laut.de-Kritik
Deutschland hat wieder einen Entertainer von Format.
Review von Artur SchulzBerlin, 13. Februar 2008, Heimspiel für Deutschlands Swing-König. Eine kurze Ankündigung, begeistertes Publikum - bereits mit der Konzert-Eröffnung "Die Liste" hat Cicero die Besucher im Tempodrom fest im Griff. Er begrüßt sie höflich-charmant und startet eine Reihe von Titeln aus seinem zweiten Studio-Album "Beziehungsweise". Künstler und Big Band sind in dezente, adrette Anzüge gehüllt. Mit ihren obligatorischen Hüten wirken sie wie frisch aus dem alten New York der Swing-Ära eingeflogen.
In seinem Repertoire verzichtet Cicero nahezu gänzlich auf Cover-Versionen. Mit zwei Ausnahmen: Die bereits auf dem Debüt-Album erschienene Adaption von Sinatras "Fly Me To The Moon" ("Schieß Mich Doch Zum Mond") findet seinen Weg auch in die TempodroM-Nacht. Das zweite Cover stellt, wie bereits bei der ersten Konzert-Tour, eine besondere Spezialität dar. Handelte es sich damals um Rio Reisers "König Von Deutschland", taucht nun Grönemeyers "Männer" auf. Dies in einer komplett neu arrangierten Fassung, der die Jazz-Fassung ausgezeichnet steht und neue Nuancen aus dem alten Klassiker heraus zaubert.
Ciceros bewegende Ballade "Ich Atme Ein" erstrahlt gerade live in einem nachhaltigen Licht. Mit einem beschwingten Potpourri von Songs, auf die das Publikum schon längst wartet, beschließt Cicero seine Show, darunter "Kein Mann Für eine Frau", "So Geil Berlin" und natürlich "Frauen Regier'n Die Welt". Cicero und seine zum Teil langjährigen Mitstreiter in der Big Band begeistern mit Drive, Stil-Klasse und Eingespieltheit, die aber stets Raum für spontane Momentaufnahmen und längere Improvisationen lässt. Gerade die Bläser-Sektion lässt es unter der Leitung von Piano-Mann und musikalischem Arrangeur Lutz Krajenski kräftig krachen. Matthias Meusel an der Schießbude feuert punktgenaue Salven ins Publikum.
Bestnoten für die DVD-Umsetzung: Von allererster Güte zeigt sich die Regie-Arbeit, Paul Hauptmann hat bereits eine beeindruckende Reihe hervorragender Konzert-Arbeiten vorzuweisen. U. a. betreute er Coldplay, die Red Hot Chili Peppers, David Bowie, Rosenstolz und Xavier Naidoo. In Sachen Schnitt und Kameraperspektiven unterstützen er und die eingesetzten Kameraleute jeden Song auf individuelle Weise und fangen das Konzert damit einfühlsam ein.
Der technische Standard ist, wie vom Vorgänger gewohnt, auf hohem Niveau. Das klare, sehr gut kontrastierte, detailreiche Bild in 16:9 kann wahlweise mit PCM Stereo, Dolby Digital 5.1 oder DTS 5.1 unterlegt werden. Die Abmischung ist exzellent, keine Spur von schmerzhaften Höhen gerade bei der Bläserarbeit, der Bass gelangt satt und nie zu aufdringlich ans Hörer-Ohr. Als Zugabe ist neben den Video-Clips zu "Die Liste" und "Wovon Träumst Du Nachts" eine unterhaltsam-informativ gestaltete Interview-Dokumentation enthalten.
Cicero bewahrt das Bewährte, geht aber stets nach vorn. Ist mancher Alben-Originalaufnahme vielleicht noch besonders stark dem Pop verhaftet, ersetzen Künstler und Band ihn live mit stärker ausgespielten Jazz-Facetten und veredeln ihn durch mitreißende Soli und Improvisationen. Auf der Bühne mit lässigem Stil, viel in Bewegung und mit einem großen Feeling für Musik und Interpretation ausgestattet: Ja, Deutschland hat wieder einen echten Entertainer von Format.
4 Kommentare
Diese Review ist wirklich punktgenau und äusserst gut geschrieben. Ich habe selbst ein Konzert der Beziehungsweise Tour in Trier besucht und war äusserst begeistert. Schade das in der Review die Prinz-coverversion nicht erwähnt wird die gehört definitiv zu den Höhepunkten des Konzerts. Die Big Band kommt elegant und edel daher und macht jede Menge Spass. Die DVD der "Männersachen Tour" war ja schon 1A und das Konzept und die Qualität bleiben gleich gut. Man kann zu Cicero stehen wie mal will aber ein Frank Sinatra und ein Sammy Davies Jr würden sich sicher nicht schämen mit ihm auf einer Bühne zu stehen.... Let´s swingggg
Nachtrag: in der Playlist erscheint die Prince Nummer auch gar nicht so das Sie wohl rausgeschnitten wurde. Das ist äusserst Schade. Hat wohl irgendetwas mit den Urheberrechten zu tun oder ansonsten kann ich mir nicht erklären warum diese furios vorgetragene Coverversion auf der DVD fehlt... Schade
*Schreck gekriegt im ersten Moment: Du bist blind & taub*
Welcher Prince-Song war es denn?
Der Song heisst "How come you don´t call me anymore". Die Cicero Version ist aber sehr überzeugend. Grossartig arrangiert und super gut gesungen. Einer der Höhepunkte des Konzerts. Auch das Publikum war begeistert. Der Song ist als bonus Track auf der Single "Alle Möbel verrückt" zu finden. Schade das es keine Rechte für die DVD gab glaub nicht das Cicero freiwillig darauf verzichtet hat.
Hier ein Link zum Auftritt
http://de.youtube.com/results?search_query…