laut.de-Kritik
Der O Fortuna-Bleifuß wirkt kontraproduktiv.
Review von Ulf KubankeVon Black Metal bis hin zu sinfonischem Sakro-Pop hat der stets ebenso ambitionierte wie umstrittene Alexander Kaschte bereits alles verwurstet, was in der erweiterten schwarzen Szene ankommt. Nach dem großen kommerziellen Erfolg des letzten Chartalbums "Asen'ka" gibt es nun das zugehörige Schwesteralbum "Niemand, Niemand Anderem Als Dir". Mit großem Abstand die künstlerische beste Gesamtleistung von Mr Samsa überhaupt.
Der Kontrast: Trotz schicker Grundideen und Konzepte krankte bisher jede der zehn Platten am großen Graben zwischen philosophischem Anspruch und songtextlicher Wirklichkeit. Der Bandname Samsas Traum ist zwar angelehnt an Kafkas "Die Verwandlung". Doch hanebüchene Pennälerlyrik auf dem niederen Niveau Blutengels, Untoten und Konsorten unterstrich ein ums andere Mal lediglich die große Distanz zu Kafkas Sprache.
Doch nun ist Schluss mit überforderten Zeilen! Die "Niemand"-Scheibe kommt rein instrumental daher und präsentiert alle Songs als Variation der verschiedenen musikalischen "Asen'ka"-Motive. Alles eingehüllt in einen Mantel zwischen Kammermusik und bombastischem Sympho-Pomp. Von minimal bis schwülstig gibt es die gesamte Bandbreite.
Die Erstauflage erscheint im opulenten Gewande mit niedlichem Cover, knapp 50-seitigem Buch samt Kunstdrucken und allem Pipapo, das das Fanherz sicherlich erfreuen wird.
Die Tracks funktionieren vollkommen unabhängig vom Ausgangsalbum und geraten aufgrund der unterschiedlichen Arrangements eigenständig. Der Einstieg gelingt perfekt mit dem Hauptthema "Jetzt Und Hier Und Überall". Ohne die leider uncharismatischen Vocals Kaschtes erblüht die schöne Melodie zu einem Marsch in Richtung altes Hollywood und der spielerischen Leichtigkeit eines mit Klassikelementen jonglierenden Mike Oldfield.
Bei "Deines Herzens Regeln" steigert sich ein trippelndes Piano zum dramatischen Crescendo und zurück. Garniert mit ein paar Synthie-Streichern, wie sie auch Ennio Morricone gern in den 80ern für Soundtracks wie "Le Professionel" nutzte. Freilich ohne dessen zwingende Intensität zu erreichen. Bei "Süßer Schlamm" bedient man sich hingegen clever bei typischer John Carpenter Ästhetik.
Dennoch kann das Album nicht zu Hundert Prozent überzeugen. Viele gute Ansätze werden mit einem übertrieben donnernden Einsatz unangenehm breitbeinig aufgeblasen. Statt Dramaturgie bleibt in solchen Momenten nur das Melodram des Holzhammers. So etwas funktioniert als Konzept nur wenn die Melodien Weltklasse sind. Das jedoch ist schon bei dem Ausgangswerk "Asen'ka" nicht der Fall. Mit mehr Mut zum ruhigen Moment würde die Ausstrahlung sicherlich gewinnen. Der ständige "O Fortuna" Bleifuß wirkt hie und da kontraproduktiv. Als hätte man ein Oratorium vor sich, dem der Chor abhanden gekommen ist.
Die Bonus-CD liefert in der Erstauflage dann noch ein paar rockende Momente. Liv Kristine ist noch nie als große Sängerin aufgefallen und liefert mit Kaschte hier auch kaum mehr als den gewohnten Kitsch ab. Und auch Vic Anselmo oder My Engström-Renman (Hellsongs) retten mit routinierter Darbietung nur das Notwendigste. Insgesamt überwiegen dennoch erstmals im Hause Samsa die überzeugenden Elemente. Alexander Kaschte sollte nur noch Instrumentalplatten machen und sein durchaus vorhandenes Talent als Komponist entwickeln.
2 Kommentare mit einer Antwort
Werde eventuell mal reinhören. Textlich liefert er genau das, was viele in der Schwarzen Szene anscheinend mögen: Mit Pathos und Weltschmerz aufgeblasene Pennälerlyrik, die in den Ohren eines Lacrimosa-Fans klingen muss wie Goethe, aber doch niemals so niveauvoll ist, wie es die Fans behaupten und der Autor es gerne wäre.
Haha, dein Kommentar hat mich wirklich zum Lachen gebracht. Obwohl ich zugeben muss, ich mag einiges von Samsas Traum echt gern, v.a. A.ura. Ok, und von Lacrimosa mag ich auch ein paar Stücke.. ups. Naja trotzdem triffst du es auf den Punkt.
Der Typ bekommt von mir den "vegan" - Bonus.