laut.de-Kritik

Die Briten machen es sich ein bisschen zu bequem.

Review von

Jas Shaw und James Ford machen seit neun Jahren unter dem Banner Simian Mobile Disco gemeinsam elektronische Musik - und seit ein paar Alben lang ohne Vocalgäste. Dies ändert sich auch auf "Welcome To Sideways" nicht. Was sich ändert, ist aber der Sound.

"Whorl" hatte experimentelle Züge, fröhliche Rhythmuswechsel und bot einen Stilmix auf. Jetzt konzentrieren sich die beiden Londoner wieder auf clubtaugliche Grooves mit klar strukturierten Beats, ähnlich wie auf "Delicacies".

Dafür bedienen sie sich eines bewährten Rezepts und nutzen es für beinahe jeden der neun Tracks: knackiger Bass, gefolgt von elektronischen Elementen und dem Beat. Zunehmende Lautstärke bis zur Mitte, dann zieht man sich zurück: Die Zutaten ändern sich nur geringfügig und am Ende tropft der Bass aus. Das kommt auf Dauer doch ermüdend und anstrengend, hört man aufmerksam zu, weil alles in einen Sumpf aus Tech-House und Minimal-Techno vor sich hin brodelt.

Dabei gelingt der Einstieg "Happening Distractions" sehr gelassen dank dumpfen Bässen, metallischen Klängen und waberndem Ambient. Das folgende "Far Away From A Distance" geht diesen Weg weiter mit verspulter Melodie und noisigen Sounds.

Vieles jedoch pluckert ohne Stringenz und ein bisschen leblos vor sich hin, wie etwa "Flying Or Falling" oder "Space Is Filled With Ringing". Ich spreche der Produktion nicht die Professionalität ab, alles ist fein säuberlich arrangiert und durchdacht komponiert. Trotzdem machen es sich die Briten zu bequem mit ihrem Baukastenprinzip.

Nichtsdestotrotz finden sich einige Highlights. "Bubble Has No Answers" pumpt ordentlich nach vorne und die nervöse Melodie kommt immer mehr in den Vordergrund. Währenddessen gleiten verzerrte Spielereien durch den Bass und versetzen den Hörer in eine Art Trance. "Staring At All This Handle" nimmt das Tempo raus, wirkt verspulter mit züngelnden Hi-Hats und sich spiralförmig aufbauenden Geräuschen. Gegen Ende fadet der Track atmosphärisch aus.

"Remember In Reverse" beginnt als einziges Stück mit knisterndem, dezenten Beat anders als der Rest. Grelle Synthies und ein Hubschrauber-Bass vervollständigen die Kulisse. Dank dem etwas helleren Tenor fühlt man sich fast, als würde man durch Wolken fliegen - ein fast schon meditatives Ambiente. Auch der Closer "Drone Follows Me Everywhere" lässt sich mit langgezogenen Melodielinien erst mal Zeit. Der geruhsame Aufbau suggeriert, dass alles auf einen großen Knall zu läuft. Doch kurz vor der vermeintlichen Climax fällt alles in sich zusammen, ganz behutsam und leise.

Zugegeben: Bürostuhl und Schreibtisch machen nicht die passende Location für "Welcome To Sideways". Wie Jas Shaw dazu im Magazin Thump sagt: "Es ist Musik für den Club ... Der Appell von all diesen Noise-Leuten ist ja nicht, dass man in den Club geht und diese Musik alle deine Lustknöpfe drückt, sondern man geht dorthin wegen des hypnotischen Gefühls der Textur". Da hat er recht.

Zur Beschallung in einem Techno-Club taugt die Scheibe hervorragend - oder auch als Soundtrack für nächtliche Autobahnfahrten, wenn man mit konstanten 140 Km/h die Lichter und Fahrbahnmarkierungen an sich vorüber ziehen sieht.

Trackliste

  1. 1. Happening Distractions
  2. 2. Far Away From A Distance
  3. 3. Bubble Has No Answers
  4. 4. Staring At All This Handle
  5. 5. Face To Face With Spoon
  6. 6. Space Is Filled With Ringing
  7. 7. Remember In Reverse
  8. 8. Flying Or Falling
  9. 9. Drone Follows Me Everywhere

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