laut.de-Kritik
Aus dem Staub von New York erwächst ein neuer Rock'n'Roll.
Review von Daniel StraubDie New Yorker Indie-Rocker sind wieder am Start. Kurz vor ihrer kommenden Europatournee werfen sie noch neues Studiomaterial in die Waagschale, was den Konzertsommer mit Sonic Youth zu einem ganz besonderen Highlight werden lassen dürfte. "Murray Street" ist der neue Longplayer betitelt, nach einer Straße in Südmanhattan, in welcher sich das Studio von Kim Gordon & Co. befindet und die nur einen Block von Ground Zero entfernt liegt. "Murray Street", eigentlich schon im August letzten Jahres begonnen, lag nach der Komplettsperrung rund um Ground Zero einige Monate auf Eis, bis man Sonic Youth wieder ins leicht verstaubte Studio ließ, wo sie ihrem Album den richtigen Schliff gaben.
Überhaupt scheint der Vergleich mit einem Diamanten "Murray Street" am nächsten zu kommen. Ähnelten die frühen Alben von Sonic Youth mit ihren massiven Feedbackgewittern eher einem unbehandelten Edelstein, so zeigen sie auf ihrem neuen Longplayer, dass sie sich durchaus auch in der Kunst des Feinschliffs verstehen. Die typischen Sonic Youth Melodiebögen gibt's natürlich auch auf "Murray Street" wieder, zum Glück möchte man sagen. Doch walzten sie früher den Zuhörer platt, spielten ihn an die Wand, so dominieren anno 2002 beinahe sanfte Zwischentöne einen Großteil der Stücke.
Fast schon zerbrechlich wirken die Arrangements, als hätte der Terroranschlag vom 11. September ihnen die so charakteristische Wucht genommen. Hier zeigen sich Sonic Youth im deutlichen Gegensatz zu einem Großteil ihrer Landsmänner, die jegliche Nachdenklichkeit mit martialischem Säbelrasseln zu übertönen suchen. Schon für diese ganz und gar unamerikanische Eigenschaft hätten Sonic Youth die Bestnote verdient. Wer sich die Mühe macht und die teilweise recht lange Tracks an sich heran lässt, wird schnell feststellen, dass aus dem Staub von New York ein neuer Rock'n'Roll erwachsen ist.
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