laut.de-Biographie
The Brian Setzer Orchestra
Im Sommer 1998 schwappt die Swing-Revival-Welle von New York aus über den großen Teich nach Europa. Ursprünglich in den kriegerischen 40er Jahren beheimatet, füllt der Big-Band-Sound am Ende des Jahrtausends wieder die Tanzflächen. Ganz vorne mit dabei Brian Setzer und sein Orchester, die für ihr Album "Dirty Boogie", das 1998 auf dem Höhepunkt des Swingrevivals in die Geschäfte kommt, gleich mehrere Auszeichnungen einheimst.
Die musikalische Karriere von Brian Setzer, der am 10. April 1959 in Long Island, New York zur Welt kommt, beginnt, nachdem er The Mel Lewis Orchestra live erlebt. Eine Big Band will er fortan gründen, wird jedoch von der rohen Energie des Punk fasziniert und ruft in den frühen Achtzigern die Rockabilly-Formation Stray Cats ins Leben. Vor allem im Vereinten Königreich schlägt die Musik der drei Schmalzlocken ein wie eine Bombe. Von dort aus wird schließlich auch das restliche Europa und die USA mit dem 50ties-Fieber infiziert.
Nach dem Split der Stray Cats geht Brian Setzer zielstrebig daran, seinen alten Jugendtraum von einer Big Band zu verwirklichen. Nachdem er 17 Mitmusiker beisammen hat, die seine Leidenschaft für alte Sounds teilen, tritt das neue Brian Setzer Orchestra 1992 erstmals live auf. 1994 folgt das hochgelobte, selbstbetitelte Debutalbum, das auch auf dem Jazz Festival von Montreux live präsentiert wird.
Der Nachfolger, der zwei Jahre später zu Beginn des Swing-Revivals auf den Markt kommt, bestätigt das Potential des Debüts. Konsequent geht Brian Setzer in den folgenden Jahren seinen Weg und lässt sich auch nicht vom kurzfristigen Swing-Hype von seiner künstlerischen Vision aufbringen. Sicherlich mit ein Grund für die beinahe zeitlose Beständigkeit seiner Musik.
Doch Experimenten bleiben Setzer und seine Mitstreiter nicht abgeneigt, wie 2007 "Wolfgang's Big Night Out" beweist: Neben den Rockabilly-Momenten werden hier dem Swing-Kostüm Elemente großer Klassik-Kompositionen zusammengeführt. Beethoven und Mozart in den Händen des Brian Setzer Orchestra ergeben ein höchst amüsantes und unterhaltsames Album.
Das ist der im Prinzip einfache, aber dennoch wirkungsvolle Kniff, den die Arbeit der Band auszeichnet. Auf Basis des Rockabilly vereinnahmt das Orchester unterschiedlichste Stileinflüsse, darunter Jazz, Rhythm'n'Blues, Swing und Rock. In Verbindung mit satten und scharfen Big Band-Arrangements entsteht so ein vielschichtiges Hörbild, das von so manch vermeintlich altbackenem Sound-Stil eine Menge Staub wegpustet.
Im Frühjahr 2019 kündigt Brian Setzer an, sich wieder in der Trio-Formation mit den Kollegen Lee und Jim als Stray Cats in Europa blicken zu lassen. Dafür spielen die Rockabilly-Stilikonen sogar ein Album mit komplett neuem Material ein, das schlicht "40" heißt und auf den alten, einfachen Sound setzt, mit dem die Band 40 Jahre zuvor für Furore sorgte.
Ohne Orchester zeigt sich Setzer 2021 wieder Solo, auf "Gotta Have The Rumble". Mit an Bord auch seine Ehefrau Julie, die er ursprünglich als Background-Sängerin fürs Orchestra gecastet hatte und 2005 heiratete. Auf einem der Tracks des Solo-Albums sind Streicher zu hören, ansonsten überwiegt erdiger Sound. Verantwortlich für die Produktion zeichnet Cheap Trick-Songwriter und Co-Producer Julian Raymond. Den Höhentönen des einstigen Swing-Orchesters steht mittlerweile ein beharrlicher Tinnitus im Weg. Setzer meint 2021, er sei froh überhaupt noch mit Hilfe großer Amplifier die Tonfrequenzen korrekt wahrnehmen und noch immer Musik machen zu können. Die Fans reißen ihm auch jetzt, da er Ü60 ist, seine CDs aus der Hand.
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