laut.de-Kritik
Auch eingefleischte Fans dürften da die Nase rümpfen.
Review von Giuliano BenassiErinnert sich noch jemand an Ofra Haza? Sie war eine israelische Sängerin, die 1986 mit "Im Nin Alu" einen internationalen Hit hatte und 2000 überraschend starb. Drei Jahre später scheint Sarah Brightman ihr Erbe angetreten zu haben - nicht nur in Hinsicht auf die Garderobe, sondern auch auf die Musik.
"Mit 'Harem' wollte ich ein Album mit dem perkussiven Gefühl des Nahen Ostens kreieren", erzählt der englische Musical-Sopran. "Ich war schon immer von der Wüste fasziniert, von dessen räumlicher Dimension, der friedlichen Stille und der Spiritualität". Das Ergebnis ist Brightmans bislang wohl ambitioniertestes Projekt. Diesmal verzichtet sie auf Duette mit Star-Tenören und hat dafür renommierte Gäste wie den Geiger Nigel Kennedy und den irakischen Sänger Kadim Al Sahir eingeladen. Verantwortlich für die Produktion ist unverändert ihr erfolgreicher Solo-Wegbegleiter Frank Peterson von Enigma.
Trotz Studioaktivitäten in Europa, Kanada und dem Nahen Osten bleibt das Erfolgsrezept unverändert. Wie ein Vogel trällert Brightman ihre Texte, dabei unterstützt von Beats, Geigen, Flöten und Klavieren. Neu sind lediglich Shakira-inspirierte pseudo-arabische Dudeleien. Nicht jedermanns Sache, aber auch eingefleischte Fans dürften die Nase rümpfen, wenn sie der x-ten Interpretation von Louis Armstrongs entfremdeten Klassiker "What A Wonderful World" lauschen müssen.
"What You Never Know", "The Journey Home" und "The War Is Over" sind schmalzige Balladen, "It's A Beautiful Day" eine angepasste Puccini-Arie sowie "der Hit aus der ZDF Rosamunde Pilcher-Kampagne", wie ein Sticker auf der CD-Hülle besagt. "Misere Mei" und "Beautiful" lassen schlechte Erinnerungen an Enigma-Tage wieder auferstehen, etwas bewegungsreicher gehen "Mysterious Days" und "Arabian Nights" über die Bühne. Ein bisschen Rimsky-Korsakoff in "Stranger Than Paradise", dann darf sich Nigel Kennedy im französischen "Guéri de Toi" abschließend noch mal austoben.
Bei Nahem Osten und Perkussion kommt eher Krieg als Musik in den Sinn, zudem dürften die wenigsten Bewohner der Gegend friedliche Stille oder Spiritualität mit den endlosen Stein- oder Sandflächen der Wüste verbinden. Eher Hitze, Dürre und Tod. Aber Brightman ist ja eine Künstlerin, sie darf also etwas Poesie in den Alltag bringen. Ob das Ergebnis auch nur annähernd etwas mit der Realität zu tun hat, sei jedoch dahin gestellt.
2 Kommentare
Was als schmalzige Baladen bezeichnet wird,
hilft vielen Menschen beim Entspannen.
Die Seele baumeln lassen fällt mir leicht
wenn ich Musik höre, auch Sarah Brigthmans Stimme, der Text ist meist Nebensache. Vieles ist natürlich auch Geschmackssache, mancher gefällt sich halt in kritischen Äußerungen, schiebt dabei
selbstgefällig das Recht auf freie Meinung vor,
dabei hat auch er nur einen anderen Geschmack als die anderen. Robert Braun
Entspannen und die Seele baumeln lassen, das kann man bei vielerlei Art von Musik. Manche Menschen tun das auch bei CDs aus der "Brigitte".
Nichts gegen Miss Brightman, sie hat ihre musikalischen Qualitäten. Nur sicher nicht im diesem seltsamen Ambient-Arabian-Pop.
Wenn ich diese Art von Musik "in gut" hören möchte, wende ich mich eher einer Dame namens [url=http://www.laut.de/wortlaut/artists/a/atla… Natacha Atlas [/url] zu. Bei ihr ist zwar auch nicht unbedingt alles Gold was glänzt, aber sie ist immerhin mit einer guten Portion Lokalkolorit behaftet und kennt die Wüste Ägyptens nicht nur vom Hörensagen.
Ich besitze Miss Brightmans CD übrigens, eine Sicherungskopie, die man mir mit dem Tip "unbedingt anhören" einmal regelrecht aufgedrängte. Ich hab reingehört, sogar komplett durchgehört. Und die 2 Balken sind für meine Begriffe fast noch geschmeichelt.
"What A Wonderful World" ist grob unsportlich, dafür müsste es für Miss B. die gelb-rote Karte geben.
Miss Atlas übrigens leistete es sich, mit "A Man's World" auf ihrem Album Something Dangerous einen ähnlichen Klassiker zu covern. Allerdings mit einer guten Portion mehr Intensität und Seele.