachtsheim. Dann sei jetzt mal lustig!'"

Max entpuppt sich tatsächlich als ziemlich lustig. Er, der Klassenclown, schreibt Sketche und Theaterstücke, spielt auch selbst Theater. 2004 wagt er sich sogar auf die Bühne des Quatsch Comedy Clubs - ziemlich besoffen. Der Auftritt endet in einem Desaster.

"Genau ein Jahr später hab' ich dann mein erstes Freestylebattle gewonnen. Da wusste ich: Okay, das eine ist richtig. Das andere war falsch." Max steht fortan unter dem Alias Rockstah auf der Bühne.

Damit, gleichzeitig Bushido und Dendemann zu seinen Einflüssen zu rechnen, sich als Aggro-Fan und Anhänger von Haftbefehl zu outen, hat Rockstah überhaupt kein Problem. "Es ist nicht meine Welt, aber ich find' es einfach geil."

Rockstah legt Wert auf gesundes Wachstum. "Das Unspektakuläre spektakulär machen", darin sieht er seine Bestimmung. Er rappt folgerichtig über sich, sein Leben, seine Film-, Serien- und Computerspiel-Abhängigket - und steigert sich kontinuierlich.

Rockstah - Cobblepot
Rockstah Cobblepot
Sprengt einen mächtigen Krater in den Einheitsbrei.
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Parallel zu seiner Ausbildung als Mediengestalter veröffentlicht Rockstah mehrere Demos und Mixtapes, ehe die Idee zu seinem ersten Album "Nerdrevolution" keimt. Das fällt 2010 auf fruchtbaren Boden.

Falk wittert in Rockstah "den spannendsten Newcomer des Jahres 2010". "Als der Anruf kam, habe ich a) fast einen Unfall gebaut, weil ich im Auto saß, und b) dabei laut meinen Namen geschrien wie ein Pokemon", erinnert sich Rockstah gegenüber JDs Rap-Blog an diesen Ritterschlag.

"Alle waren auf einmal so 'Hype. Du bist jetzt Hype.' Und ich war so 'Nein, ich bin Max! Ich mag Videospiele und Hot Brownies mit Eis'", bleibt Rockstah bodenständig. "Man sollte den Hype mit Vorsicht genießen."

Doch mit dem Hype kommen die Angebote. Seine "Nerdrevolution" bringt Rockstah 2010 trotzdem ganz alleine in seinem Kinderzimmer zur Welt und unters Volk. "Du gibst dein Kind nicht kurz, bevor es volljährig wird, zur Adoption frei", erklärt er gegenüber meinrap.de.

Er steht bald schon als Vorab-Act vor Olli Banjo, Prinz Pi, den Orsons oder Casper auf der Bühne, geht im Dezember 2010 auf eine eigene Tournee uns steht 2011 erstmals beim Splash! auf der Bühne.

Seine Musik spiegelt mit rockigen oder elektronischen Elementen seine vielfältigen musikalischen Interessen. Trotzdem möchte Rockstah sich nicht in die Schublade "Rap für Leute, die eigentlich keinen Rap mögen" einordnen lassen. "Ich empfinde das als Hochverrat an der Hip Hop-Kultur, zu sagen: 'Ich mach' Rapmusik, aber nicht für Raphörer.'"

Obwohl die Karriere einen Schub bekommen hat, gerät sie nach der gemeinsamen Crockstahzumjot-Tour erst einmal ins Stocken. Dinge dauern länger als vorgesehen. Gegenüber der Juice spricht Rockstah von einer "großen Fehlentscheidung" bei der Wahl seines Labels. Erst als er in der Obhut Embassy Of Music landet, läuft es wieder rund.

"Pubertät" erscheint, wie Rockstah im Titeltrack lakonisch anmerkt, "nur ein Jahr zu spät". Die große Hype-Welle reitet er so nicht mehr, was aber auch seine Vorteile besitzt: Abseits von Cros Schatten, in den er ohnehin nie so ganz hinein passte, zieht Rockstah nun ein komplett eigenständiges Ding durch.

"Pubertät" kommt zwar bei der Kritik gut weg, erfüllt aber kommerziell nicht ansatzweise die Erwartungen. Max reagiert gefrustet und hängt die Musik an den Nagel.

Realistisch betrachtet, wäre auch kaum Zeit dafür geblieben: Zu einer Zeit, da in Deutschland noch kaum jemand von Podcasts spricht, entdeckt Rockstah sein Talent für dieses Medium - und nimmt das Brachland im Sturm: "Damals war noch superviel zu holen, man konnte sich mit Ideen austoben. Das fand ich voll schön. Im Rap war das zu dem Zeitpunkt halt nicht mehr möglich."

Rockstah bringt diverse Podcast-Reihen an den Start und - später - als Liveprogramm auf die Bühne. Die Fangemeinde wächst, der finanzielle Druck schwindet, und urplötzlich ist die Lust wieder da, doch wieder Musik zu machen.

"Cobblepot" liefert im Herbst 2018 den Soundtrack zu den Podcasts: Nerdy wie eh und je, gehorcht das Album nur einer Maxime: "Mach' alles, was aktuell in der deutschen Musikszene passiert, bitte nicht."

"Ich bin uncool, aber damit auch cool", so sieht ungebrochen Rockstahs Selbstbild aus. "Wir sind halt keine harten Typen. Ich hab' aber trotzdem Bock, ich lieb' die Musik und ich hab' was zu sagen ... Ich bin eigentlich voll real. Aber das weiß ja immer keiner." Langsam könnte man es wissen.

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Rockstah - Cobblepot: Album-Cover
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  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2018 Cobblepot

Kritik von Dani Fromm

Sprengt einen mächtigen Krater in den Einheitsbrei. (0 Kommentare)

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