laut.de-Kritik

Kein Exzess, keine Party, nur Dienst nach Vorschrift.

Review von

Ein gewisses Interesse entsteht ja immer, wenn sich eine Supergroup formt. Vor allem, wenn es sich um den Schulterschluss von so handwerklich kompetenten Musikern handelt. Labrinth, Sia und Diplo taten sich im letzten Jahr zusammen, um als LSD Songs zu schreiben, die Farben, Energie und psychedelischen Exzess versprechen. Während sie diesem Versprechen mit den Pressefotos und Musikvideos auch mehr als gerecht werden, bleibt die Musik ernüchternd mutlos.

Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dieses Trio hätte mehr Lust auf das Drumherum gehabt, als auf das eigentliche Album. So pompös leiten sie ihren ersten Longplayer als LSD auf "Welcome To The Wonderful World Of LSD" ein. Es hat etwas Theatralisches, als wollten sie eine Geschichte erzählen. Alice Im Wunderland trifft auf Sgt. Pepper's, schreit die Ästhetik. Dann spielen mit "Angel In Your Eyes" und "Genius" die ersten Songs an und klingen so komplett generisch nach Fabrik-Pop, dass man sich an den Kopf fassen möchte.

So effektiv nämlich jeder der Künstler in der Vergangenheit schon gearbeitet hat, bringt die Zusammenarbeit eine furchtbare Qualität von ihnen allen an die Front: Sie sind Dienstleistungs-Musiker. Unglaublich kompetente Dienstleister, aber wenn man sich ansieht, wie wenig tatsächliche Vision oder Ambition in den Songs auf "LSD" steckt, lässt den Hörer das Gefühl nicht los, hier wurde Arbeit nach Vorschrift geleistet.

Songs wie "Genius" oder "Thunderclouds" haben alles, was moderner Pop so braucht. Tropical House-Grooves, ein gekonnt arrangierter Rise zum Chorus, Drops, das volle Brimborium. Inklusive Lyrics, die genau nichts bedeuten. Über lange Strecken wird man im Laufe dieser Platte mit großen Begriffen und Bildern beschmissen, deren Skala die Musik gar nicht aufzugreifen versucht. "Ich bin ein Genie", heißt es da. Warum? "Weil ich ein Mädchen wie dich liebe". Aha. "Sei mein Einstein, sei mein Newton", "Ge-Ge-Genius, Ge-Ge-Genius". Das ist Songwriter-Camp-Arbeit an einem verkaterten Sonntag.

Hätten sie mal einfach nur schmissige Pop-Songs gemacht, würde sich ja dafür niemand beschweren. Aber trotzdem bleibt der Eindruck, die drei stünden weiterhin unter der Illusion, sie würden da gerade bahnbrechende, psychedelische Musik machen. Die theatralischen Bilder, die ambitionierte Ästhetik, alles da, nur hat keiner der drei in der Session den Moment erwischt, in der man die tatsächlich ambitionierten oder kreativen Songwriting-Ideen abgegeben hätte.

Die Songs klingen dementsprechend fast bedrückend gleichförmig. Der Pitch-Vocal-Drop auf "Audio" klingt nett, der Dancehall-Beat auf "No New Friends" klingt nett, die pseudo-angelischen Balladen-Vocals auf "It's Time" klingen nett. Ein bisschen verstärken sich Diplos Hang zum gesichtslosen EDM-Producer und Sias ineffektivste Facetten der "This Is Acting"-Ära zu einem Gespann, in dem jeder zu hoffen scheint, dass der andere schon die Persönlichkeit einbringen würde.

Aber niemand kommt und bricht aus dem Top 40-Radiofiller-Ödland aus. Wo ist das Wunderland, das LSD, das versprochen wurde, in diesem belanglosen Eimer Kompetenz? Ja, sie können singen, ja, sie können sogar wirklich schön singen. Diplo weiß auch, wie er ansprechenden Pop produziert. Wieso ist dann kein wirklicher Hit auf diesem Album? "LSD" ist zu glatt, um weird zu sein, aber gleichzeitig zu weird, um glatt zu sein. Es ist weder ein psychedelisches Musical noch ein besonders eingängiges Pop-Album. "LSD" ist ein Projekt, das Radikalität angekündigt, aber keinen Kompromiss gescheut hat.

Trackliste

  1. 1. Welcome To The Wonderful World Of
  2. 2. Angel In Your Eyes
  3. 3. Genius
  4. 4. Audio
  5. 5. Thunderclouds
  6. 6. Mountains
  7. 7. No New Friends
  8. 8. Heaven Can Wait
  9. 9. It's Time
  10. 10. Genius (Lil Wayne Remix) (feat. Lil Wayne)

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