laut.de-Kritik
Nanu, wo ist denn die "7" geblieben?
Review von Michael Schuh"Nanu, wo ist denn die '7' geblieben?", werden sich jetzt einige fragen und tatsächlich: Bei S Club 7, dem mit zwölf Millionen verkauften Platten zum Erfolg verdammten, britischen Teenie-Theater, ist ein Mitglied ausgestiegen. Paul Cattermole ist raus und will - nicht lachen! - in Zukunft als Rockmusiker Karriere machen. Eigentlich muss man vor soviel Standhaftigkeit den Hut ziehen, gerade in Zeiten, wo sich zigtausende Jugendliche in allen westlichen Teilen der Welt für selbstverliebte Casting-Juroren zurecht stylen, um ihnen "I Will Always Love You" in der Extended Kreisch-Version vorzutragen.
Im Gegensatz zu all den um den Eintritt in die Glitzerwelt heischenden Nachwuchstalenten weiß Cattermole mittlerweile um den Horror hinter den Kulissen und lässt seine zum S Club geschrumpften Kollegen alleine in der stählernen Popstar-Tretmühle schwitzen. Doch so einfach läuft der Popstar natürlich nicht davon, da hätte S Club-Manager und Spice Girls-Entdecker Simon Fuller sicher etwas dagegen gehabt, der Ausstieg wird in der beliebten S Club-Fernsehserie natürlich das große Thema. Ist die in hundert Länder verkaufte Staffel irgendwann mal fertig, muss Cattermole froh sein, wenn sein Rockstar-Wunsch nicht noch durch gemeines Kleingedrucktes an den Fullerschen Entertainment-Konzern gebunden ist.
Selbstredend lassen sich die übrigen S Clubber von Marginalien wie dem Ausstieg eines Bandmitglieds nicht beirren, sehen zur Sicherheit aber trotzdem mal doppelt: "Seeing Double" heißt das neue Album der Pop-, Fernseh- und bald auch Filmstars. Denn im Herbst ist es endlich soweit und der gleichnamige Spielfilm kommt in die Kinos, der sechs Songs des Albums featuret. Auf dem Cover sieht man die Sechs von einem Helikopter kommen, ein Bild, das an ABBAs "Arrival"-Cover von 1977 angelehnt ist. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Schweden ihr "Waterloo" allerdings schon hinter sich und flogen einem zweiten Frühling entgegen.
Warum ich das alles erzähle weiß ich eigentlich selber nicht. Wahrscheinlich deshalb, weil "Seeing Double" lebloser klingt als ein Kosmetikprodukt. Weil es nichtssagend und austauschbar ist. Weil der lauwarme Dance-Pop mit kunterbunten Kiddie-Refrains nicht einmal den Stellenwert einer Whitney Houston-B-Seite von 1987 erreicht, geschweige denn den Brit Awards gekrönten S Club 7-Hit "Don't Stop Moving". Und weil mit "Whole Lotta Nothin'" und "Gangsta Love" nur zwei halbwegs okaye Pop-Songs auf dem Album sind. S Club-Erfinder Fuller verriet dem Spiegel kürzlich das Konzept seiner Popstar-Projekte: "Nimm eine Idee, blas sie zum absoluten Maximum auf, und hol alles raus, was geht." Im S Club-Luftballon scheint noch ein wenig Luft zu sein.
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