laut.de-Kritik
Sitz in die aufrechte Position bringen und das Denken einstellen!
Review von Michael EdeleLadies & Gentlemen, bitte bringen sie den Sitz in eine aufrechte Position, schnallen sie sich an und stellen sie das Denken ein. The Nuge ist 2006 in Europa gelandet und ist auf dem Sweden Rock Festival aufgeschlagen. Dort liefen die Kameras und Tonbänder mit und mit "Sweden Rocks" dürfen sich alle, die nicht vor Ort waren, nun ein eigenes Bild davon machen.
Wie sieht das aus? Man gewinnt irgendwie den Eindruck, als würde der Berufscowboy Schweden für so etwas wie eine größere Stadt in Europa oder etwas Ähnliches halten. Seine Anfeuerungen an die Fans richten sich meist an Schweden im allgemeinen und wenn er bekannt gibt, dass seine Mutti ebenfalls aus Schweden stammt, ist das auch schon die präziseste Information, die The Nuge dazu geben kann. Dass er somit auf dieselbe, genetische Grundlage wie die Fans vor Ort zurückgreifen könne, dürfte manchen Schweden zum sofortigen Verzicht auf seine Staatsbürgerschaft bewegt haben.
Aber lassen wir die Pöbeleien mal außen vor. Schließlich weiß man ja, dass man The Nuge zwar hören, ihm aber nicht zuhören sollte. Der Schwachsinn, den der Mann zwischen den Songs (und manchmal auch mittendrin) ablässt, ist schon derbst unterirdisch, doch als Musiker rockt der Kerl eben immer noch ganz großartig. Seine neue Rhythmussektion, Basser Barry Sparks und Drummer Mick Brown, ist einmal mehr erstklassig. Kein Wunder, dass das Großmaul im äußerst knappen Booklet schreibt, dass Gott in sehr lieben muss, weil er ihm schon wieder solch gute Musiker zur Seite gestellt hat.
Die müssen aber im Bonusteil erst einmal zeigen, dass sie des Nuges überhaupt würdig sind. Sprich, sie müssen zeigen, dass sie mit einem Hightech-Bogen einen Hirsch erlegen könnten, der fünf Meter bewegungslos vor ihnen steht. Außerdem müssen/dürfen sie auch mal mit einer Halbautomatischen auf Nugents Farm rumballern, wobei der Häuptling zumindest einen ausgesprochen sorgfältigen Umgang mit den Waffen an den Tag legt und sich sowohl um seine Familie auf der Gun Range, als auch um sein Musikerkollegen auf der eigenen Ponderosa sorgt.
Die revanchieren sich auch und erzählen in den Interviews nur Nettes über den Mann. Wobei hier Basser Barry und Drummer Tommy Clufetos zu Wort kommen, da Tommy das letzte Album "Love Grenade" eingespielt hat. Und was die Jungs da erzählen, hat weitgehend auch Hand und Fuß, denn Onkel Ted hat tatsächlich eine sehr eigenständige Musik und lässt vor allem Barry Sparks sehr viel Raum, um sich an seinem Bass auszutoben. Das hat einem Trio noch nie geschadet, was auf der Bühne dem Live-Sound sehr entgehen kommt.
Keine Ahnung, was The Nuge vor dem Auftritt in Schweden geraucht hat, aber der Kerl ist drauf, als ob ihm der vom ihm besungene "Great White Buffalo" mindestens noch ein Horn in den Arsch gerammt hätte. In gewohnter Redneck-Manier widmet der Gehirnakrobat "Raw Dogs & War Hogs" allen Kriegern, die Terroristen töten. Große Leistung auch ... Für "Hey Baby" lässt er Basser Barry die Leadvocals übernehmen, der seine Sache ausgesprochen gut macht. Überhaupt ist dessen markantes Bassspiel mindestens gleichberechtigt auf der DVD zu hören. Ego-Allüren scheint The Nuge also nicht zu haben.
Dennoch dürfte Sitting Bull nach wie vor in seinem Grab zum rotierenden Kreisel werden, wenn ausgerechnet Ted Nugent zum schon erwähnten "Great White Buffalo" mal wieder den indianischen Häuptlingsschmuck aufsetzt. Als Bonus gibt es zu der DVD auch noch die passende CD, auf der aber nur 13 Songs zu hören sind und ausgerechnet das geile "Motor City Madhouse" fehlt. Naja, wie schon gesagt: Man sollte Ted Nugent zwar hören, aber ihm niemals zuhören.
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