laut.de-Kritik
Austauschbares Futter für die angesagten Playlisten.
Review von Julius StabenowEigentlich bringt Seyed alles mit, das ein aktuell erfolgreicher Rapper braucht: überdurchschnittliche, moderne Beats, ein Gespür für Hooks und Melodien, eine stabile Rap-Technik, das richtige Maß an Autotune und die dazu passende Stimme. So weit so gut. Hier hat tatsächlich eine hörbare Weiterentwicklung im Vergleich zu vorherigen Veröffentlichungen stattgefunden. Dazu kommen dann aber oberflächlich-arrogante Angeber-Texte über Waffen, Frauen, Luxusgüter, die Gang und seinen Status als ewig unterschätzter Underdog. Mehr bietet er leider nicht an.
Genau hier liegt das Problem: Der Sound mag für zwei Wochen 'Deutschrap Brandneu' und im Zweifel für eine Million Spotify-Klicks reichen, viel hängen bleibt aber nicht. Eigentlich macht Seyed nicht wirklich etwas verkehrt. Er kratzt aber viel zu sehr an der Oberfläche aktueller Trends, wird dadurch belanglos und austauschbar und geht in der Menge ähnlich produzierter Tracks und Künstler einfach unter. Aktuell füllt das vielleicht sein Bankkonto, passt es doch in die dominierenden Playlisten, für eine langlebige Karriere reicht das aber nicht.
Paradox ist, dass Seyed das absolut bewusst zu sein scheint und er die mögliche Kritik auf "O.M.G." mit dem einzigen Feature Rola vorwegnimmt: "Sie vergleichen mich mit Shindy, Sun Diego, Kolle, ich bin 'ne Mischung aus den Stärksten unter dieser Sonne." Der Einfluss vom einstigen Mentor Kollegah ist kaum noch hörbar. Seyed scheint sich auf "Engel Mit Der AK II" viel mehr am Style von Shindy orientiert zu haben. Besonders Betonungen und sein arroganter Flow erinnern ein wenig zu sehr an den Rapper aus Bietigheim-Bissingen. Seyed möchte das Beste aus allen Welten vereinen, auch der moderne Summer Cem schimmert dabei durch. Trotzdem bleibt er nur eine langweiligere und ideenlosere Kopie dieser Rapper ohne Wiedererkennungswert.
Einige Tracks ("Time Out", "Broke", "Elysium") hätte er sich schenken können, aber gute Ansätze sind vor allem auf aggressiven Bangern wie dem hervorragend von Jumpa produzierten Opener "Paragraph 84" zu hören. Der intensive Beat und die hungrige Delivery, gepaart mit dem richtigen Stimmeinsatz, spielen alle Stärken des Rappers aus. So einen Seyed wünscht man sich viel häufiger. Leider verrennt er sich viel zu oft in seichten Sounds.
Die letzte Review zu einem Seyed-Release endete mit der Hoffnung, dass da noch viel unausgeschöpftes Potenzial in einem Rapper schlummert, der damals wahrscheinlich etwas zu früh und roh in das von Kollegah geschaffene Rampenlicht geworfen wurde. Diesen Absatz könnte man hier eins zu eins übernehmen. Auf "Engel Mit Der AK II" zeigt Seyed zwar viele gute Ansätze, orientiert sich aber noch zu sehr an seinen musikalischen Vorbildern und geht mit seinem Sound auf Nummer sicher, anstatt sich etwas zu trauen. Eine kleine Steigerung ist zu hören, doch das alleine reicht noch nicht aus.
4 Kommentare mit 4 Antworten
Welches Opfa bei Universal hat sich den bitte gekrallt? Und präsentiert Seyed auf den Cover sein Eichel-Piercing oder was soll das sein?
versteh die majors da auch nicht, die signen sich ein par graupen zurecht...wobei, irgendwie muss sich das ja doch finanziell rechnen. geht ja schon einige jahre so...aber bei seyed ist es besonders bemerkenswert, hat er doch nichtmal mit kolles base im rücken richtig was gerissen...
wenn der arabische albrecht dürer und angela merkel miteinander schlafen, dann kommt das cover von seyed dabei raus
Er wird für immer der Typ bleiben, der für seinen Crush Felix über die Bühne segelt wie Arjen Robben im Strafraum.
"Dazu kommen dann aber oberflächlich-arrogante Angeber-Texte über Waffen, Frauen, Luxusgüter, die Gang und seinen Status als ewig unterschätzter Underdog. Mehr bietet er leider nicht an.
Genau hier liegt das Problem: Der Sound mag für zwei Wochen 'Deutschrap Brandneu' und im Zweifel für eine Million Spotify-Klicks reichen, viel hängen bleibt aber nicht. Eigentlich macht Seyed nicht wirklich etwas verkehrt. Er kratzt aber viel zu sehr an der Oberfläche aktueller Trends, wird dadurch belanglos und austauschbar und geht in der Menge ähnlich produzierter Tracks und Künstler einfach unter. "
Wo ist jetzt der Unterschied zu anderen, erfolgreichen, deutschen Rappern? Liefert da irgendeiner mehr als das?
"Eigentlich" ja nicht, oder?
Nur der Vollständigkeit halber: Seyed ist natürlich komplett beschissen. Schade, dass Laut ihm trotz zunehmender Irrelevanz, eine Review spendiert.
Genau kann ichs dir auch nicht erklären aber es gibt einfach Leute die haben "Swag" und kommen als Personen oder Image gut an und andere eben nicht. Für Summer Cem hat sich früher auch keine Sau interessiert, war wohl einfach nicht seine Zeit. Im Umkehrschluss kann man sich ja fragen wieso 90% der Deutschpop Künstler alle das gleiche erzählen (Lebe, Liebe, Lache) aber die einen erfolgreicher sind als die anderen.
Ich glaube da an die Dreieinigkeit von Talent, Marketing und willigen Fans. Wenn du nur zwei von drei besitzt, kannst du mit Erfolg rechnen. Wobei die willigen Fans nochmal höher zu gewichten sind als die anderen beiden Elemente.
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.