laut.de-Kritik
Die Verzerrer bis zum Anschlag aufgedreht.
Review von Philipp GässleinNeues Label, neuer Gitarrist - es tut sich was bei der Vorzeige-Crossover-Kapelle Deutschlands. Erste Ergebnisse präsentierten sich bereits auf der Vorab-EP "Mission Erfüllt", auf der die Braunschweiger in ungewohnt politische Richtung preschten. Auch ein Indiz für eine Art Neubeginn: Der CD-Titel "Alpha", bekanntlich der erste Buchstabe des griechischen Alphabetes.
Die Veränderung schlägt sich besonders musikalisch nieder: Die Gitarrenriffe tönen doch deutlich eher nach Heavy Metal als nach Rock, die Stücke halten über weite Strecken der Platte ein hohes Tempo, und die Verzerrer sind stellenweise bis zum Anschlag aufgedreht. Aber auch die balladeske Seite der fünf Musiker kommt nicht zu kurz. "Alles Was Mir Fehlt" besticht mit seiner melancholischen, ehrlichen Liebeslyrik anstatt mit krachenden Powerchords. Während des Höhepunkts des Albums, "Mein Tag", bleiben die Gitarren gar völlig stumm. Der Text trieft dafür regelrecht vorn höhnender Gesellschaftskritik und macht den Song zu einem der besten in der bisherigen Karriere von SAS.
Ebenso übrigens wie das melodiöse "Mission Erfüllt", das Kollege Edele schon hinreichend glorifiziert hat. So klangen Linkin Park auch mal. Auch "Nachtaktiv" hat eine Würdigung verdient : Ein Rapper würde es wohl Oldschool nennen, auf jeden Fall weckt es nostalgische Erinnerungen an bessere Deutsch-Crossover-Zeiten mit Bands wie Thumb und H-Blockx in mir.
Wie schon auf dem letzten Album legen sich SAS auf Deutsch als Spache fest: Lediglich "Instant Replay" singen sie auf Englisch. Ein Stück, das seiner Monotonie wegen erst einmal wachsen muss, sich dann aber zu den besseren der Platte gesellt. Dass eine Melodie alleine allerdings auch kein Garant für einen Knaller ist, hat man bereits nach dem Opener "Überfall" schmerzvoll kapiert.
Auch einige andere Tracks leiden unter den zu brachial eingesetzten Verzerrern. "Was Jetzt" oder "Radio Song" überstehen, letzterer wegen der Refrains, nur den ersten Durchlauf in meinem Player. Und wenn ich auch bei "Blender" oder "Zu Allem Bereit" wild headbangend vor meinem Rechner sitze - eine CD, die bei einem Viertel ihres Repertoires schwächelt, ist nicht geeignet, meinen persönlichen Favoriten "Agoraphobic Notes" vom Sockel zu stoßen. Ansonsten fügt sich "Alpha" qualitativ aber in das bisherige Schaffen der Band ein.
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