laut.de-Kritik
Gestolpert, gestockt und hingefallen
Review von Franz Mauerer"A Trip A Stumble A Fall Down On Your Knees" ist ein toller Albumtitel, allein schon, weil man gleich an "A Rush And A Push And The Land Is Ours" denkt. Seasick Steve ist nach wie vor ein klasse Typ, nur bleibt der Überraschungseffekt "So einen gibt es noch, und dann auch noch in Norwegen" mittlerweile natürlich aus. Daran darbten alle Alben seit "Keepin' The Horse Between Me And The Ground", das fast eine Dekade her ist. Musikalische Weiterentwicklung war seitdem Mangelware.
Hinter der sympathischen Aura blieb stets ein Mix aus Blues und ein wenig Country, der auf dem aktuellen Album nicht nur altbacken wirkt, sondern so in seinen Einzelbestandteilen auch schon hundert Mal interessanter veröffentlicht wurde. Es ist erst die Verbindung aus Blues und Country, die Steve Wold das gewisse Etwas gibt, nur gelingt das zu selten. Gleich auf dem Opener "Move To The Country" schafft der Kalifornier es im letzten Drittel fast schon spektakulär. Nur bleibt das leider eine Ausnahme. Am einfachsten nachzuhören auf dem klischeebeladenen Rohrkrepierer "Internet Cowboy", das irgendjemand Böswilliges auf dem sonst sehr guten SO Recordings-Label als Single auswählte. Handwerklich ist das schon in Ordnung gehender Blues-Rock, aber mit längerem Bart als der des Sängers.
Dem altbackenen Eindruck helfen die Lyrics nicht gerade weiter; Steve stänkert hier gegen das Internet und wirkt auch sonst eher abgehängt. Mit altersgerechten Themen mag er sich nicht so recht beschäftigen, dementsprechend wenig authentisch wirkt ein im Übrigen fader, lahmer Rocker wie die zweite Single "Backbone Slip", in der es ums Tanzen geht. Auch wenn der Steve ein Netter ist, beschränken sich seine Texte meist darauf, dass er es besser wisse, und früher irgendwie doch alles besser war - auf unaufgeregte, wenig aggressive Art und Weise.
Hört man "San Francisco Sound '67", mag man ihm einerseits glauben, so nostalgisch-verliebt geriert sich der Sänger mit seiner nach wie vor schönen Stimme, andererseits mag man ihm aber kaum zuhören, so vorhersehbar fällt der Song aus. Ruhig, zieht an, Gegniedel, ruhig, mehr Gegniedel, Background-Sängerinnen, gähn. Dabei zeigt nicht nur der Schlussteil des Openers, wie es besser ginge. "A Trip And A Stumble (For Leya)", auf dem sogar die sonst deplatzierten Sängerinnen endlich vernünftig eingesetzt werden, herrscht eine schlankere Struktur, auf der Steve den Platz bekommt, den er braucht und den er so souverän besetzt. Gar noch besser gelingt das auf dem noch knochigeren Closer "Elisabeth", ein todtrauriger Folksong. Selbst Blues kann Steve doch, wie "This Way" zeigt. Er muss nur stoisch marschieren und weniger nach links und rechts schielen auf die immer nächste Volte, schon kommt ein cooler, moderner Song bei raus, der den Blues mit hochgekrempelten Ärmeln ins Jahr 2024 befördert. An den Stellen, an denen Seasick sich auf sich selbst verlässt, liefert er 100%ig ab.
Das wird leider mehr als aufgewogen durch überflüssige, Malen-Nach-Zahlen-Blues-Nummern wie "Let The Music Talk", "You Don't Know" oder "Soul Food", die weder Erinnerungs- noch musikalischen Nährwert besitzen. Schlimmer noch das cheesy "Funky Music", durch das Steve irrlichtert wie ein Hospizbewohner nachts auf der Suche nach der Toilette und der anbiedernde, einfältige Blues-Pop-Stampfer "Cryin' Out Loud", das nur im Mittelteil kurz an Reflektion gewinnt, um unvermittelt in einen Fjord der Langeweile zu fallen. "A Trip A Stumble A Fall Down On Your Knees" ist kein gutes Album, Seasick Steve aber vielleicht sogar ein besserer Musiker als jemals zuvor, mit enormem Potenzial. Jetzt muss er nur noch die Altlasten seines Songwritings ablegen.
1 Kommentar
Ich fand's nichtmal so übel. Natürlich schon x-mal gehört, stört mich persönlich aber nicht. 3.5/5