laut.de-Kritik
Jugendwort 'gottlos' im Altherren-Metal angekommen.
Review von Philipp KauseStrahlend blitzen die hohen Töne in "Ode To A Madman" auf und ziehen in die warme Sound-Gesamtkulisse von Ronnie Atkins' Band ein. Abermals hat sich der Frontmann der Pretty Maids mit Keyboarder und Lead-Gitarrist Chris Laney zusammengetan. Sich in einen Verrückten reinzudenken, ist das Thema dieses Songs, "enter a madman's mind-set", es geht um die "great mistakes that you've made". Passend dazu entspinnt sich der Track als schwerer Spaziergang mit druckvollem Gebratzel.
Auf "Trinity" entlädt sich erlebter Frust, ziemlich persönliche Themen und autobiographisch Erlebtes, wie Atkins verrät. In "Sister Sinister" dreht sichs um "an explosion of emotions". Grund ist eine "cold-hearted woman", die ihn verführt, dann betrügt, dann "mit Worten vergiftet" und hernach verlässt. "Und ich versuche, ebenso ein bisschen Optimismus reinzuquetschen", kommentiert der Sänger das Album. - Deswegen kläfft er in "Shine" auch engagiert und ohne aufzugeben "Come, shine with me!"
Daneben kämpfte er mit Bürokratie, gegen einen "Paper Tiger". Klar, da würden viele gerne mal so richtig ihren Brass raus schreien - er tut es. Mit Zerknirschtheit, Anspannung und 'Pissed-Off' in der Stimme. Aber nicht jeder von uns hat dazu eine schöne Melodie für alle zum Mitgrölen - er hat sie. Er hat lauter schöne Melodien wie "Soul Divine", "Raining Fire" - perfekte Heavy-Hymne über Wunden, die nie heilen - und "The Unwanted". Er versteht es, sie in guten dramatischen Bögen hoch zu schrauben und spannend einzukleiden. Während die Intros meist zaghaft und ruhig die Umgebungsluft schnuppern und dem Fan Zeit geben, sich zu sammeln, pumpen sich die Tracks dann zur Hochform auf. Dabei kann das Vorspiel sehr abrupt auf den Peak springen, wie in "Godless", wo der Höhepunkt am Ende der ersten Minute erreicht ist und die Band ihn noch fünf weitere Minuten lang auskostet.
Als wirkungsvoll für so etwas erweisen sich neben der explosiven Arbeit an den Drums, an denen der Däne Allan Sörensen ein Höchstmaß an körperlichem Einsatz mit Vorliebe für die große Kickdrum investiert, auch die elegischen Spacerock-Mini-Soli an den Gitarren. Gleichwohl sie nicht im Mittelpunkt stehen. Tipp: In der vierten Minute von "Shine" gibts mal ein längeres Solo. Sonst glänzt eindeutig der Gesang, eine große Theatervorführung, der "Hamlet" des Melodic Metal.
Mehr mit Elementen von Radio-Hookline-Pop und Hardrock werkelt "If You Can Dream It". "What If" berührt als obligatorische Feuerzeug-Schwenk-Ballade. Konventionellster, aber auch eingängigster Tune ist der an Saga und überhaupt an die Eighties angelehnte Keyboard-dominierte Upper Midtempo-Song "The Unwanted". Eine kleine Pointe ergibt sich in der Betitelung des Tracks "Godless". Ob Atkins wusste, wie oft manche Teenager in Deutschland pro Tag das Wort 'gottlos' sagen? Insgesamt führt die Scheibe vor: Wer in den Texten wirklich was zu erzählen hat, dem gelingen die Seducer-Harmonien von ganz alleine, und dem fällt eine emotional mitreißende Performance leicht. Hier kommen also lauter Glücksfälle zusammen - wirklich großes Kino!
1 Kommentar
Vollster Respekt an Mr.Atkins...trotz Krebsdiagnose trotz Er mit dem mittlerweile 3.Album danach mit straighten Melodic Rock