laut.de-Kritik
Sittengemälde zwischen Berghain-Techno und Dark Wave.
Review von Martin TenschertTerence Fixmer beglückt die Dark Wave/Industrial Techno-Gemeinde mit neuem Output - auf einem traditionell eher dem Techno verpflichteten Label: Ostgut Ton. Die Posse um Ben Klock und Marcel Dettmann war sich offenbar darüber einig, dass Fixmers düster wabernde Stampfmaschinen ziemlich gut zum Ostgut-Sounddesign passen würden. Und "Through The Cortex" macht seinem Namen alle Ehre. Der Franzose, der zuletzt durch seinen Remix von DJ Hells "I Want YOU" auf sich aufmerksam machte, legt zwar eher überschaubare, dafür aber in sich stimmige und ausproduzierte Banger vor.
"Shout In A Black Hole" klingt wenig optimistisch, der Titel beschreibt eine Phantasmagorie zwischen Aphex Twin und seinem Landsmann The Hacker. Eine fette Kickdrum, geshufflete Drums und eine geloopte Synth-Tirade, die tatsächlich an den imaginierten Schrei im schwarzen Loch erinnert. Ähnlich dark mutet "Event Horizon" an, das aber ruhiger und ambientesquer gestaltet ist. Hier zeigt Fixmer, wie gut seine Tracks zu künstlerisch anspruchsvolleren Horrorfilmen passen würden.
Der Einsatz von Hall scheint es Terence generell angetan zu haben, fast jedes Stück schallt und hallt, was die Düsterkeit noch verstärken kann. Dennoch hätte in manchen Fällen weniger - etwa bei "Expedition", einer an sich sehr kraftvollen, EBM angehauchten Nummer - nicht geschadet: Der Sound wirkt überladen, einzelne Details gehen unter.
Es gibt hier allerdings auch gegenteilige Beispiele - "Phase Shift", eines der Highlights der Platte: "Terminator" und "Blade Runner" treffen sich auf ein Glas Salzsäure in der Matrix. Beklemmende Bilder zu kreieren, ohne dabei in Soundgewitter à la Atari Teenage Riot zu verfallen, also den Dancefloor gleichsam im Auge zu behalten, das meistert Fixmer vortrefflich.
Die Großhirnrinde wird jedenfalls ziemlich beansprucht von der schweren Klangkost aus seiner Feder. Dennoch entwirft der Franzose ein großflächiges Sittengemälde zwischen zeitgemäß berghainernem Techno und seinen Wurzeln, die in der Electronic Body Music und dem Dark Wave der frühen 80er Jahre liegen.
1 Kommentar
Ostgut 2018 halt: unspektakulaer und risikofrei.
Aber apropos Berghain: der Meister Chris Liebing hat gestern Abend mal wieder den I Hate Models etc. dieser Welt gezeigt, wie richtiger Techno geht. Anstatt alle paar Wochen den total ueberbewerteten Freddy K zu buchen, sollte lieber dieser Liebing mal wieder oefter in die Kanzel duerfen. Ich habe nur 2 Stunden mitbekommen, weil ich aus diversen Gruenden dann gegangen bin, aber wohlig warme Erinnerungen wurden wach an seine legendaeren 15+-Stunden-Abschlusssets (Silvester!).
Auf diesem Niveau kann das weltweit kaum einer besser.