laut.de-Kritik

60er-Revival, energiegeladen und ohne Durchhänger.

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Ein Gespenst geht um in der Welt : das Gespenst des 60er Jahre-Revivals. Damit sind nicht nur Paul McCartney und die Rolling Stones auf ihren aktuellen Touren gemeint. Nachdem im vergangenen Sommer die US-Amerikaner Strokes und BRMC abräumten, ist mit den Monochords nun auch eine deutsche Band mit von der Partie.

Die Tatsache, dass sie sich 1998 und nicht erst kürzlich gründeten, schützt sie auf dem Papier vor Nachahmervorwürfen. Das Abspielen des Openers lässt restliche Zweifel verpuffen: erst eine Hammond-Orgel, dann der Bass und eine krachige Rhythmus-Gitarre, schließlich eine Sologitarre mit Slash-Sound. Die Stimme setzt ein und damit kommt die Erkenntnis: "Jumpin' Jack Flash" hat hier Spuren hinterlassen.

Gerade die Stones sind kein schlechter Anhaltspunkt, um den Sound der Monochords zu beschreiben. Dazu kommen auch Doors oder Clash, aber die Liste ließe sich beliebig erweitern. Wie ihre amerikanischen Genossen gehen sie bewusst locker mit ihren Großvätern um, ziehen sich Who-mäßige Modklamotten an und scheuen sich nicht, Stimmverzerrungen zu verwenden. Dadurch hört sich der Sänger stellenweise wie ein verärgerter David Bowie oder dessen Kumpel Iggy Pop an, relativ zeitgenössischer auch mal nach Marc Almond oder Robert Smith von Cure.

Die Monochords sind jedoch besser als eine Mischung altbackener Zutaten. Was auch daran liegt, dass sie zwischen ihrer Gründung und dem jetzigen Studioerstling genug Zeit hatten, bei zahlreichen Konzertauftritten das richtige Gleichgewicht zu finden. Genau so hört sich "Volume 1" an: eingespielt, energiegeladen und ohne Durchhänger. Prägend ist dabei weniger die Stimme René Riedels, sondern eher Tobias Diebermanns fetzige Gitarren und die Orgel Cannonball Schmitts, der auch das Gürteltier auf dem Cover beisteuerte. Auf das Zusammenspiel kommt es jedoch an, und das klappt ziemlich gut, wie sie nicht nur im psychedelisch angehauchten "Always On the Run" oder im Mitsingstück "I Don't Need You Anymore" beweisen.

Wie ihren ausländischen Kollegen, sei den Monochords folgender Rat gegeben: Um sich vor billigen Nachahmern zu schützen, ist es hohe Zeit, dass die Revivalisten ihre Anschauungsweise, ihre Zwecke, ihre Tendenzen vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen vom Gespenst des Revivals ein Manifest des Revivals selbst entgegenstellen.

Trackliste

  1. 1. She's Not There
  2. 2. Time For Change
  3. 3. Now That Everybody's Gone
  4. 4. White Sand
  5. 5. Always On The Run
  6. 6. Little Things To Hide
  7. 7. I'll Die Ringing
  8. 8. I Don't Need You Anymore
  9. 9. No Destination
  10. 10. Quit This Town

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