laut.de-Kritik
Mit Breitwand-Hardrock und Elektro-Bling-Bling geht jede Schlacht verloren.
Review von Christoph DornerEs muss natürlich das ganz große Pathos sein, das The Killers, diese polarisierenden Entertainer des großen Post-Punk-Revivals der Nuller-Jahre auf ihrem vierten Studio-Album bemühen. Schon der betont großspurige Titel "Battle Born", die Inschrift der Flagge des Bundesstaats Nevada, verweist nicht allein auf Las Vegas. Er reicht auch zu einem der Gründungsmythen der USA zurück, dem amerikanischen Bürgerkrieg.
Und tatsächlich klingen die Killers, die sich Zeit ihrer Karriere ungeniert bei den britischen Synthie-Pop-Helden der 80er-Jahre bedient haben, auf "Battle Born" amerikanischer denn je. Es wirkt fast so, als wollten sie zur "Schicksalswahl" zwischen Romney und Obama kühl berechnend noch eine Parabel über die religiös verklärte Greatness der USA vorlegen. In Wahrheit ist es wohl eher ein Ausweis amerikanischer Selbstüberschätzung.
Denn in Zeiten, in denen R'n'B zum neuen Kraftzentrum betont minimalistischer, kühler Pop-Entwürfe zu werden scheint, kommt der Larger-Than-Life-Pop des Quartetts wahrlich fast so reaktionär daher wie die politischen Forderungen der Tea Party. Gewiss, The Killers stehen Coldplay oder auch Lady Gaga seit dem protzigen "Day & Age" in produktionstechnischer Hinsicht bei weitem näher als den Originalen, Joy Division oder Alphaville, deren Hits sie bei ihren Konzerten gerne für sich vereinnahmen, weil ihnen immer noch die Substanz für einen Stadion-Act fehlt.
Dennoch verwundert, dass die reizstarken Hooklines, die Edge-Gitarren und all das elektronische, orchestrale, chorale Dauer-Bling-Bling an der Oberfläche der zwölf neuen Songs ausgerechnet auf ein Amerika abzielen, das heute längst nicht mehr existiert. Denn das mal breitbeinige, mal balladierende Midtempo weichgewaschenen Hard-Rocks mag vielleicht in den 90er-Jahren der seriöse Sound des American Dream gewesen sein. Heute klingt er einfach nur bräsig und träge. Da helfen auch die aktuellsten Produktionstrends nichts.
In Brendan O'Brien, Steve Lillywhite, Damian Taylor, Stuart Price und Daniel Lanois hat die Band gleich fünf ausgewiesene Breitwand-Produzenten engagiert. Zumindest einige recht hübsche Songs sind dabei herausgekommen: Der hymnische Opener "Flesh And Bone", der nach rockigen Soft Cell klingt. Die Single "Runaways", ein frecher Verschnitt alter Killers-Hits. Die 90er-Ballade "The Way It Was", in der Brandon Flowers kurzerhand zu Meat Loaf mutiert, "Heart Of A Girl", das den pastoralen Ton von U2 trifft.
Und schließlich "Battle Born", das den Glam-Rock von Queen ins 21. Jahrhundert überführt. Dazwischen – wie schon traditionell bei Killers-Alben – viel Schwulst und Kraftmeierei, bei der Flowers auch noch hölzern amerikanische Tugenden verganger Tage beschwört. Diese Schlacht geht verloren – but the show must go on.
23 Kommentare
Habe den Hype um die Killers nie verstanden. Selbst auf den gelobten ersten beiden Alben gab es 2-3 nette Songs, dass war's dann aber auch - zumindest für mich.
So einen Verriss hättet ihr auch gerne schon auf DayAge schreiben können. Unglaublich schlecht das Album. Ein Gutes Beispiel ist 'Be Still'. Es geht ganz schön los, aber nach einer Minute kommt ein Sample dazu dass mich an mein altes Keyboard erinnert
Hab ja von Anfang an gesagt, dass ich das Album kaum objektiv bewerten kann. Und in gewisser Weise hab ich, wegen der angegebenen Gründe, mit so einer Kritik gerechnet. Aber meiner Meinung nach funktioniert das Album schon deshalb, weil es ein Gegenentwurf zur restlichen Pop-Musik zur Zeit ist. Man hätte es sich auch viel einfacher machen können indem man einfach hot fuss kopiert wonach die meisten Leute ja seit dem debüt schreien. Aber das haben sie nicht bei sam's town gemacht und auch nicht bei day age. Alles geschmackssache, und ich bin sicher kein Verfechter der Theorie: "Verändern der Veränderung wegen" aber bisher hat es sich für mich immer ausgezahlt. Ich bin nicht Fan der ersten Stunde und hab diesen ganzen Hype garnicht mitgekriegt, aber ich bin durch ihre späteren Sachen auf sie aufmerksam gemacht worden und seitdem feier ich sie. Ich hab mir also nach Hot Fuss nicht nur alles schöngeredet. Ja vielleicht ist das Album zu pathetisch oder "konservativ". Aber ich bin mir sicher, dass das die Intention der Killers war. Sie wollen der aktuellen Musik nicht blind nachlaufen. Wenn es einem nicht gefällt, kann ich das verstehen.
@tomcat73 (« Ich könnte mich totlachen. Hier schreiben irgendwie ne Menge Leute, die die Killers eh immer schon doof fanden. Dann ignoriert das Album doch einfach, wenn's euch eh nicht interessiert.
Alle Fans müssten Battle Born eigentlich lieben. Vielseitig, pompös und wunderbare Melodien. Wie immer... die Killers halt. »):
Ich bin eigentlich Killers-Fan und mag das Album halt trotzdem nicht, sowas passiert... Für mich klingt das nicht "wie immer", schon allein weil die vorigen drei Alben recht unterschiedlich waren. Und mit so einem glatten Sound und so schwachen Songs sind die Killers meiner Meinung nach noch nie gekommen.
Was die Leute angeht, die hier sinngemäß nur schreiben dass die Killers ihnen egal ist geb ich dir recht.
So nach diversen Durchgängen mit teilweise größeren Abständen, ist das Album entgültig bei mir angekommen. "Flesh And Bone", "From Here On Out", "Be Still" "Battle Born" sind so meine Favoriten. Das Problem vom Album ist eindeutig die Songverteilung. Der Mittelteil ist irgendwie zu ruhig. Warum man gerade "Carry Me Home" "Prize Fighter" zu Bonustracks degradiert hat, bleibt ein Rätsel. Tauscht man die mit "Heart Of A Girl" vllt. "Here With Me" und mischt ein bisschen durch, dann wäre das "Albumerlebnis" auch besser. Stellt man seinen Mediaplayer auf Random und ignoriert das "Bonus Track" in den Klammern, verschwindet auch der, zugegebenenermaßen vorhandene, Durchhänger in der Mitte. Trotzdem ein gutes Album. Hätte mir aber auch etwas mehr in Richtung "Runaways" gewünscht, naja.
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.