laut.de-Kritik

Lauter. Härter. Aber nicht unbedingt besser.

Review von

"Turn up the volume, let the speakers dem blow!" Die Roots-Rocker Skindred sind der Meinung, ihr mittlerweile sechstes Studioalbum muss auf volle Lautstärke gedreht werden. Ob das daran liegt, dass "Volume" eindeutig weniger musikalische Feinheiten und Rafinessen als noch "Kill The Power", "Union Black" oder gar das frühe "Babylon" zu bieten hat? Oder wollen die Waliser beim Hörer ein tinitusartiges Pfeifen hervorrufen, das die gelegentlich stimmlichen Fehlgriffe von Frontmann Benji Webbe übertönt? Oder wollen sie damit einfach nur den Fokus auf das lenken, was die neue Platte aus dem Hause Napalm von den früheren Skindred-Werken unterscheidet?

Das wäre vor allem die kraftvolle Gitarrenmusik ohne unnötige Spielereien, die sich beständig einen Weg durch die Gehörgänge in das Gehirn bahnt und dort auf dem Lustzentrum herumhämmert, als wäre sie Tim Taylor in 'Tool Time'. Und sind wir mal ehrlich: Das macht auch nur bei voller Lautstärke so richtig Spaß.

Die Reggae- und Dub-Einflüsse, die Skindred seit jeher unikat mit ihrer harten Musik verbinden, die in ihren letzten Produktionen aber immer häufiger elektronischen Klängen weichen mussten, treten in "Volume" sogar noch weiter zurück. Klar, Sänger Benji Webbe hat immer noch Dreadlocks und singt vornehmlich in einem an Patois angelehnten Slang.

Aber insgesamt werden die vier Waliser auf ihrer neuen LP geradliniger, kantenloser, glatter. Ob sie damit seriöser wirken wollen, von der Plattenfirma dazu gedrängt wurden oder sich einfach nur musikalisch in diese Richtung entwickelt haben, bleibt offen. Aber einige eingefleischte Skindred-Fans werden sich von "Volume" etwas vor den Kopf gestoßen fühlen.

Lediglich die Interludes "I", "II", "III" und vielleicht noch "Shut Ya Mouth" erinnern an frühere Zeiten, als Webbe zum "Roots Rock Riot" aufrief. Auch "Straight Jacket" geht als klar erkennbarer Skrindred-Song durch. "Stand Up" ist zwar kein klangliches Highlight, aber inhaltlich immens wichtig für das Werk des britischen Quartetts: "Stand up for your rights! You gotta win the fight!".

Dem passablen aber unspektakulären Opener "Under Attack" folgen noch vereinzelt schöne Rocknummern wie "Saying It Now" oder "The Healing". Handwerklich gut machen diese Songs Laune - aber so richtig zu Skindred passen wollen sie nicht. Ein noch besseres Beispiel für diesen Umstand ist das punkige Stück "No Justice", auf dem die Band zu Höchstleistung aufläuft, und Benji Webbe seinen stimmlichen Facettenreichtum unter Beweis stellt. Aber dass das Ganze musikalisch doch eine neue Welt für die Band darstellt, und es zukünftig wohl keine Wiederholung dieses Klangexperiments geben wird, gibt dann auch Webbe in den letzten Zeilen des Songs selbstironisch zu: " Ah, that's fuckin' Punkrock!

Was bei "No Justice" noch gut geht, geht bei "Hit The Ground" und "Sound The Siren" schief. Kaum anzuhören ist das Gejaule des Skindred-Vokalisten in den Refrains beider Songs, sirenengleich agiert Webbe in "Sound The Siren" zudem noch in beiden Versen des Stücks. Auweia. Auch mit zwei zugedrückten Augen/zugehaltenen Ohren - unhörbar.

Skindred legen mit "Volume" ein Album vor, das in dieser Machart wohl die Wenigsten erwartet hätten. Den typischen Sound der Walliser findet man nur in ausgewählten Stücken, größtenteils verzichten sie auf ihre gewohnten Klangmerkmale und liefern straighten Rock. Der ist nicht schlecht gemacht, und wie sagt man so schön? 'Auch ein schöner Rock (oder war es Rücken?) kann entzücken!' Aber bei einigen der insgesamt 14 Tracks bleibt mir leider nur eines übrig: Ich drehe den Lautstärkeregler nicht wie anfangs gefordet hoch, sondern langsam aber sicher leiser.

Trackliste

  1. 1. Under Attack
  2. 2. Volume
  3. 3. Hit The Ground
  4. 4. Shut Ya Mouth
  5. 5. I
  6. 6. The Healing
  7. 7. Sound The Siren
  8. 8. Saying It Now
  9. 9. II
  10. 10. Straight Jacket
  11. 11. III
  12. 12. No Justice
  13. 13. Stand Up
  14. 14. Three Words

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