laut.de-Kritik
In dieser goldenen Stadt glitzert so manches falsche Blech.
Review von Ulf KubankeÜber ein Vierteljahrhundert ist seit Shakiras Debüt vergangen. Damit spielt sie in Madonnas Liga: Wer sich so lange mit eigenen Songs im Olymp des Showgeschäfts hält, verdient den Respekt, künstlerisch ernst genommen zu werden. Mit ihrem elften Album "El Dorado" zeigt die Kolumbianerin eindrucksvoll, warum ihr Erfolg weltweit ungebrochen ist.
Leider erweist sich "El Dorado" wie schon "Shakira" vor drei Jahren als echtes Two-Face. Shakiras Plan, unbedingt alle Hörerschichten und Generationen gleichzeitig ansprechen zu wollen, mag in kommerzieller Hinsicht bravourös aufgehen. Auf der künstlerischen Ebene zahlt sie dafür mit einigen gehaltlosen Nullnummern, deren Oberflächlichkeit maximal anspruchslose Teenager oder Alleshörer begeistert.
In Shakiras "goldener Stadt" glitzert so manches falsche Blech zwischen durchaus vorhandenem Edelmetall. Das liegt oft an überforderten Kollabopartnern, die Frau Mebarak weder stimmlich noch charismatisch das Wasser reichen können. Als negativer Höhepunkt erweist sich hier "Comme Moi" mit Black M. Nicht schön, wie dessen zielloses Gemisch aus farblosem Allerwelts-Rap und Dancehall Shakiras emotionalen Gesang kontrastieren soll, aber lediglich nivelliert.
In "La Bicicleta" (mit Carlos Vives) verunstaltet Andres Castros dominanter Bummsbeat das eigentlich gelungene Strandliedchen. Ein schlagender Beweis für die These, dass es einen Unterschied zwischen modernistischen und modernen Produktionen gibt. Selbiges gilt für das audiophob quietschende Baukasten-Klangbild der Rude Boyz-Produktion von "Me Enamore".
Einzige positive Ausnahme der Duettsongs ist das flauschige "Deja Vu" mit Geoffrey Royce Rojas alias Prince Royce. Der Track erscheint ebenfalls auf seinem Album "Five" und zeigt zwei Sänger, die einander gewachsen sind und den Ausdruck des Partners gewinnend unterstreichen. Heimlicher Star des Stücks und ein Gipfelmoment der gesamten Scheibe ist das elegante Zusammenspiel von Percussion und Gitarre im Arrangement.
Es ist ein offenes Geheimnis: Shakira ist immer dann am besten, wenn sie sich als Songwriterin deutlich einbringt und mit jenen arbeitet, die diesen oft sonnigen Flow in ihr beflügeln. So retten denn auch die im Team mit Luis Fernando Ochoa verfassten Nummern das Album. Mit Ochoa schrieb die Sängerin in der Vergangenheit etliche ihrer besten Songs ("Pies Descalzos" und "Dónde Están los Ladrones?" gehen nahezu komplett auf das Konto des kreativen Zweiergespanns).
Die Songs "Nada", "Amarillo" oder "Coconut Tree" lassen schnell erkennen, wie sehr Shakira hier bei sich ist und wie sie ihren größten Trumpf lässig ausspielt: ihre sprühend emotionale Natürlichkeit. Das letzte Lied "Toneladas" ist nicht nur das beste Stück auf "El Dorado", es zählt zu den Höhepunkten ihrer gemeinsamen Arbeit mit Ochoa: Lediglich ihr sensibler Vortrag, eingebettet in ein sparsames, hervorragend intensives Piano-Arrangement tragen das Publikum davon. Drei Minuten lang zeigt Shakira, dass Luftigkeit und romantische Melancholie keine Gegensätze sein müssen.
1 Kommentar
Die beiden Singles sind leider auch die Highlights. Dafür sind "Me Enamoré" und "Chantaje" auch richtig gut! Der Rest ist langweilig bis okay.
2,5-3 Sterne