laut.de-Kritik
Das Testament des Slayerismus.
Review von Alexander CordasWas dem Kirchenmusiker sein Bach ist dem Metal-Jünger sein Slayer. Während aber der Gottesfürchtige auf die eine oder andere Ausgabe der heiligen Schrift zurück greifen kann, musste der kleine Slayer-Fan seit den Achtzigern ohne passendes Äquivalent zur Bibel auskommen. Sicher, "Reign In Blood" und Konsorten sind schon deftige Evangelien, die der Oma einen gewaltigen Schreck einjagen können, aber so richtig die Schädeldecke lupfen, das übernimmt ab jetzt "War At The Warfield", das definitive Necronomicon des Metal.
Die DVD beinhaltet ein komplettes Konzert der Meuchelmörder (englisch: Slayer), aufgenommen am 7. Dezember 2001 im Warfield Auditorium in San Franzisco. An sich ist das eine eher weniger interessante Angelegenheit. Ein Gig der Vier ist nur dann wirklich spannend und aufregend, wenn dem Enkel später überliefert werden kann: "ich war dabei". Auf dem Wohnzimmersessel mit der Fernbedienung in der Hand verliert der Gig an Reiz. Es gibt jedoch so nette Erfindungen wie Surround-Anlagen, die dem Ohrenschmalz kräftig zusetzen. Somit bleibt wenigstens der Schein gewahrt, und Headbangen geht auch Zuhause.
Nach dem Motto "so lasset die Kindlein zu uns kommen, auf dass wir ihnen die Fresse polieren" prügeln sich Slayer durch das Programm. Überflüssigen Firlefanz, der den gediegenen Genuss an der Knüppelorgie verwässern würde, sparen sich Slayer traditionell. Tom Araya führt charmant als Host Of Horror das Szepter, flankiert von den zwei Höllenhunden an der Klampfe. Jeff Hannemann mit lichter werdendem, güldenem Haupthaar und Kerry King mit evil tätowierter Billardkugel. So muss das sein. Die Trackliste bietet einen repräsentativen Querschnitt aus über zwanzig Jahren kreativen Schaffens. Natürlich bleibt da mancher Lieblingssong außen vor, was zählt ist aber, dass durch die DVD-Konserve ein ungefähres Bild von der Kraft und der ungestümen Aggression eines Slayer-Gigs entsteht.
Was die DVD aber wirklich zu einem Erlebnis der außergewöhnlichen Art macht, sind die Specials, oder besser gesagt DAS Special schlechthin. In einer fast 50-minütigen Doku befragen die Filmer Fans, andere Musiker (Scott Ian, Kirk Hammet) und die Band selbst, was die Faszination Slayer eigentlich ausmacht. Vor allem Hammet bewundert Slayer dafür, dass sie über all die Jahre so aggressiv geblieben sind. Ja teititei, sieh an, sieh an ...
Zum Schreien komisches Zeugs befördert das Special hier ans Tageslicht. Da ist zum einen der Waldschrat im farbenfrohen Kaftan, der sich als ehemaliger Satanist offenbart. Er habe dereinst einen Hund geopfert, als er auf seinen inneren Dämonen hörte. Oder das Mädel, das aussieht wie die Verkäuferin aus dem Minimal-Supermarkt umme Ecke: "It's all about conformity. FUCK conformity", sagt sie, die im braven Pullöverchen und frisch frisiert zum Konzert geht. Herzhaft auch die zwei Dumpfnasen, die sich das Logo der Band in die Haut ritzen würden, wenn Tom Araya sie darum bitten würde. Ebenso der Dickwanst, der durch Slayer dahin kam, dass Christ sein ja wohl scheiße und fuck wäre. Ja holla die Waldfee!!
Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, denn das eine oder andere Bonbon wartet darauf, entdeckt zu werden. "War At The Warfield" entpuppt sich als großer DVD-Sport, köstlich!
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